Capi für alle - AVM macht’s möglich

11.04.1999
MÜNCHEN: Findige OS/2-Benutzer können es schon länger: über ein Modem eine ganze Arbeitsgruppe ins Internet bringen. Für Windows hat sich nun die AVM Computersysteme Vertriebs GmbH zum Ziel gemacht, mit ihrer Software "Ken" die Mitglieder einer Workgroup über eine einzige ISDN-Verbindung an den Rest der Welt anzuschließen. ComputerPartner hat dieses Vorhaben in Verbindung mit der Telefonanlage "Fritz X USB" näher untersucht.

In der AVM-üblichen blau-gelben Verpackung ist die langerwartete Kommunikationszentrale "Fritz X USB" sicher verstaut. Mit deutschem Handbuch, Software- und Treiber-CD, Netzteil, Anschlußkabel für ISDN und USB, Adapter für analoge Telefone über diverse Providerangebote bis zur Bohrschablone für eine Wandmontage ist die Lieferung komplett ausgestattet. Zwei Meter USB- und sechs Meter ISDN-Kabel lassen dabei genügend Spielraum bei der Plazierung. Wie es sich für eine Telefonanlage gehört, sind deren Grundfunktionen bereits nach dem Anschluß an ISDN und an die Stromversorgung verfügbar und arbeiten auch bei ausgeschaltetem PC.

Im Gegensatz zu anderen AVM-Produkten funktioniert die Fritz X USB nur mit Euro-ISDN (DSS1). Die Besitzer der älteren deutschen Anschlußnorm 1TR6 müssen daher umrüsten, um von den Fähigkeiten des 22 x 16 Zentimeter großen Kommunikationskästchens zu profitieren. Ab Werk ist die AVM-Anlage mit einer sicheren Einstellung versehen und hält dank spontaner Amtholung und Anklopfschutz die Zeit der Unerreichbarkeit sehr gering.

Ist das Gerät an den PC angeschlossen, erkennt Windows 98 nach dem Neustart die Plug&Play-fähige USB-Einheit und sucht die Treiber. Nachdem diese auf der CD gefunden sind, wird das eigentliche ISDN-Setup aufgerufen und installiert. Eine Überprüfung, ob in der Kategorie Modems der PC-Systemsteuerung nun diverse AVM-Geräte installiert sind, schadet nicht, da Altlasten bei nicht mehr jungfräulichen Systemen durchaus eine saubere Inbetriebnahme verhindern können.

EINFACH, PRAKTISCH, GÜNSTIG - DIE ALTERNATIVE

Nun ist die Software "Fritz X" für die Telefonanlagenfunktion an der Reihe. Sie wird genauso komfortabel installiert. Jetzt kann der Anwender die Feineinstellungen wie Mehrfachrufnummern, Rufumleitung und Anrufweiterschaltung via PC vornehmen, die Programmierung über das Telefon erspart er sich auf diese Weise. Auch ein Update der Anlagensoftware via Internet oder AVM-Data-Center ist über dieses Programm möglich. Unter anderem bietet die Lösung die Features Makeln, Vermitteln, Rückfragen, Dreierkonferenz, kostenlose Interngespräche, Rückruf bei besetzt, Pick-up und Rundruf an. Die beiliegende "Fritz 32"-Software unterstützt das Faxen, die Datenübertragung und - bei Vorhandensein einer Soundkarte - auch die Telefon- und Anrufbeantworterfunktion per Headset oder Mikrofon und Lautsprecher.

In den getesteten Features ISDN, Internet, Fax und Telefonie gab es keinen Anlaß zur Kritik, die Modemsimulation mit 33.600 Bit pro Sekunde Datendurchsatz ist ein Spitzenwert. Mit der hervorragenden Software, den kaum zu verbessernden Handbüchern und den unproblematischen Treibern ist das Gerät eine unbedingte Empfehlung. Die beim Testgerät wacklige Stromversorgung und eine flackernde LED beweisen allerdings, daß es nichts Perfektes gibt. Nun die Funktionen noch mit Ken im Netzwerk freigeben - sollte das wirklich so einfach sein wie von AVM propagiert?

WAS SO ALLES BENÖTIGT WIRD

Etwas unscheinbar, in biederem blaugrün gehalten, verleitet das Ken-Paket nicht gerade zum Spontankauf. Die Schachtel enthält neben der Server- und Client-Software auch noch das komplette Fritz-Softwarepaket sowie die aktuellen Versionen von Microsofts Internet Explorer und Netscapes Communicator. An Voraussetzungen braucht der ISDN-Rechner, von AVM "Ken-Service" genannt, einen Pentium-166-Prozessor mit 32 MB Hauptspeicher und 170 MB Festplattenplatz, wovon 150 zum Zwischenspeichern von E-Mails und Internet-Seiten gedacht sind. Auf dem Ken-Client reichen eine Pentium-CPU und 16 MB RAM aus. Als Betriebssystemsind Windows 9x oder NT 4.0 vonnöten, auch für Windows 2000 ist die aktuelle Version bereits freigegeben. Das TCP-/IP-Protokoll sollte vor der Installation bereits aktiv und an eine Netzwerkkarte gebunden sein. Nach dem Einlegen der CD startet ein Auswahlmenü. Mit einem Klick auf Service und Codeeingabe wird die Basis vorbereitet. Dem dann erforderlichen Neustart folgt ein Assistent, der Schritt für Schritt die notwendigen Eingaben abfragt und, bestens unterstützt von Handbuch oder Onlinehilfe, so gut wie keine Fehler zuläßt.

KEN - ES FUNKTIONIERT TATSÄCHLICH

Die Aktivierung von Capi im Netz sowie das Eintragen der Zugangsdaten und IP-Parameter ist nicht schwieriger als einen T-Online-Zugang einzurichten. Im Gegenteil: Wie auch für Uunet und Arcor sind in der vorliegenden Version Automatismen vorhanden. Hierbei ist nur noch die E-Mail-Adresse einzugeben, und "Dr. Ken", ein Testprogramm, überprüft die Funktionsfähigkeit. Prinzipiell stehen schon jetzt alle notwendigen Funktionen zur Verfügung, doch läßt sich Ken auch manuell installieren oder anpassen. Für Benutzer des Internet Explorer 5 werden die Browser-Einstellungen automatisch vorgenommen.

Der Service-PC mit dem ISDN-Gerät fungiert als Proxy-Server im Netzwerk, das heißt, er speichert alle fremden Rechnerdaten zwischen. Dadurch ist es möglich, daß mehrere Benutzer gleichzeitig über eine ISDN-Leitung im Web surfen, obwohl tatsächlich nur ein Zugang aktiv ist und berechnet wird. Die Einrichtung der E-Mail-Anwendung wird für Outlook Express automatisch vorgenommen, sollte es weitere Benutzer mit unterschiedlichen E-Mail-Adressen im LAN geben, können sie ebenfalls hier eingetragen werden, der Mail-Server von Ken stellt die Post dann automatisch zu.

Die Einstellung der Klienten geht noch flotter. Ist TCP/IP aktiv und die Benutzungsart ISDN, Internet (oder beide) angewählt, braucht es neben dem Programmpfad nur einen Neustart, und der Ken-Client ist automatisch aktiv. Nun gilt es nur noch, die Anpassung von Browser und E-Mail zu überprüfen. Wer möchte, kann noch das Fritz-32-Softwarepaket installieren. Die Lizenzen für Client und Fritz sind übrigens unbegrenzt, der Server ist auf eine Installation beschränkt. Sollte der Installationsprozeß nicht wie gewünscht vonstatten gegangen sein, helfen Handbuch und elektronische Hilfe mit FAQs. Des weiteren liegen eine Internet-Adresse mit E-Mail-Support und eine Telefonnummer bei AVM in Berlin vor. Verbessern ließe sich die An- und Abschaltung des Programms auf Client- und Service-PC, um unbeabsichtigte Verbindungsaufnahmen zu verhindern. Doch für den gebotenen Preis ist Ken allemal eine Empfehlung. (kew)

KURZGEFASST

Abgesehen vom Wackelkontakt bei dem Testgerät ist das Fritz-X-USB-Gerät eine gelungene und preisgünstige Alternative zur Telefonanlage und deckt die Bedürfnisse im Soho-Bereich problemlos ab. Software, Handbuch und Zubehör sind komplett und gehören zweifellos zur Klassenspitze. Ken hält, was es verspricht: ISDN für alle. Ob Internet, E-Mail oder Fax, die Software ist einfach zu konfigurieren und ideal für kleine bis mittlere Arbeitsgruppen oder auch Schulklassen. Beide Lösungen sollten in keinem ISDN-Sortiment fehlen, zumal Preis und Leistung hervorragend sind.

HERSTELLER:

AVM Computersysteme Vertriebs GmbH & Co. KG, BerlinAVM Alt-Moabit 9510559 BerlinTel.: 0 30/3 99 76-0Fax: 0 30/3 99 76-299www.avm.de

PREIS:

Fritz X USB / KenVK: 388/401 MarkEK: 298/249 Markalle Angaben zzgl. MwSt.

VERTRIEB/DISTRIBUTOREN:

Broadliner, Kommunikationsdistributoren

WERTUNG:

Gerät/Software: 1-2/3

Lieferumfang: 1/1-2

Ease-of-Use: 1-2/2

Händlersupport: 2/2

CP-TIP: 1-2/2-3

(Bewertung nach Schulnoten)

NACHGEFASST

Kurzinterview mit Joachim Töpel, Produktmanager, und Gerd Thiedemann, Produktmanager Networking bei AVM Computersysteme Vertriebs GmbH in Berlin:

Wenn es mit der Fritz X USB überhaupt Ärger gab, lag es an der Stromversorgung. Ist dies ein Einzelfall?

TÖPEL: Gerade diese Art der Stromversorgung hat sich als sehr zuverlässig bewährt. Wir werden das Gerät nach Rückerhalt auf jeden Fall überprüfen.

Fritz X USB war schon vor einem Jahr angekündigt. Sind die Lieferengpässe behoben?

TÖPEL: Die Fritz X USB wurde im Vorfeld der Cebit angekündigt. Die stärkere Nachfrage nach USB-Geräten im Vergleich zu seriellen Fritz-X-Lösungen hat die Lieferbarkeit beeinträchtigt.

Ken weist in der Grundeinstellung elf IP-Adressen für Klienten vor. Kann dies erweitert werden?

THIEDEMANN: Dies ist eine Voreinstellung, die eine schnelle Inbetriebnahme unterstützt und selbstverständlich geändert werden kann

Wieso gibt es keine Möglichkeit, den Klienten oder die E-Mail-Automatik abzuschalten?

THIEDEMANN: Ziel war es, ein unkompliziertes Programm mit größtmöglicher Stabilität zu erhalten. Je mehr Bedienereingriffe und Schaltvorgänge möglich sind, desto eher treten Konfigurationsprobleme auf. Für anspruchsvollere Aufgaben hat AVM die entsprechende Software wie NDIS-ISDN (Network Distributed).

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