BVB verkündet Tod des traditionellen EDV-Fachhandels

02.06.1998

MÜNCHEN: Wer in der IT-Branche noch so richtig verdienen will, muß auf Dienstleistung setzen. Darin sind sich zumindest die Mitglieder des BVB einig, wie eine Umfrage unter den angeschlossenen Unternehmen ergab. Mit Kleinvieh - sprich dem Heimanwender - mag sich dabei niemand beschäftigten, das Zauberwort heißt Professional Services.Mittlerweile klingt die Botschaft schon etwas abgegriffen: "Den Fachhandel im klassischen Sinn - den wird es nicht mehr geben", behauptet Dr. Werner Senger, Geschäftsführer des BVB-Bundesverband Informations- und Kommunikationssysteme e.V. (Bad Homburg) anläßlich der Vorstellung seiner aktuellen Mitgliederbefragung. "Nur wer sich im Dienstleistungssektor engagiert, hat Zukunftsaussichten."

Senger wollte aber nicht explizit auf die Situation des Fachhandels eingehen - "dafür rufen wir eine gesondere Pressekonferenz aus", versprach er. Da zu seinen Mitgliedern aber "ein großer Prozentsatz von Händlern und Vertreibern gehört", so Senger, fände sich auch diese Zielgruppe in den Umfrageergebnissen vertreten.

Der Fokus der Befragung lag im Bereich "Professional Services"; von den 260 BVB-Mitgliedern beteiligten sich 100. Die befragten BVB-Unternehmen sind zu über 90 Prozent der Meinung, daß der Geschäftsbereich "Professional Services" auch in den nächsten fünf Jahren der wichtigste Wachstumsmarkt in Deutschland bleibt. Zudem, so versichert Senger, werde sich dieses Segment zum "größten Arbeitsplatzbeschaffer der Zukunft" entwickeln.

Da gibt es derzeit nur ein Problem: Die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern im gesamten IT-Sektor gestaltet sich schon sehr schwierig, professionelle und erfahrene Dienstleister auf Jobsuche sind laut BVB selten wie die berühmte Nadel im Heuhaufen. Zum einen wurde laut Senger der Personalbestand in den IT-Unternehmen während der letzten fünf Jahre "dramatisch abgebaut", der Markt sei praktisch leergefegt. Zum anderen seien viele Hochschulabsolventen auf die Anforderungen in den IT-Unternehmen nicht vorbereitet. "Selber qualifizieren", rät da BVB-Mitglied Willi Berchtold, der allerdings als Geschäftsführer der IBM Deutschland Informationssysteme GmbH leicht reden hat, denn Big Blue blickt auf eine lange Tradition von interner Mitarbeiterschulung zurück. Für andere Unternehmen ist das nicht so einfach. "Die IHK fordert Ausbildereignungsprüfungen für Mitarbeiter, die neue Angestellte schulen dürften. Solche Schulungen sind allerdings langwierig und nur in wenigen Unternehmen an der Tagesordnung", weiß Senger. "Die innovativen, jungen Unternehmen unserer Zukunftsbranche können mit den jahrzehntealten administrativen Ausbildungsregularien nichts anfangen." Zudem können sich die meisten mittelständischen Unternehmen solcherlei Luxus kaum leisten. Deshalb setze der BVB sich für eine weniger bürokratische Ausbildungsplatzoffensive ein. Wer darauf nicht warten mag, dem bleibt noch eine bewährte Methode - nämlich das Abwerben bei der Konkurrenz. Über 71 Prozent der Befragten halten diese Art der Einstellungspolitik für gang und gäbe im Markt, fast 90 Prozent sind der Meinung, daß in den nächsten fünf Jahren der Griff in Nachbars Garten noch gieriger wird. (du)

BVB-Mitglied und General Manager der IBM Global Services EMEA Central Region, Willi Berchtold, ist der Meinung, daß Mitarbeiter am besten im eigenen Haus auf Dienstleistungskurs gebracht werden.

Drei große Märkte für Informationstechnologie gibt es weltweit: Nordamerika liegt mit einem Anteil von 45 Prozent an der Spitze. Westeuropa hält rund 30 Prozent und der asiatisch-pazifische Raum 23 Prozent. Nach Angaben des Marktforschungsunternehmens IDC wurden 1996 insgesamt 680 Milliarden Dollar weltweit für IT ausgegeben. Afrika, Osteuropa und Lateinamerika rangieren unter "ferner liefen" mit 5 Prozent Anteil.

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