Bluetooth-Internet-Server sollen klassische LANs ablösen

21.09.2000
Trotz der üblichen Anlaufprobleme konstatieren die Analysten von Frost & Sullivan Bluetooth-fähigen Produkten eine glänzende Zukunft. Welches technologische Potential in Bluetooth steckt, demonstrierte das erst kürzlich gegründete amerikanische Unternehmen Red-M in München.

Analysten halten die derzeit kräftig steigende Nachfrage nach drahtlosen Verbindungen zwischen tragbarem Computer und dem Mobiltelefon für die Initialzündung am Bluetooth-Markt. Die Penetrationsrate dieser drahtlosen Technologie bei den genannten Produkten dürfte nach Studien von Frost & Sullivan schon bald 50 Prozent überschreiten. Wie eine weitere aktuelle Untersuchung belegt, sollen die Jahresumsätze für Bluetooth-Chips auf dem europäischen Markt von derzeit 36,7 Millionen Dollar auf knapp 700 Millionen Dollar im Jahr 2006 ansteigen.

Nicht zuletzt aufgrund dieser Prognosen stehen drahtlose, auf Bluetooth-Technologie basierende In-ternet-Server-Lösungen im Mittelpunkt der Produktentwicklung des amerikanischen Startup-Unternehmens Red-M. Die neuen Geräte sollen einen zuverlässigen und sicheren Internet-Zugang von den unterschiedlichsten mobilen Geräten aus ermöglichen, etwa von Notebooks, Personal Digital Assistants (PDAs) oder WAP-Handys.

"Bluetooth-Networking wird so einfach sein wie das Telefonieren mit dem Handy: einschalten, einloggen, drin", prophezeit Simon Gawne, Marketing-Chef von Red-M. Er möchte die mobile Kommunikation auch ins geschäftliche Umfeld tragen.

Die Ende Mai aus dem US-Netzwerkspezialisten Madge Networks hervorgegangene Firma hat sich innerhalb der weltweiten Bluetooth-Allianz bereits Achtung und Respekt verschafft: Im Rahmen eines internationalen Kongresses in Monte Carlo gewann Red-M den begehrten Bluetooth-Innovation-Award - vor Marktgrößen wie Toshiba und Ericsson.

Die Zielgruppe für die jetzt vorgestellten Bluetooth-Lösungen erstreckt sich laut Gawne vom Heimbereich über den Soho-Markt bis zu kleinen und mittleren Unternehmen. In der eingeschränkten Leistungsfähigkeit der Bluetooth-Schnittstelle dürfte auch die bisherige Zurückhaltung von Großunternehmen zu suchen sein.

Dieser Kundenkreis setzt bei drahtlosen Lösungen ohnehin auf die alternative Wireless-LAN-Technologie (WLAN). Der zugehörige Standard IEEE 802.11 bietet bereits seit längerer Zeit die jetzt von Red-M vorgestellten kombinierten Sprach- und Datenübertragungsmöglichkeiten (siehe ComputerPartner 28/00, Seiten 46).

"Der Vorteile von Bluetooth liegen in der breiten Unterstützung seitens der Anbieter und in den geringen Kosten. Wir gehen davon aus, dass die Preise für Bluetooth-Chip-Sets in den nächsten Monaten auf zirka fünf Dollar sinken werden", argumentiert Gawne. "Außerdem ist damit zu rechnen, dass gleichzeitig die Leistungsfähigkeit kommender Bluetooth-Generationen spürbar zunehmen wird."

Dass es heute noch nicht so weit ist, wurde auf der Demonstration des Red-M-Wireless-Internet-Servers in München deutlich. Will man mit handelsüblichen Bluetooth-Produkten etwa durch das Internet surfen, sind erst mal erhebliche Modifikationen an den Geräten notwendig, angefangen von der Speicheraufrüstung bis hin zum Hochleistungsakku.

Doch nicht nur die Chiphersteller sind hier gefordert. Auch die Wiederverkäufer müssen ihren Kun-den Service und Support bei der Integration von Bluetooth in bestehende Infrastruktur bieten. Außerdem öffnet sich nach Ansicht der Marktforscher von Frost & Sullivan eine Chance für Zubehörlieferanten. Sie müssen jedoch schnell handeln, wenn sie sich einen Anteil an diesem neu entstehenden, aber kurzlebigen Markt sichern wollen.

So bremsen die Analysten vorschnellen Optimismus - trotz positiver Marktprognosen und bereits mehr als 1.300 in der Bluetooth-Special-Interest-Group zusammengeschlossener Anbieter. Nach Jan Ten Sythoff, Branchenbeobachter bei Frost & Sullivan, hängt der zukünftige Erfolg von Bluetooth von der Weiterentwicklung des Standards und der Kompatibilität ab.

"Die wachsende Unterstützung des Standards ist seine Stärke und Schwäche zugleich", glaubt Sythoff. Nach seiner Auffassung könnten erhebliche Probleme entstehen, wenn in verschiedenen Branchen tätige Unternehmen unterschiedlich geartete Bluetooth-Technologien und -Anwendungen entwickeln. Dem weiteren Siegeszug von Bluetooth stemmte sich ferner der bisherige Erfolg von Alternativtechnologien wie WLAN und Home-RF entgegen.

Diese Bewertung teilt Red-Ms Marketier Gawne ganz und gar nicht: "WLAN zielt auf eine klar definierte Marktnische im Highend-Segment und ist deshalb keine ernsthafte Konkurrenz. Bluetooth wird das klassische LAN in kleinen und mittleren Unternehmen ablösen." Für Gawne stehen bereits heute alle Ampeln auf Grün. Mit einer eige-nen Niederlassung im hessischen Neu-Isenburg möchte er ab sofort den deutschen Markt adressieren: "Deutschland ist ein ausgesprochen wichtiger Markt. Das Land ist technologisch sehr weit - besonders im Bereich der drahtlosen Kommunikation. Das Potential für Bluetooth ist hier beträchtlich." Erste Lösungen sollen im Oktober lieferbar sein.

"In der Anfangsphase werden Internet-Service-Provider unsere bevorzugten Vertriebspartner sein", so definiert Volker Worringer, Red-Ms Country-Manager Zentraleuropa, den Channel hierzulande. Bis auch für den Retail-Kanal geeignete Produkte zur Verfügung stehen, dürften seiner Schätzung nach wohl noch ein bis zwei Jahre vergehen. (sd)

www.bluetooth.com

www.red-m.com

www.frost.com

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