Canon läutet eine neue Ära bei den digitalen Spiegelreflexkameras ein

04.09.2003
Bisher kam die Produktgruppe der digitalen Spiegelreflexkameras einer Insel der Glückseligkeit gleich. Eine zahlungswillige und überschaubare Klientel sorgte für ein stabiles Preisgefüge. Doch mit der Einführung der "EOS 300D" von Canon dürften diesem Segment von nun an turbulente Zeiten bevorstehen.

Canon macht keinen Hehl aus seinen ehrgeizigen Zielen: "Wir wollen nicht nur die Nummer eins im Marktsegment digitale Spiegelreflexkameras werden, sondern auch dauerhaft bleiben", trommelt Hiroshi Komatsuzaki, Europachef der Abteilung Consumer Imaging des japanischen Elektronikkonzerns.

Damit bei den Mitbewerbern wie Olympus, Nikon, Fuji & Co. erst gar keine Zweifel ob der Ernsthaftigkeit dieser Aussage aufkommen, prescht Canon mit dem für den Massenmarkt konzipierten digitalen Spiegelreflexsystem "EOS 300D" vor, das gerade mal etwas über 1.000 Euro kostet. Mit Preisen von 2.500 bis 10.000 Euro waren derartige Produkte bisher nur für Profis erschwinglich. "Wir haben unser Ziel erreicht, eine digitale Spiegelreflexkamera auf den Markt zu bringen, die sich jeder leisten kann. Dieses Produkt wird in die Geschichte der Digitalfotografie eingehen", gibt sich Komatsuzaki überzeugt. Er ist sich sicher, dass Canon mit einer geplanten Absatzzahl von weltweit monatlich 70.000 Stück einen ungehinderten Siegeszug marschieren wird und prognostiziert bis Ende des Jahres ein Stückzahlenwachstum von 400 bis 500 Prozent in diesem Marktsegment.

Abgespeckte Version des großen Schwestermodells

Die "EOS 300D" ist ein digitales Spiegelreflexsystem, das vor allem mit zwei wesentlichen Eigenschaften aufwarten möchte: einer hohen Bildqualität einem breit gefächerten Angebot an Wechselobjektiven. Um dieses zu erreichen, setzt Canon auf die von seinem Profimodell "EOS 10D" her bekannte CMOS-Bildsensortechnologie mit einem Auflösungsvermögen von 6,3 Megapixel. Der lichtempfindliche Chip ist beim Objektivwechsel leider völlig ungeschützt gegen Staub und Schmutz. Der Sensor zeichnet sich besonders durch sein geringes Bildrauschen aus, das selbst bei hoher Einstellung der Empfindlichkeit erreicht wird. Die Kamera bietet einen Sieben-Punkt-Autofokus mit Messfeldmarkierung im Sucher sowie 35 Messfelder für die Belichtungsmessung.

Die elektronische Bildaufbereitung übernimmt der aus der neueren "Powershot"-Modellen bekannte Digic-Prozessor. Laut Angaben des Herstellers soll dieser bis zu 2,5 Bilder pro Sekunde verarbeiten können. Nach vier Aufnahmen muss der Fotograf aber erst einmal eine kurze Wartezeit einlegen, da der interne Bildpuffer voll ist.

Abgespeichert werden die digitalen Aufnahmen auf einer Compact-Flash-Karte, die wahlweise vom Typ I oder II sein kann. Die Bilder können in vier verschiedenen Auflösungen abgespeichert werden, auch das unkomprimierte und "unverfälschte" RAW-Format ist zudem verfügbar. Der Verschluss der Kamera arbeitet mechanisch und bietet dem Anwen-der Belichtungszeiten zwischen 1/4.000 Sekunde und maximal einer halben Minute, ein integrierter Blitz bietet die Leitzahl 13. Externe Blitzgeräte mit TTL-Technologie können ebenfalls angeschlossen werden.

Zum Betrachten der Aufnahmen hat der Hersteller der "EOS 300D" ein 1,8 Zoll großes LC-Display verbaut, das eine Auflösung von 118.000 Bildpunkten bietet. Mit Strom wird das Gerät über einen Lithium-Ionen-Akku versorgt. Der Anschluss an einen PC erfolgt über eine integrierte USB-Schnittstelle, zudem besitzt die Kamera einen Videoausgang.

Komplettpaket geschnürt

Gegenüber dem größeren Schwestermodell "EOS 10D" bringt Canons neuer Wurf mit 560 Gramm gut 200 Gramm weniger auf die Waage. Das liegt vor allem daran, dass zu Gunsten des Preises auf ein hochwertiges Magnesiumgehäuse verzichtet wurde. Vielmehr muss sich der Anwender mit einem ansonsten bei Spiegelreflexsystemen unüblichen Plastikgehäuse zufrieden geben, das haptisch eher gewöhnungsbedürftig erscheint. Abgespeckt wurden auch die Individualfunktionen, frei definierte Motivprogramme können nicht eingegeben werden, vielmehr steht eine Reihe fester Einstellungen zu Verfügung. Anbieten werden die Krefelder das neue Modell im Set zusammen mit einem Objektiv aus der speziell für diesen Kameratyp entwickelten "EF-S"-Baureihe. 100 Euro verlangt Canon für das als Startausrüstung gedachte "EF-S 18-55 f/3,5-5,6". Es deckt - verglichen mit dem Kleinbildformat(KB) - einen Brennweitenbereich von 28 bis 90 Millimeter ab.

Da der Bildsensor um den Faktor 1,6 kleiner ist als der für analoge Kameras typische 35-Millimeter-Film, fällt auch der Spiegel entsprechend kleiner aus. Dadurch kann das Objektiv näher an den CMOS-Sensor gebracht werden. Diesen Systemaufbau nennt Canon "Short Back Focus" und erklärt das S in der Modellbezeichnung des Objektivs. Besitzer von Canon-Objektiven der "EF"-Baureihe können diese übrigens weiter benutzen, da diese kompatibel sind.

Ergänzend bietet der Hersteller eine weitere Linse an, die KB-Brennweiten von 88 bis 320 Millimeter realisieren kann. Im Gegensatz zum genannten Einsteigerobjektiv ist das "EF-S 55-200 f/4,5-5,6 II USM" mit einem Ultraschall- statt einem Ringmotor ausgestattet. Dieses soll noch in diesem Monat erhältlich sein, weitere Modelle und reichlich Zubehör sollen folgen.

Pict-Bridge wird unterstützt

Canon unterstützt zusammen mit einigen anderen Herstellern den von der CIPA (Camera and Imaging Products Association) im Februar dieses Jahres verabschiedeten Standard "Pict-Bridge". Das heißt, dass die auf der Speicherkarte abgelegten Bilder direkt über die Kamera auf einen ebenfalls diesem Standard unterliegenden Drucker übertragen werden können.

Für den Anwender dürfte die neue Norm sicherlich zu einer Erleichterung bei der Auswahl des geeigneten Druckers führen. Das mag Komatsuzaki gerne unterstreichen: "Pict-Bridge wird eine wichtige Rolle bei der Öffnung und beim Wachstum des digitalen Fotomarktes spielen."

<b>Kurzgefasst</b>

Hersteller: Canon

Produkt: EOS 300D

Produktgruppe: Digitalkameras

Zielgruppe: Hobbyfotografen

Verfügbarkeit: ab September

Preis: 1.099 Euro/1.199 Euro mit Objektiv

Verkaufsargumente: Der ambitionierte Fotograf bekommt ein digitales Spiegelreflexsystem zu einem sensationellen Preis.

ComputerPartner-Meinung: Canon ist sicherlich ein großer Wurf gelungen. Diese Digitalkamera wird zweifelsohne der Renner im diesjährigen Weihnachtsgeschäft werden, mit Lieferengpässen darf sicherlich gerechnet werden. Das schließt aber nicht aus, dass sich der Straßenpreis bis dahin bei gut unter 1.000 Euro einpendeln wird. Allerdings können Händler dann kaum nochetwas daran verdienen. Bei diesem äußerst aggressiven Preispunkt ist die Margenerosion bei digitalen Spiegelreflexkameras aber bereits vorprogrammiert. Bleibt zu hoffen, dass dies durch Zubehörverkäufe kompensiert werden kann. (cm)

Infos: www.canon.de

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