Bürger haben kein Vertrauen in die Führungskräfte

04.12.2003
Politiker, Manager und Journalisten haben eines gemeinsam: Der Bürger traut ihnen nicht über den Weg. Während Kirchenverteter, Rechtsanwälte und insbesondere Ärzte das große Vertrauen genießen, sind vor allem die Führungskräfte bei den Menschen in den europäschen Ländern und in den USA "unten durch". Von ComputerPartner-Redakteurin Marzena Fiok

Politiker, Manager, aber auch Journalisten haben es wirklich nicht leicht. Denn die Bürger Europas und der USA hegen ihnen gegenüber nicht gerade positive Gefühle. So erklären in einer aktuellen Befragung durch die Gfk insgesamt 86 Prozent der Bürger in Westeuropa, dass sie kein Vertrauen zu Politikern haben, zwei Drittel trauen dem Top-Management von Unternehmen nicht über den Weg. Aus der Reihe tanzen da nur die Dänen und Finnen: 64 beziehungsweise 50 Prozent sprechen hier den Führungskräften in der Wirtschaft ihr Vertrauen aus. Auch gegenüber Politikern äußern sich zumindest die Dänen positiver als andere Staatsangehörige: Etwa vier von zehn Bürgern halten sie demnach für "zumindest ein wenig" vertrauenswürdig.

Deutsche Bürger: Vertrauen stark erschüttert

In Deutschland sieht das anders aus. Keine andere Nation steht Politikern und Führungskräften aus Wirtschaft und Medien so kritisch gegenüber wie wir: Lediglich 18 Prozent der Deutschen vertrauen Managern großer Unternehmen, und davon haben gerade einmal zwei Prozent "großes Vertrauen" in diese Berufsgruppe. Dagegen halten über 90 Prozent nur wenig von ihnen: Drei von vier Deutschen sprechen dem Top-Management sogar klar ihr "Misstrauen" aus. Damit rangieren die Manager in der Beurteilung auf dem vorletzten Platz der Liste von Führungskräften. Noch schlechter schneiden Politiker ab: Nur acht Prozent aller Deutschen sprechen bei ihnen von "Vertrauen", und gar nur ein Prozent hat "volles Vertrauen" in die politischen Vertreter. Dagegen schneiden Ärzte, gefolgt von der Kirche, den Rechtsanwälten und - in deutlichem Abstand - von Journalisten sehr viel besser ab.

Börsenskandale erzeugen negative Gefühle

Insgesamt meint fast jeder zweite Bürger, dass die Börsenskandale der vergangenen Monate und Jahre ihr Vertrauen in das Management der börsennotierten Unternehmen beeinträchtigt hätten. In Westeuropa und ebenso in Deutschland vertreten 45 Prozent diese Ansicht. Lediglich 15 Prozent fühlen sich davon nicht berührt. Auffällig wieder die Ergebnisse in Dänemark: Auch durch das Börseninferno lassen sich diese Bürger ihre positive Grundstimmung nicht vermiesen. Anders die Portugiesen und Osteuropäer: Sie haben nach eigenem Bekunden besonders viel Vertrauen in die Manager verloren.

Dem Vertrauensbruch folgt der Rückzug in die eigenen "Reviere": Jeder dritte Westeuropäer vertraut vor allem dem Top-Management seines Landes, jeder vierte beurteilt den europäischen Managementstil sogar positiv. Und vier von zehn europäischen Bürgern glauben, dass europäische Unternehmen in ähnlich guter Qualität wie amerikanische geführt werden.

Dass europäische Führungskräfte schlechter als amerikanische sind, meinen lediglich 16 Prozent.

Investieren innerhalb der eigenen Grenzen

Die Einstellung wirkt sich auch auf die Investitionsbereitschaft aus: Das eigene Geld würden viele Europäer doch in lokale Hände geben. Auf die Frage, in welche Aktien sie für 1.000 Euro investieren würden, antworten drei von zehn Europäern, dass sie dies ausschließlich in europäische Unternehmen tun würden. Weitere 13 Prozent würden größtenteils Aktien europäischer Unternehmen kaufen, währendsich nur elf Prozent in Aktien von Unternehmen anderer Kontinente konzentrieren würden. In Deutschland ist die Anzahl derer, die auf diese Frage mit "Weiß nicht" geantwortet haben, mit 38 Prozent besonders hoch - möglicherweise ein Indikator dafür, dass Deutsche die turbulenten Börsenzeiten der vergangenen zwei Jahre noch nicht ganz verwunden haben.

Für die Studie "CEO and Stocks" hat die GfK Ad Hoc Re-search Worldwide (www.gfk.de) im Auftrag des "Wall Street Journal Europe" insgesamt 21.889 Personen in 21 Ländern befragt.

Meinung der Redakteurin

Warum das Vertrauen weg ist, liegt auf der Hand: Die Bürger fühlen sich ausgebeutet. Die Politiker greifen via Steuer in den Geldbeutel, die Wirtschaft hat sich über Aktien bedient. Interessant sind daher vor allem die Ergebnisse in Dänemark: Entweder handelt es sich um besonders positiv eingestellte Menschen oder die Führungskräfte der Dänen haben es einfach richtig gemacht. Vielleicht sollten die deutschen Manager eine kleine Reise wagen und selbst vor Ort ein paar Studien betreiben.

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