Börsengang bringt Kapital für weitere Expansion

23.07.1998

TÜBINGEN: Die Tübinger Transtec AG steigt ins Telekommunikations-geschäft ein. "Wir müssen wachsen, und durch unseren Börsengang haben wir erhebliche finanzielle Mittel bekommen", begründet Vorstandsvorsitzender Bernhard Bruscha lapidar. Er ist davon überzeugt, daß sich "der Computerbereich die Telekommunikation in den nächsten Jahren einverleiben wird", so wie es zum Beispiel schon mit fast der gesamten Druckbranche geschehen sei.28 Millionen Mark hat der Gang an die Börse in diesem Frühjahr in die Kriegskasse von Transtec gespült.

"Das läßt viel Spielraum", freut sich Bruscha. Mit hohen Umsatzerwartungen im Bereich Telekommunikation hat er daher keine Eile. "Wir wollen hier frühzeitig Erfahrungen sammeln und uns als Anbieter positionieren." In den nächsten zwei Jahren erwartet Bruscha Umsätze im einstelligen Millionenbereich. In drei bis fünf Jahren aber hofft der Transtec-Chef auf ein deutliches Wachstum.

Bruscha setzt dabei auf Entwicklungen wie Computer-Telefon-Integration (CTI), Voice over IP und darauf, daß die Vermittlung künftig nicht mehr über Telekommunikationsanlagen, sondern über PCs laufen werde. Dies würde das Ende der bisher proprietären Telekommunikationslösungen bedeuten. "Das erlaubt künftig auch für kleine Teams volle CTI-Lösungen, wie sie bisher nur in High-end -Call-Centern realisiert werden." Und vor allem, so glaubt der Transtec-Chef, dürfte die PC-gesteuerte Telekommunikation ein Zehntel heutiger TK-Anlagen kosten.

Angebot ist eher noch Konventionell

Entscheidender Vertriebsvorteil dieser Entwicklung: "DV und Voice kommen bei unseren Kunden in eine Abteilung", so Bruscha. Ein Anbieter kann da im ersten Schritt natürlich mit neuen TK-Angeboten bestens auf seine bestehenden Kundenbeziehungen aufbauen. Zielgruppe und Vertriebsform der Tübinger sollen sich damit denn auch nicht ändern. Bruscha:

"Wir sind im Direktvertrieb gut, und da passen TK-Produkte künftig gut rein." Noch allerdings sieht der achtzig Seiten dicke Telekommunikationskatalog von Transtec eher konventionell aus. Viele neue TK-Lösungen seien eben erst in zwei bis drei Jahren marktreif, begründet der Transtec-Vormann. Und so finden sich im ersten Katalog TK-Anlagen, Endgeräte, Mobilfunk sowie Lösungen für Least Cost Routing und CTI. Abgerundet wird das Ganze durch die Vermittlung von TK-Diensten im Namen von Mannesmann Arcor. Insgesamt ist die Telekommunikation nur ein Schwerpunkt in der Expansionsstrategie von Transtec. Ein guter Teil des Börsengeldes soll im In- und Ausland in die Akquisition anderer Unternehmen gesteckt werden. Besonders in Skandinavien, Italien, Spanien und Belgien will Transtec Fuß fassen.

Übernahmekandidaten sind schon ausgemacht

Zwar habe man im Ausland einige Übernahmekandidaten identifiziert, doch Firmen aufzukaufen erweise sich als gar nicht so einfach. Ganz offensichtlich treibt die Kunde von Transtecs gefüllter Kasse besonders Unternehmen in Übernahmegespräche, die vor allem auf Kapital angewiesen sind. Bruscha hält sich deshalb mit Prognosen, wann er die erste Akquisition verkünden kann, sehr zurück. Sorgen muß ihn dies jedenfalls nicht, vor allem vor dem Hintergrund seines erfolgreichen laufenden Geschäfts: Nach einem Umsatzplus von 38 Prozent im ersten Quartal auf 56,7 Millionen Mark verlief auch das zweite Quartal erfreulich. Insgesamt verbuchten die Tübinger im ersten Halbjahr 1998 gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Umsatzplus von 25 Prozent auf 110 (Vorjahr: 87,9) Millionen Mark. Für das gesamte Geschäftsjahr hatte die Transtec AG, die 1997 noch 193 Millionen Mark eingenommen hatte, ein Umsatzwachstum von 20 Prozent angepeilt.

Thomas Pleil *) Der Autor ist freier Journalist in Stuttgart.

Ist im In- und Ausland auf der Suche nach Übernahmekandidaten: Transtec-Vorstandschef Bernhard Bruscha.

Zur Startseite