CDI-Geschäftsführer Frank Struck über den Kräftemangel in der IT-Branche

20.05.1999

MÜNCHEN: Die CDI Deutsche Private Akademie für Wirtschaft in München bildet Fachkräfte für die IT-Branche aus und schult mit Unterstützung des Arbeitsamts auch Arbeitssuchende um. CDI analysiert regelmäßig die Stellenmärkte in 34 Zeitungen auf Angebote im Bereich Datenver-arbeitung. Allein von Januar bis März 1998 fand das Institut hier 18.840 unbesetzte Stellen. Frank Struck, 47, ist seit Januar 1999 Geschäftsführer der Akademie im Bereich DV- und kaufmännische Qualifizierungen. Mit ihm sprach ComputerPartner-Redakteurin Marzena Fiok.

Der Kräftemangel in der IT-Branche ist ein Dauerthema. Was sind Ihrer Ansicht nach die Gründe für das Defizit?

Struck: Die Ursachen für den Personalnotstand in der IT-Branche sind vielschichtig. Vieles wurde nicht oder erst zu spät erkannt. Einen wesentlichen Grund sehe ich aber vor allem darin, daß die Qualifikation der Mitarbeiter der rasanten technischen Entwicklung nicht nachgekommen ist.

Welche Schritte unternimmt denn Ihre Akademie, um auf dem laufenden zu bleiben?

Struck: Wir führen seit über zwölf Jahren eine Stellenmarktanalyse durch, um zu erkennen, wie sich der Arbeitsmarkt verhält. Welche Berufsbilder sich entwickeln, welche Mitarbeiter gefragt sind und welche Qualifikationen sie benötigen.

Gibt es hierbei eine Tendenz zu bestimmten Berufsbildern?

Struck: An der Spitze stehen Programmierer, Entwickler und System- beziehungsweise Netzwerkspezialisten. Aber auch IT-Berater und SAP-Fachleute haben hervorragende Karten am Arbeitsmarkt.

Welches Profil haben ihre Schüler?

STRUCK: Wir bieten im Bereich DV ein sehr breites Spektrum an Lehrgängen an. Deshalb kommen die unterschiedlichsten - in der Regel arbeitssuchenden - Interessenten zu uns. Personen mit und ohne Berufsausbildung, IT-Insider und -Neulinge sowie Akademiker aller Fachrichtungen. Das spricht für sich, denn die IT-Branche ist so facettenreich und damit für viele Berufe offen.

Wie sieht die Ausbildung dieser Schüler aus? Ist sie praxis-orientiert?

Struck: Bei uns steht die Praxis, das Training am PC im Vordergrund. Deshalb arbeiten wir auch mit projekt- und praxiserfahrenen Dozenten. CDI-Lehrgänge sind modular aufgebaut. Ein Baustein behandelt ein Thema, geht über zwei Wochen und schließt mit einer schriftlichen Prüfung ab. Das ist wichtig, damit der Teilnehmer seine Leistungen, auch im Vergleich zur Klasse, im Auge behält. Wir qualifizieren unsere Teilnehmer für ihren Beruf. Auf das Kennen und Können am Arbeitsplatz kommt es schließlich an.

Vermitteln Sie die Fachkräfte nach der Ausbildung auch weiter?

Struck: Wir unterstützen unsere Absolventen, sofern sie nicht schon während des Lehrgangs von Unternehmen geworben werden, intensiv bei ihrer Bewerbung. Wir nutzen aber auch unsere guten und langjährigen Kontakte zu Firmen. Außerdem sehen die meisten CDI-Qualifizierungen Betriebspraktika am Ende vor. Hieraus resultieren oftmals Festanstellungen. Im Dezember haben wir außerdem eine Online-Jobbörse eingerichtet, um Firmen kostenlos den Kontakt zu vermitteln und unseren Absolventen ein weiteres Bewerbungsinstrument zur Verfügung zu stellen.

Wie hoch ist denn die Vermittlungsquote?

Struck: Sie liegt zwischen 75 und100 Prozent.

Gibt es Ihrer Ansicht nach eine Möglichkeit, den Mangel an Fachleuten langfristig in den Griff zu kriegen?

Struck: Ein schwerwiegendes Defizit ist doch die mangelnde Bereitschaft der Unternehmen, ihre Mitarbeiter weiterzubilden - und zwar permanent! Hier sehe ich auch einen Lösungsansatz, indem Unternehmen stärker und gezielter in ihre Mitarbeiter investieren. Wer hier spart, ist mittelfristig nicht markt- und konkurrenzfähig. Auch der einzelne Bewerber und Mitarbeiter ist gefordert, up to date zu sein. Lebenslanges Lernen wird zur Grundvoraussetzung, nicht nur für beruflichen Erfolg, die Karriere, sondern auch um sich den Arbeitsplatz zu sichern.

Die Bundesregierung mißt der IT-Branche eine große wirtschaft-

liche Bedeutung zu. Aber wie sieht es mit der praktischen Unterstützung aus?

Struck: Die Bundesanstalt für Arbeit unterstützt mit beachtlichen Mitteln die Weiterbildung, allein 1998 waren es 34 Milliarden Mark mehr als in den Jahren zuvor. Auch im Bereich der IT-Weiterbildung setzt die Bundesanstalt für Arbeit Zeichen. Um den IT-Personalnotstand in den Griff zu bekommen und Arbeitslosigkeit abzubauen, werden zeitnahe Initiativen wie das "Sofortprogramm zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit" in die Wege geleitet und mit zwei Milliarden Mark ausgestattet. Das Programm richtet sich an junge Menschen bis 25 Jahre und wird mit 600 Millionen Mark durch den Europäischen Sozialfonds gestützt.

Ist der Weg zurück auf die Schulbank ist somit die Lösung des

Problems?

Struck: Um die Möglichkeiten der modernen Informationstechnologie nutzbar zu machen und dem IT-Fachkräftemangel zu begegnen, erweist sich mittel- und langfristig die Aus- und Weiterbildung einfach als effektivstes Instrument. Das Informationszeitalter hat begonnen, und wir müssen uns darüber im klaren sein, daß sich die beruflichen Anforderungen verändert haben und auch weiterhin verändern werden. Nur wer hier am Ball bleibt, sich weiterbildet, kann mithalten.

Frank Struck: "Ein schwerwiegendes Defizit ist die mangelnde Bereitschaft der Unternehmen, ihre Mitarbeiter weiterzubilden."

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