CD-RW-Markt: Dumping undAllokation belasten das Geschäft

15.06.2000
Der Preis für Achtfach-CD-RW-Brenner sinkt schneller auf das Niveau von Vierfach-Laufwerken als erwartet. Als Ursache hierfür gelten vor allem die Preisverrisse im Retail-Markt. Bis zum Jahresende soll sich die Liefersituation deutlich verschlechtern.

Die CD-RW-Branche kommt zunehmend ins Schlingern: Den hohen Wachstumsraten stehen die immer kürzeren Produktlebenszyklen von derzeit zirka sechs Monaten gegenüber. Trotz nahezu ständiger Lieferschwierigkeiten fallen die Preise schneller als nötig. Kein Wunder, dass viele Anbieter den Markt derzeit als schwierig bezeichnen.

Als Wurzel allen Übels gelten die letzten Preisaktionen in RetailLäden (siehe ComputerPartner 18/00, Seite 100). Im Media-Markt wurden beispielsweise Vierfach- und Achtfach-Brenner von Fujitsu Siemens und Sony zum Teil sehr deutlich unter dem HEK angeboten. "Kein Distributor war zu diesem Zeitpunkt in der Lage, zu derartigen Konditionen, wohlgemerkt netto, bei Herstellern zu ordern", klagt Bernd Prütting, Geschäftsführer des Karlsruher Großhändlers Mediacom.

Ute von Glahn gibt ihm Recht. Die Produkt-Managerin bei Peacock erklärt gegenüber ComputerPartner: "Der Verriss im Retail ist so groß, dass diese Preise von der Distribution nicht realisiert werden können. Die Hersteller berufen sich zwar darauf, dass es sich nur um Spots handelt, doch tauchen immer wieder entsprechende Angebote auf." Für Stefan Klima ist der Preisdruck nichts Außergewöhnliches. "Es findet ein Transfer vom Statusobjekt zum Massenprodukt statt", konstatiert der C2000-Produkt-Manager. "Der Markt wird sich, von der Herstellerseite aus gesehen, im Jahr 2001 bereinigen."

Vertreter von Herstellern wie Vic Sanchez, Managing-Director von Iomega, halten den Preisverfall ebenfalls für normal: "CD-RW ist eine Nicht-proprietäre-Technologie, die stark nachgefragt ist. Da sehr viele Unternehmen den Markt bedienen, ist der dadurch entstehende Preisdruck nur natürlich." Bei Sony schweben die Verantwortlichen dagegen in anderen Sphären. "Aufgrund der hohen Nachfrage und der damit verbundenen Warenknappheit herrscht derzeit kein großer Preisdruck", formuliert Senior Product-Marketing-Manager Mark Lufkin die derzeitige Marktsituation. Mit dieser Meinung steht der Sony-Mann allerdings ziemlich alleine da.

Nur im Sommer ist genügend Ware verfügbar

Die Branche ist sich aber auch in puncto Verfügbarkeit uneins. "Die Allokation beginnt, sich zu entspannen", erklärt Debbie Schwefer, Marketing-Managerin bei Hewlett-Packard. "Momentan sind alle Modelle unbegrenzt verfügbar." Zwar könnte es ab Oktober, bedingt durch eine höhere saisonbedingte Nachfrage, wieder knapp werden, aber insgesamt soll es laut HP die drastische Komponentenknappheit wie in der Vergangenheit nicht mehr geben. "Highend-Brenner mit zehn- und zwölffacher Geschwindigkeit sind gut verfügbar, Acht- und Vierfach-Rekorder sind dagegen noch knapp", sagt Stefan Klima, von Computer 2000. "Wir gehen aber davon aus, dass von Juni bis August Ware in ausreichenden Stückzahlen vorhanden ist. Ab September wird sich die Liefersituation aufgrund der zu erwartenden hohen Nachfrage wieder verschlechtern."

Renate Stoffel, Unternehmenssprecherin von LG Electronics, ist nicht so optimistisch: "Wir erwarten die nächste Verknappung bereits ab Ende Juni." Peacock-Managerin von Glahn macht dem Handel ebenfalls wenig Hoffnung: "Wir rechnen mit einer anhaltenden Allokation bis Jahresende, die sich sogar noch verschärfen könnte."

SCSI wird nur nochvon Profis gekauft

Gefragt sind vor allem Einstiegsmodelle mit 4x/4x/32x sowie 8x/4x/32x-Geräte. Das Geschäft mit SCSI-Brennern gerät zunehmend ins Hintertreffen. "Die breite Masse der Endkunden tendiert klar zu Atapi", erklärt Jürgen Kimmel, Business-Unit-Manager bei Actebis. "Dies führen wir vor allem darauf zurück, dass bei SCSI im Anwenderbereich noch immer ein starker Informations- und Aufklärungsbedarf besteht. Aufgrund der größeren Volumina im Atapi-Bereich gehen auch die meisten Hersteller auf die Produktion von IDE-Laufwerken über. Andererseits lässt sich generell mit SCSI-Brennern mehr Marge erzielen."

Sony-Manager Lufkin sieht IDE vor allem deshalb vorne, weil die Schnittstelle in jedem PC zum Standard gehört und die Geräte deutlich preiswerter sind. "Ein SCSI-Rekorder bringt dem Anwender keinen großen Vorteil gegenüber einem IDE-Writer", konstatiert Lufkin. "SCSI geht zwar zurück, ist aber nach wie vor interessant, zumal sich IDE-Laufwerke nicht für den externen Einsatz eignen." Sony selbst will sich aber zunehmend aus dem SCSI-Business zurückziehen und stärker auf IEEE 1394 fokussieren. "Wir erwarten, dass bis Jahresende über 40 Prozent aller neuen PCs über eine I-Link-Schnittstelle verfügen", teilt Lufkin mit.

Insgesamt liegt der SCSI-Anteil bei den CD-RW-Laufwerken derzeit bei etwa zehn Prozent. "Bei Business-Anwendern ist SCSI immer noch sehr gefragt", erklärt von Glahn. "Und auch der Preisdruck geht an den SCSI-Rekordern nahezu spurlos vorüber." Während der SCSI-Kunde relativ treu ist, kauft der Mainstream vorwiegend über den Preis. "Die Anschaffungskosten sind das wichtigste Kriterium", weiß LG-Sprecherin Stoffel. "Zirka 80 Prozent gehen über den Preis und nur 20 Prozent über den Markennamen."

Der Fachhandel ist markentreu

"Bei hohen Transferraten ist die Markentreue größer", erklärt Schwefer von HP. "Im Lowend-Sektor darf der Markenanbieter nicht mehr als 50 Mark über den günstigsten Angeboten liegen." Laut C2000-Manager Klima haben in Zukunft jene Hersteller die besten Chancen, die auch einen adäquaten Service anbieten können. "Der Fachhandel ist sicher markentreu", sagt Kimmel. "Bei großen Retailern wird auch über den Preis verkauft."

Auf die Frage, ob sich CD-RW in Zukunft als Standardkomponente im PC etablieren kann, gibt es für Patricia Ba, zuständig für Marketing und Einkauf beim Münchener Distributor Software Partner, nur eine Antwort: "Ja, auf jeden Fall." Auch Actebis-Manager Kimmel ist dieser Meinung. "Dies hängt jedoch auch von der Entwicklung im DVD-Lager ab. Langfristig muss sich entscheiden, ob CD-RW oder DVD die CD-ROM ablöst. Aufgrund der Allokation im DVD-Bereich ist CD-RW momentan bevorzugt. Langfristig wird sich aber vermutlich die DVD durchsetzen."

Mediacom-Chef Prütting glaubt nicht daran, dass PCs zukünftig mit einem CD-RW-Laufwerk ausgeliefert werden. "Im Massenmarkt wird der Rechner wesentlich an seinem Einstiegspreis gemessen. Zudem macht es wenig Sinn, einen PC lediglich nur mit einem Brenner auszustatten, wenn kein weiteres CD/DVD-Laufwerk vorhanden ist, da zum Großteil Kopien von Audio-CDs und Spielen angefertigt werden." Bei Computer 2000 sehen es die Verantwortlichen nicht ganz so pessimistisch. "Momentan ist der CD-Rekorder ein Produkt für den Aftersales-Markt", erklärt Klima. "Wir erwarten, dass Brenner frühestens ab nächstem Jahr verstärkt als Standardkomponente für Mittel- und Highend-Rechner angeboten werden. In Einstiegsmodellen werden sich CD-ROM-Laufwerke noch lange halten."

Letztendlich ist es eine Preisfrage: Sobald PC-Hersteller einen Brenner für 80 bis 90 Dollar einkaufen könnten, ist der Weg frei. Derzeit liegt der OEM-Preis zwischen 120 und 150 Dollar. Zum Vergleich: Ein DVD-Drive konnten Integratoren schon ab 100 Dollar beziehen. Aufgrund der schlechten Verfügbarkeit sind die Einkaufskonditionen allerdings auf bis zu 150 Dollar hochgeklettert.

Bis zum Jahresende rechnen - bis auf HP - alle Marktbeteiligten mit einer CD-RW-Allokation. LG prophezeit ein großes Wachstum. "Es wird wohl jeden Monat eine Verdopplung der abgesetzten Stückzahlen stattfinden", vermutet Stoffel. "Gegen Jahresende werden 12x-Geräte den Standard stellen und zum Preis von heutigen 6x-Geräten erhältlich sein", prognostiziert Software-Partner-Einkäuferin Ba. Mediacoms Prütting rechnet damit, dass bis dahin auch schon die ersten 20x-Rekorder verfügbar sind. (kfr)

www.computer2000.de

www.peacock.de; www.sony.de

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