BP rüstet auf: 90 ITK-Produkte sollen ins künftige Tankstellen-Sortiment

17.04.2003
Nach ersten Erfolgen mit Online-Shops gibt Ölmulti BP auch im IT-Segment Gas: Der Konzern will in seinen Tankstellen künftig mehr als 90 IT- und Multimedia-Produkte anbieten. Das Konzept wurde bereits an zwei Tankstellen erprobt, nun werden die nächsten 15 mit dem "E-Shop" ausgerüstet. Als große Fans des Projekts erweisen sich insbesondere die Hersteller.

Nach Aldi & Co. wagt sich nun ein weiterer branchenfremder Anbieter in den ITK-Handel: Nach einem zehnmonatigen Test an zwei Tankstellen will der Ölkonzern BP jetzt bundesweit 15 weitere "Express Shopping Stationen" mit einem IT-Marken-Shop ausstatten. Bisher bestand das Sortiment vorrangig aus Verbrauchsmaterial wie Druckerpatronen, Hardwarezubehör wie Mäusen sowie CD- Speichermedien, einer kleinen Softwareauswahl und 15 Top-DVD-Titeln. Künftig soll das Sortiment im "E-Point" mehr als 90 Markenartikel aus IT und Multimedia beinhalten: Als "Flaggschiffe" im Regal sind hochwertige Notebooks, PDAs und Digitalkameras geplant.

Zweiter Test entscheidet über weitere Expansion

Erste Erfahrungen mit dem Verkauf von ITK-Produkten hat der Konzern zuvor schon mit der Einführung seiner Onlineshops "BPExpress.de" und "AralExpress.de" gemacht. Die Auftritte wurden vom Dienstleister "Product + Concept" entwickelt, der jetzt auch mit der Umsetzung der "E-Points" beauftragt wurde. Geplant ist, vorläufig 15 große und zentral gelegene Tankstellen mit einer "multimedialen Verkaufsfläche" auszustatten, die aus einem Regalsystem und einem Internetterminal besteht. Der Kunde kann somit entweder die vorhandene Ware gleich mitnehmen oder im Online-Shop bestellen. Über das Terminal werden zudem kostenlos "E-Services" wie E-Mail- sowie SMS-Versand und Routenplaner angeboten.

Mit diesem Konzept sollen die Tankstellen als "Kommunikations- und Dienstleistungszentrum" positioniert werden, sagt Stephan Weyer, Projektleiter E-Commerce bei BP Deutschland: "Kunden schätzen ihre BP-Tankstelle für den Boxenstopp in technischen Fragen rund ums Auto, moderne Mobilität und Kommunikation. Auf diesem Image fußt die Idee, den Kunden ein Sortiment von IT-Markenprodukten anzubieten."

In den vergangenen zehn Monaten wurde das Handelsmodell in Deutschland an zwei großen BP-Stationen in Gelsenkirchen und München sowie in Wien/Österreich erprobt. "In dieser Phase wurden der Abverkauf, das Handling und die eingesetzten Systeme geprüft, denn alle Komponenten müssen effizient funktionieren, bevor die nächste Projektphase starten kann", so Weyer.

Mit den bisherigen Ergebnissen sei man im Konzern jedenfalls zufrieden: "Im Verkauf wurden auch ohne Marketingmaßnahmen sehr gute Ergebnisse erzielt." Falls die zweite Phase ebenfalls erfolgreich verläuft, will der Manager eine weitere Expansion nicht ausschließen. In welchen Etappen sie erfolgen wird, sei allerdings von den Ergebnissen des aktuellen Test abhängig.

Weitere Kooperationen nicht ausgeschlossen

Bei den Herstellern kommt das Projekt offenbar schon sehr gut an: Hardware liefern unter anderem AVM, Creative, FujitsuSiemens Computers, Logitech,D-Link und Dicota. Wichtige Softwarehersteller sind NAI und Adobe. Druckerpatronen kommen vor allem von Canon, HP, Lexmark und Epson. Dazu vertreiben verschiedene Labels ihre aktuellen DVDs. "Mit diesen und weiteren IT-Markenherstellern ist unser Team in Kontakt. Kooperationen werden jeweils geschlossen, wenn darin ein Vorteil für Kunden der BP-Express-Shopping-Stationen liegt", so Weyer.

Auf der Cebit rührte "Product + Concept" jedenfalls schon kräftig die Werbetrommel für das neue Projekt. Günstige Anbieter wie Medion werden allerdings nicht zum Zuge kommen: "Wir legen beim Sortiment größten Wert auf Markenqualität", betont Weyer. "Billigangebote wird es daher nicht geben." Wechselnde konsumentennahe Aktionsangebote sind dagegen - "in limitierter Menge", so Weyer - eingeplant. Sie sollen als regelmäßig erneuerter Kaufanreiz dienen: "Doch generell orientieren sich die Preise am Markt."

Als stärkste Produktgruppen erwiesen sich im bisherigen Test und auch in den Online-Shops die DVDs mit 29 Prozent des Gesamtumsatzes, gefolgt von Hardware mit 24 Prozent. Auf den Plätzen drei und vier folgen Aktionsprodukte mit 16 Prozent sowie Supplies wie Druckerpatronen und Papier mit 14 Prozent. CD-Rohlinge, Software und weiteres Zubehör machen den restlichen Umsatz aus. Wie hoch die bisherigen IT-Einnahmen genau waren, gibt der Konzern allerdings nicht bekannt. "Grundsätzlich reagieren die Kunden mit großem Interesse", sagt Weyer stattdessen. Bei Speichermedien, Supplies, den Aktionsangeboten und im "impulsträchtigen" Segment der DVDs rechne man durch steigende Gewöhnung der Kunden an das Angebot mit weiteren Umsatzzuwächsen.

Virtueller Berater ersetzt echten Verkäufer

Dass bei komplizierteren Produkten wie Notebooks und Digitalkameras der Schuss mangels persönlicher Beratung nach hinten losgehen könnte, glaubt Weyer nicht: "Die starken Umsätze bei Hardware belegen, dass unser virtueller E-Point-Berater auch zu entscheidungsintensiveren Produkten ausreichend Information bietet." So könne der Kunde via Terminal auf Produktvideos zugreifen, in denen die Features der Angebote erklärt und die Verwendung gezeigt werden. Als weitere Alternative zum Verkäufer fungiert die telefonische Hotline von "BPExpress.de", die Kunden auf Wunsch auch zurückruft. Dasreiche in der Regel aus, meintWeyer: "Die Mehrheit der Kundschaft bringt bereits einen hohen Kenntnisstand mit. Und sie erwartet, Produktneuerscheinungen schnellstens auf 'BPExpress.de' und im Regal des E-Point vorzufinden."

Auch Garantiefälle löse man problemlos: "Wir bieten die gleichen Garantiekonditionen, die im klassischen Handel üblich sind. Und eine Rückgabe der Lieferung wird den Kunden sogar ohne Angabe von Gründen und portofrei gewährt", so der Manager. Die Logistik lag bisher in der Hand von Tech Data, angeblich werden derzeit aber auch Gespräche mit Ingram Micro geführt. Das will Weyer allerdings nicht bestätigen.

Garantierte Lieferzeit von 48 Stunden ist angedacht

Auf jeden Fall will der künftige IT-Anbieter seine Lieferzeiten noch verbessern: Wer seine Waren online bestellt, bekommt sie derzeit nach Angaben von Weyer in 92 Prozent der Fälle innerhalb von 48 Stunden geliefert, man halte sogar 100 Prozent für realistisch: "Es ist beabsichtigt, diesen Schnitt so weit zu verbessern, dass eine Lieferung bis zum übernächsten Tag garantiert werden kann." Wie viel an dem Gerücht dran ist, dass der BP-Kunde seine Ware nicht bezahlen muss, wenn sie trotz Garantie später ausgeliefert wird, sagt der Manager allerdings nicht.

Reine Zukunftsmusik ist derzeit nach Aussage des Managers auch noch die Idee, dass sich Kunden, die online bestellen, die Ware zu einer BP-Express-Shopping-Station ihrer Wahl liefern lassen können. Weyer: "Das ist zurzeit noch ein Testszenario, dessen technische Voraussetzungen zwar gegeben sind, das aber noch nicht praktiziert wird." (mf)

www.bpexpress.de www.bpdeutschland.de

Lesen Sie dazu auch den Kommentar auf Seite 8.

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