Brief

17.11.2002
Chefredaktion Tel.: 089/3 60 86-388 Fax: 089/3 60 86-389 E-mail: dsicking@computerpartner.de Deutsche Telekom AG Vorstand Herrn Kai-Uwe Ricke Friedrich-Ebert-Allee 160 53113 Bonn München, 18.11.2002 Sanieren oder Samen spenden Sehr geehrter Herr Ricke, wenn Vorstandvorsitzende kein Gehalt, sondern Schmerzensgeld bekommen, dann müssen die Schmerzen, die Ihr neuer Job für Sie bereit hält, groß sein. Rund 4,5 Millionen Euro – ohne Boni und Aktienoptionen – soll das für den Telekom-Chef vorgesehene Schmerzensgeld betragen. Weil die Zahl der Masochisten auch unter deutschen Spitzenmanagern gering, wollte niemand der großen Wirtschaftskapitäne diese Aufgabe übernehmen – die Chance, zerr zu werden, war vielen zu groß. In der Tat spricht vieles dafür, dass auch Sie, sehr geehrter Herr Ricke, nur verlieren können. Egal was Sie tun, Sie tun immer das Falsche. Sie gelten als Wunschkandidat der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat und man sagt Ihnen nach, sie seien "gewerkschaftsnah“ (wobei ich mich frage, in wie weit ein Unternehmer oder Konzernchef "gewerkschaftsnah“ sein kann). Die Arbeitnehmervertreter und Gewerkschafter erwarten, dass Sie weniger rigorose und radikale Sanierungsmaßnahmen ergreifen werden wie ein Trouble-Shooter von außen. Ohne harte Einschnitte aber wird es nicht gehen. Drücken Sie nun, wie Sie bereits angekündigt haben, die nötigen Veränderungen "schonungslos“ (ist "schonungslos“ dasselbe wie "rücksichtslos“?) durch, werden genau die Arbeitnehmervertreter und Gewerkschafter gegen Sie Sturm laufen, die Sie auf den Schild gehoben haben. Geben Sie dagegen dem Drängen der Gewerkschaften nach einer "weichen Sanierung“ nach, haben Sie gute Chancen, den Konzern an de Wand zu fahren. Für einen Harmoniemenschen wie Sie eine echte Herausforderung. Dass Sie zunächst einmal Ihre Muskeln zeigen, ist gut. "Ich bin nicht der Erfüllungsgehilfe von irgendjemandem“, haben Sie gesagt. Das ist so ein Satz, den zitiert man auch später immer wieder gerne. Ein anderer Satz, den man auch immer wieder gerne zitiert und der hier gut passt, stammt von Niccolo Machiavelli: "Die schlimmsten Grausamkeiten müssen immer zu Beginn einer Regentschaft gemacht werden“, heißt es in Machiavellis im Jahre 1513 erschienenen Streitschrift "Der Fürst“. Nett sein kann man später immer noch. Schnelles Handeln ist wichtig. Beispiel T-Systems: Da kann einem Angst und Bange werden. 1,6 Milliarden Euro Verlust in den ersten neun Monaten dieses Jahres! Wahnsinn! Und jetzt wollen Sie den Verantwortlichen für diese Misere, T-Systems-Chef Christian Hufnagl, zur Belohung auch noch in den Telekom-Vorstand befördern? Sie erlauben, dass ich mich wundere? Zumal Sie ja offenkundig planen, wesentliche Teile von T-Systems abzustoßen und bereits einen Partner suchen, der die unternehmerische Führung bei T-Systems übernimmt. HP wird in diesem Rahmen als Interessent genannt. Aber vielleicht gibt es auch einen dritten Weg zu Sanierung der Telekom, wie ein Blick nach Rumänien zeigt. Hier hat der Autohersteller ARO Campulung einen sehr interessanten und unkonventionellen Ausweg aus einer verfahrenen Situation gefunden. Um den hoch verschuldeten Betrieb zu retten, haben sich die männlichen Arbeiter entschlossen, ihr Sperma zu spenden. Pro Samenspende bietet eine Fruchtbarkeitsklinik in der Stadt Timisoara 50 Dollar. "Unsere Machbarkeitsstudie zeigt, dass wir die Schulden bezahlen können, wenn 1.000 Arbeiter mehrere Monate lang ihren Samen spenden“, zitiert die "Financial Times Deutschland“ einen Betriebsrat des Unternehmens, aus dessen Reihen auch diese kreative Idee stammt. Eine tolle Sache, wie ich finde. Bei der Telekom, die ja noch viel mehr Personal hat als der vergleichsweise kleine rumänische Autobauer, käme da ganz schön was zusammen. Viel Erfolg! Mit freundlichen Grüßen Damian Sicking

Chefredaktion Tel.: 089/3 60 86-388 Fax: 089/3 60 86-389 E-mail: dsicking@computerpartner.de Deutsche Telekom AG Vorstand Herrn Kai-Uwe Ricke Friedrich-Ebert-Allee 160 53113 Bonn München, 18.11.2002 Sanieren oder Samen spenden Sehr geehrter Herr Ricke, wenn Vorstandvorsitzende kein Gehalt, sondern Schmerzensgeld bekommen, dann müssen die Schmerzen, die Ihr neuer Job für Sie bereit hält, groß sein. Rund 4,5 Millionen Euro – ohne Boni und Aktienoptionen – soll das für den Telekom-Chef vorgesehene Schmerzensgeld betragen. Weil die Zahl der Masochisten auch unter deutschen Spitzenmanagern gering, wollte niemand der großen Wirtschaftskapitäne diese Aufgabe übernehmen – die Chance, zerr zu werden, war vielen zu groß. In der Tat spricht vieles dafür, dass auch Sie, sehr geehrter Herr Ricke, nur verlieren können. Egal was Sie tun, Sie tun immer das Falsche. Sie gelten als Wunschkandidat der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat und man sagt Ihnen nach, sie seien "gewerkschaftsnah“ (wobei ich mich frage, in wie weit ein Unternehmer oder Konzernchef "gewerkschaftsnah“ sein kann). Die Arbeitnehmervertreter und Gewerkschafter erwarten, dass Sie weniger rigorose und radikale Sanierungsmaßnahmen ergreifen werden wie ein Trouble-Shooter von außen. Ohne harte Einschnitte aber wird es nicht gehen. Drücken Sie nun, wie Sie bereits angekündigt haben, die nötigen Veränderungen "schonungslos“ (ist "schonungslos“ dasselbe wie "rücksichtslos“?) durch, werden genau die Arbeitnehmervertreter und Gewerkschafter gegen Sie Sturm laufen, die Sie auf den Schild gehoben haben. Geben Sie dagegen dem Drängen der Gewerkschaften nach einer "weichen Sanierung“ nach, haben Sie gute Chancen, den Konzern an de Wand zu fahren. Für einen Harmoniemenschen wie Sie eine echte Herausforderung. Dass Sie zunächst einmal Ihre Muskeln zeigen, ist gut. "Ich bin nicht der Erfüllungsgehilfe von irgendjemandem“, haben Sie gesagt. Das ist so ein Satz, den zitiert man auch später immer wieder gerne. Ein anderer Satz, den man auch immer wieder gerne zitiert und der hier gut passt, stammt von Niccolo Machiavelli: "Die schlimmsten Grausamkeiten müssen immer zu Beginn einer Regentschaft gemacht werden“, heißt es in Machiavellis im Jahre 1513 erschienenen Streitschrift "Der Fürst“. Nett sein kann man später immer noch. Schnelles Handeln ist wichtig. Beispiel T-Systems: Da kann einem Angst und Bange werden. 1,6 Milliarden Euro Verlust in den ersten neun Monaten dieses Jahres! Wahnsinn! Und jetzt wollen Sie den Verantwortlichen für diese Misere, T-Systems-Chef Christian Hufnagl, zur Belohung auch noch in den Telekom-Vorstand befördern? Sie erlauben, dass ich mich wundere? Zumal Sie ja offenkundig planen, wesentliche Teile von T-Systems abzustoßen und bereits einen Partner suchen, der die unternehmerische Führung bei T-Systems übernimmt. HP wird in diesem Rahmen als Interessent genannt. Aber vielleicht gibt es auch einen dritten Weg zu Sanierung der Telekom, wie ein Blick nach Rumänien zeigt. Hier hat der Autohersteller ARO Campulung einen sehr interessanten und unkonventionellen Ausweg aus einer verfahrenen Situation gefunden. Um den hoch verschuldeten Betrieb zu retten, haben sich die männlichen Arbeiter entschlossen, ihr Sperma zu spenden. Pro Samenspende bietet eine Fruchtbarkeitsklinik in der Stadt Timisoara 50 Dollar. "Unsere Machbarkeitsstudie zeigt, dass wir die Schulden bezahlen können, wenn 1.000 Arbeiter mehrere Monate lang ihren Samen spenden“, zitiert die "Financial Times Deutschland“ einen Betriebsrat des Unternehmens, aus dessen Reihen auch diese kreative Idee stammt. Eine tolle Sache, wie ich finde. Bei der Telekom, die ja noch viel mehr Personal hat als der vergleichsweise kleine rumänische Autobauer, käme da ganz schön was zusammen. Viel Erfolg! Mit freundlichen Grüßen Damian Sicking

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