Business Angels viel gefährlicher als die Hell’s Angels

22.03.2001
Ich hatte mein Vertrauen in die Justiz zurückgewonnen: "Na endlich!", dachte ich, als ich hörte, dass man die "Hell’s Angels" in Deutschland verboten hat. Schließlich erwecken sie in jungen Unternehmern Illusionen, die so realistisch sind wie ein Übernahmeangebot von Letsbuyit.com an Microsoft. Aber ich habe da was verwechselt: Die Rocker wurden verboten. Nicht die viel gefährlicheren "Business Angels".

Nur ganz wenige haben es geschafft. Aus einer Kombination von Idee, Fleiß und Glück ein Imperium geschaffen. Und es verkauft, als es am schönsten war. Sie haben es dieser Welt richtig gezeigt. Kennen jedes Für und alle Wider: Les Nouveaux Riches.

Aber was tut man, wenn man zu alt für einen neuen Anfang und zu jung für den Ruhestand ist? Man schlägt sich selbst zum "Business Angel" und wartet auf einen der vielen jungen Menschen, die eine geniale Idee, nicht aber Geld haben, um sie umzusetzen. Und nicht die Kontakte. Und davon hat ein echter Engel jede Menge. In seinem "Netzwerk" gibt es gleich Dutzende von wichtigen Leuten. Genau genommen sind es Leute, die mal wirklich wichtig waren. Denn auch die schießen längst aus der zweiten Reihe und halten neben dem Golfschläger bestenfalls noch einen Aufsichtsratsposten.

Geben und nehmen

Damit jetzt kein falscher Eindruck entsteht: Hier will nicht einer den anderen übers Ohr hauen. Ziel ist das, was die Superreichen gerne eine "Win-Win-Situation" nennen. Die Jungunternehmer suchen Hilfe und Trost in schweren Stunden und bekommen sie. Gegen 25 Prozent der Anteile und einen Aufsichtsratsposten.

Im Grunde haben Youngster und alter Hase ein gemeinsames Ziel: Sie wollen Geld. Die einen endlich. Die anderen mehr. Der "Exit" heißt "Börsengang". Dumm nur, dass es nicht mehr so einfach ist, anderen Menschen an die Börse zu gehen. Denn nachdem der Neue Markt langsam zur Vernunft kommt, kommt man ohne harte Arbeit nicht mehr so leicht an das Geld anderer Leute.

Früher war alles früher

Langsam dämmert es den jungen Alten. Sie kommen dahinter, dass Sade in ihrem Song "It’s never as good as the first time" nicht von Sex gesprochen hat. Die Story von damals lässt sich heute nicht einfach so wiederholen. Und so kommt es, dass Yuppies irgendwann am liebsten ihren Business Angel gegen einen Schutzengel eintauschen würden.

Ernüchterung. Vielleicht auch die Einsicht, dass sich die Zeiten geändert haben. Oder aber die Erkenntnis, dass Geld und Kontakte eben nicht alles sind. Man braucht ein Produkt. Und zwar eines, auf das die Welt gerade noch gewartet hat. Ohne dass man es ihr mühsam einreden muss. Eben etwas, für das andere Menschen Geld ausgeben. Und zwar gerne.

Dr. Kimble auf der Flucht

Inzwischen kleben sich auch junge Leute Flügel an. Ein gnadenloser Selbstdarsteller und typischer Neureicher namens Kim Schmitz zum Beispiel. Kein einfacher Engel - er hält sich für Gott! Mit seiner Kimvestor AG will er in kürzester Zeit Internet-"Kimpanies" großziehen und wie verrückt Geld machen.

Schmitz’ Luftschloss.de hat zwar im vergangenen Jahr nach eigener Angabe mehr als sieben Millionen Mark Verlust gemacht. Alleine 2005 wird er satte 553 Millionen Dollar Reingewinn verdienen. Nach Steuern, versteht sich.

Solche Leute brauchen keine Flügel. Sondern eine Jacke, die hinten geknöpft ist.

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