Büroflächen als begehrte Ware

14.06.2001
In Teil zehn unserer Serie zur privaten Altersvorsorge befasst Werner Staudte* sich mit einer Anlageform, die fast die Hälfte des privaten Vermögens der Deutschen darstellt: den Immobilien. Sie sind wertstabil, bringen Steuervorteile und garantieren ein sorgenfreies Wohnen im Alter oder ein regelmäßiges Zusatzeinkommen.

Der deutsche Immobilienmarkt hat sich erholt. Vor allem Gewerbe-Immobilien sind gesucht. Die gefürchteten Leerstandsquoten in den Bürohäusern sind auf einen Tiefstand gesunken. Neue attraktive Büroflächen sind überall begehrt. Auch mit den Ladenmieten geht es wieder aufwärts. Und die besten Zeiten zum Erwerb eines Eigenheims sind auch schon vorüber. Preise und Hypothekenkonditionen haben bereits deutlich angezogen.

"Investitionen in Immobilien stellen in aller Regel eine langfristige Anlage dar. Von daher scheinen sie nur schlecht in unsere schnelllebige Zeit zu passen, in der man bereits nach kurzer Frist Ergebnisse sehen und Gewinne realisieren will." So argumentiert die Deutsche Bank in einer "Anlage-Strategie für Privatkunden". Und dennoch: "Der hohe Stellenwert, den die Immobilie bei der Vermögensbildung und Vorsorge hat, ist daran erkennbar, dass etwa die Hälfte der privaten Vermögen in Deutschland in Haus- und Grundbesitz angelegt ist", erklärt Walter Klug, Geschäftsführer der DGI Deutsche Grundbesitz-Investmentgesellschaft. Er bedauert allerdings, dass im Bewusstsein der Bevölkerung noch zu stark die Direkt-Immobilie, also das eigene Haus oder die eigene Wohnung, verankert ist.

Eigenheim wichtigstes Element der Altersvorsorge

Karsten von Köller, Präsident des Verbandes Deutscher Hypothekenbanken, bezeichnet das Eigenheim heute unstrittig "als das wichtigste Element der privaten Altersvorsorge".

Diese Tendenz machen sich die deutschen Bausparkassen zunutze. "Von den meisten Altersvorsorge-Konzepten profitiert man erst im Rentenalter. Vom eigenen Zuhause schon heute", argumentieren beispielsweise die Landesbausparkassen in großen Lettern und bringen ihren Slogan "Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause" nur noch in einer sehr kleinen Schrift. Dennoch hat der Wohnungsbau stark nachgelassen. Zum sechsten Mal in Folge hat das Statistische Bundesamt in Wiesbaden rückläufige Genehmigungen registriert. Die Zahl der Anträge auf den Bau neuer Wohnungen, denen stattgegeben wurde, sank um ein Fünftel auf 348.500. Dabei ging die Zahl von Wohnbaugenehmigungen in Mehrfamilienhäusern in Westdeutschland um 22 und in Ostdeutschland sogar um 26 Prozent zurück. Aber auch die Zahl der Bauherren, welche die Errichtung neuer Einfamilienhäuser beantragte, sank um 14 beziehungsweise 23 Prozent.

Sieben Motive für die Alanlage in Immobilien

Lässt also das Interesse der Bundesbürger an Immobilien nach oder verlagert es sich nur? Diese Frage versucht Dr. Konrad Aigner zu beantworten, Analyst für die Strategie und die Vermögensstruktur von Privatkunden bei der Deutschen Bank. Er geht von den verschiedenen Anlagemotiven für Immobilien aus:

Emotionale Gründe: Mit dem Kauf einer Immobilie erwirbt man im Unterschied zu Aktien oder Rentenwerten eine fassbare Sache. Werden das Haus oder die Wohnung zum Eigengebrauch erworben, kommen dazu die Motive Lebensqualität und Besitzerstolz.

Steuerliche Entlastung: Steueraspekte spielen beim Entscheid für Immobilien eine ganz wesentliche Rolle. Die steuerlichen Anreize für den Bau von Mietwohnungen und Wohnraum für die eigene Familie wurden allerdings in den letzten Jahren reduziert. So wurde die Spekulationsfrist für Immobilien von zwei auf zehn Jahre verlängert und die Verrechnung von Verlusten zwischen verschiedenen Einkommensarten begrenzt. Immer noch sind aber Abschreibungen, Subventionen, Zulagen und die Abzugsmöglichkeit von Schuldzinsen wichtige Motive. Auch bei der Vermögensübertragung durch Schenkung oder Erbschaft sind Immobilien begünstigt.

Nach bundesweiten Ermittlungen der Finanzbehörden lagen die Durchschnittswerte für Einfamilienhäuser, die nach dem neuen Bewertungsgesetz verschenkt oder vererbt wurden, bei 323.000 Mark. Der Freibetrag für den Ehepartner liegt aber bei 600.000 Mark und für die eigenen Kinder bei 400.000 Mark.

Private Altersvorsorge: Selbst genutzter Wohnraum ist eine äußerst geeignete Form, privat für das Alter vorzusorgen. Der Eigentümer kann schon in der Ansparphase in seiner eigenen Wohnung leben. Er hat - wenn er rechtzeitig gekauft oder gebaut hat - im Alter eine entschuldete Immobilie. Er zahlt dann höchstens zehn Prozent, eher weniger, seines Einkommens im Alter als Wohnkosten. Der Mieter kommt dagegen auf einen Anteil von 20 bis 25 Prozent. Eigentümer sparen bei vergleichbarem Einkommen auch stärker als Mieter und haben als Rentner oder Pensionäre ein höheres Vermögen.

Wertgewinn und Inflationsschutz: Wer Immobilien kauft, erwirbt einen Sachwert. Dessen Wertentwicklung steht im Zusammenhang mit der allgemeinen Preisentwicklung. Wenn die Lebenshaltungskosten steigen, wirkt sich das auch auf Mieten, Baupreise, Grundstückskosten und Hypotheken-Konditionen aus. Wenn man die Immobilienpreise an der Wertentwicklung der Offenen Immobilienfonds misst, so lag die Performance dieser Fonds in den letzten Jahrzehnten regelmäßig um 3 bis 3,5 Prozent über der Inflationsrate. Ein deutliches Plus liegt in der stetigen Wertsteigerung der Immobilien im Vergleich etwa zu den starken Schwankungen der Aktienkurse. In der langfristigen Betrachtung haben Immobilien sogar eine ganze Zeit lang die Aktien geschlagen. Wer 1963 die Wahl hatte, 100.000 Mark in Aktien, öffentlichen Anleihen, Gold oder Immobilien anzulegen, war gut beraten, wenn er sich für letztere entschloss. Deren Wertentwicklung wurde nach Ermittlungen der Maklergruppe Aufina/Era erst Mitte der 90er Jahre von den Aktien überholt. Inzwischen ist nach den Kurseinbrüchen an der Börse der Abstand wieder geschrumpft. "Wer sich langfristig und sicher ein Vermögen aufbauen möchte, sollte auf beides, Aktien und Immobilien setzen", meint Hans-Eberhard Naumann, Sprecher des Makler-Verbundes.

Diversifikation: Analyst Dr. Aigner vertritt die gleiche Meinung wie Naumann: "Immobilien bieten als Beimischung die Möglichkeit, Schwankungen von Vermögenserträgen zu verringern. Nach seiner Erkenntnis ist häufig zu beobachten, dass sowohl mit wachsendem Vermögen als auch mit zunehmendem Alter das Risiko von Kapitalanlagen in den Vordergrund rückt und der Rendite-Aspekt etwas an Gewicht verliert. Primäres Ziel in dieser Phase sind meist stetige Rückflüsse aus einem wertbeständigen Vermögen, die als Zusatzeinkommen im Alter dienen. Wenn man für verschiedene Anlageformen ein Risiko-/Renditeprofil aufstellt, erfüllen Immobilien und deutsche Anleihen die Anforderungen nach wenig riskanten und dennoch rentablen Anlagen am besten.

Regelmäßiges Zusatzeinkommen: Mit dem Erwerb von Immobilien sollte im Sinne einer Steueroptimierung bereits in mittleren Lebenslagen mit tendenziell höheren Einkommen begonnen werden. Immobilienanlagen bringen langfris- tig eine Stabilitätskomponente in den Depotbestand. Sie optimieren das Risiko-/Renditeprofil im Vermögen und erwirtschaften Erträge für ein regelmäßiges Zusatzeinkommen. Besonders dafür geeignet sind die Entnahmepläne offener Immobilienfonds.

Zwei Grundtypen von Anlegern

Bei den Anlegern, die Immobilien oder Teile davon kaufen, sind zwei Typen zu unterscheiden, die Selbst- nutzer und die Kapitalanleger Die einen wollen selbst in das Haus oder die Wohnung einziehen oder zumindest vermieten und im Grundbuch stehen, die anderen nur eine gute Rendite erzielen.

Das Eigenheim in der Innenstadt ist kaum noch erschwinglich. Die Käufer weichen aus, gehen an den Stadtrand oder mitten in die Provinz und nehmen lange Wege zum Arbeitsplatz in Kauf. Das erklärt den "bescheidenen" Durchschnittspreis für ein Eigenheim von etwas mehr als 340.000 Mark. Nach mehreren Jahren des Rückgangs und der Stagnation zieht dieser Preis jetzt wieder deutlich an. Die Alternative ist die stadtnahe Eigentumswohnung. Sie kostet nach Angaben der Landesbausparkassen im Durchschnitt 248.000 Mark und wird vorwiegend von Selbstnutzern gekauft.

Die Analysten vom LBS Research der Landesbausparkassen plädieren dafür, mit dem Wunsch nach den eigenen vier Wänden nicht zu lange zu warten. Weil der Wohnungsneubau im Jahr 2000 mit knapp 290.000 Einheiten einen neuen Tiefpunkt erreicht hat, zeichnen sich schon wieder Wohnungsmangel und steigende Mieten ab. Zudem seien gegenwärtig die Rahmenbedingungen für pri-vate Bauherren ausgesprochen günstig. Die Hypothekenzinsen nähern sich nach einem zwischenzeitlichen Anstieg wieder dem Satz von sechs Prozent. Die Baupreise steigen erst ganz verhalten und viele Baufirmen haben in der Krise Preissenkungen ohne Qualitätsverlust verwirklicht und bieten "mehr Haus für weniger Geld". Nicht vergessen werden darf auch die staatliche Förderung, die trotz gesenkter Einkommensgrenzen oft noch sehr hilfreich ist.

Kapitalanleger halten sich bei Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen zurück. Das tun sie auch bei den so genannten Renditehäusern, die bei den Vorvätern so populär waren. Natürlich ist meist Ärger mit den Mietern vorprogrammiert. Wer jedoch im besten Mannesalter (oder Frauenalter) bei hoher Steuerbelastung ein solches Mietshaus erwirbt, profitiert zunächst lange Jahre deutlich von Steuervorteilen. Dann folgt eine Durststrecke, bis das aufgenommene Fremdgeld getilgt ist. Wer sein Timing gut plant, kann dann aber zum Beginn des Ruhestandes damit rechnen, dass sich nicht nur der Wert der gut gepflegten Immobilien nahezu verdoppelt, sondern auch die Mieterträge.

Gewerbliche Immobilien bringen meist gute Renditen

Gewerbliche Immobilien erfordern meist die Finanzkraft des Einzelnen, der sich hier höchstens als Teilhaber einkaufen wird. Dass bei Bürohäusern, Lagerhallen oder Einkaufszentren mit guten Anfangsrenditen und steigenden Mieten zu rechnen ist, beweist unter anderem das wachsende Interesse des Auslandes am deutschen Markt. Ausländische Käufer erhöhten ihr Anlagevolumen an den fünf wichtigsten deutschen Standorten im vergangenen Jahr um 60 Prozent. Das Gesamtvolumen an Inves titionen in Gewerbe-Immobilien im Jahr 2000 beziffert die Geschäftsführung der Maklergesellschaft Colliers Müller International in diesen Regionen auf 12,8 Milliarden Mark. Das sind 27 Prozent mehr Umsatz als im Jahr zuvor. Am begehrtesten bei den institutionellen und privaten Inves- toren sind die Standorte Berlin, Frankfurt, München, Düsseldorf und Hamburg.

Wer nicht direkt kauft, beteiligt sich an einem offenen Immobilienfonds (siehe ComputerPartner 11/01, Seite 42), an einem geschlossenen Immobilienfonds oder kauft Aktien einer börsennotierten Immobiliengesellschaft. Bei den offenen Fonds, dem größten Investor am deutschen Immobilienmarkt, liegen die Renditen der Spitzenreiter zwischen 6 und 6,5 Prozent. Die geschlossenen Fonds erlebten im letzten Jahr wegen verlorener Steuervorteile einen Einbruch. Ihr Investitionsvolumen hat sich um 60 Prozent auf knapp 13 Milliarden Mark abgeschwächt. Sie können ihren Kunden nach Untersuchungen des Fondsexperten Stefan Loipfinger im Zeitraum 1999 bis 2002 durchschnittlich 63 Prozent steuerlichen Verlust zuweisen und werden im Jahr 2001 voraussichtlich folgende Gewinne ausschütten: bei Investitionen in Deutschland 5,1 Prozent, in den Nie- derlanden 6,9 und bei Kapitalanlagen in US-Immobilien sogar 7,3 Prozent. Die Beteiligung an einem geschlossenen Fonds setzt die Mindestanlage von meist 50.000 Mark voraus. Zudem sind die Fonds- anteile wenig liquide, ihr Wiederverkauf ohne erhebliche Verluste ist schwierig.

Der Kauf von Immobilienaktien ist im Unterschied zu den Vereinigten Staaten hierzulande noch wenig üblich. In den USA sind indirekte Immobilienanlagen in Form von Reits (Real Estate Investment Trust) gang und gäbe. Das Marktvolumen dieser Investitionen beträgt mehr als 300 Milliarden Mark. In Deutschland stehen dagegen zur Zeit nur 29 bis 33 Milliarden Mark zu Buche. Fachleute rechnen aber damit, dass sich der Besitz von Immobilienaktien innerhalb von fünf Jahren verdoppeln wird.

Spekulationsfrist für Immobilien-Aktien beträgt ein Jahr

Die Immobilien-Aktiengesellschaften erzielen ihre Rendite aus Kursgewinnen und Dividenden. Die Unternehmen haben meist ein breiteres Portfolio von Haus- und Grundbesitz, um das Risiko zu streuen. Sie begnügen sich auch in aller Regel nicht damit, Immobilien zu erwerben, sich in Ruhe zurückzulehnen und die Erträge zu genießen. Um diese zu steigern, agieren die meisten Immobilien-AGs auch in der Grundstücksentwicklung, als Bauträger und im Immobilienhandel. Gegenüber einer Direktanlage in Immobilien haben die Immobilienaktien noch einen wesentlichen Vorteil: Die 1999 von zwei auf zehn Jahre verlängerte Spekulationsfrist für Immobilien gilt für die Aktien nicht. Bei ihnen können Gewinne nach einem Jahr steuerfrei realisiert werden.

* Werner Staudte ist freier Wirtschaftsjournalist in Dietzenbach.

Rentenreform

Böse Wissenslücken

Die Deutschen wissen über die Rentenreform so gut wie gar nichts. Das Berliner Marktforschungsinstitut Forsa hat im Auftrag des Deutschen Instituts für Altersversorgung (DIA) im März über 1.000 Deutsche im Alter von mehr als 18 Jahren befragt, was sie über die künftige Rentenreform wissen. Das Ergebnis ist erschreckend: 98 Prozent der Bevölkerung wissen nicht, dass private Altersvorsorge demnächst staatlich gefördert werden soll. Acht von zehn Bundesbürgern können mit dem Begriff Eck- oder Standardrente, der eine zentrale Rolle in der Rentenpolitik spielt, nichts anfangen. Und fast zwei Drittel aller Deutschen kennen keine einzige der Änderungen, die durch die Rentenreform bewirkt werden sollen. "Das DIA fordert deshalb einen Alterssicherungsbericht, der ein ungeschminktes Bild vom Zustand sowie den mittel- und langfristigen Perspektiven der Altersvorsorge in allen Teilbereichen bietet", erklärt Bernd Katzenstein, Sprecher der DIA. Der wissenschaftliche Berater des Instituts, Professor Meinhard Miegel, fügt hinzu: "Der derzeitige Regierungsbericht verschleiert mehr als er erhellt." (ws)

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