CE-Zertifizierung

15.04.1999

München: Eine große Hürde für die assemblierenden Händler ist die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zur Gerätesicherheit und elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV), die sogenannten CE-Bestimmungen. ComputerPartner hat die verschiedenen Richtlinien unter die Lupe genommen.Bei den CE-Bestimmungen handelt es sich um europaweit gültige gesetzliche Bestimmungen, die beim "Inverkehrbringen" eines Produkts einzuhalten sind, worunter auch das Importieren von Waren in die EU zu verstehen ist.

Ein Beispiel: Distributor X importiert Monitore des Herstellers Y, die unter dem Markennamen des Produzenten in Verkehr gebracht werden. Der Distributor hat nunmehr die CE-Konformität nachzuweisen, kann dies aber auf relativ einfache Weise vollziehen, indem er sich die Prüfzertifikate des Herstellers zeigen läßt.

Wird der Monitor jedoch unter einem eigenen Markennamen (Eigenmarke) vertrieben, so müssen die Prüfzertifikate eben auf diese Marke lauten, der Distributor muß also die entsprechenden Prüfungen bei einem CE-Prüflabor in Deutschland vornehmen lassen. Vorliegende Prüfprotokolle des Originalherstellers können diese Prozedur jedoch beschleunigen und so zur Kostenreduzierung beitragen.

Bei einem PC ist die Situation ungleich komplizierter: Die Wahrscheinlichkeit, daß für die vorgesehene Kombination der Komponenten bereits Zertifikate oder Prüfprotokolle vorliegen, ist naturgemäß äußerst gering, mit der Folge, daß nahezu jede angestrebte Konfiguration einem CE-Test unterzogen werden muß. Bei Kosten von einigen tausend Mark pro vollständiger CE-Prüfung ist dies bei kleinen Stückzahlen (kleiner als 500 pro Modell) aus wirtschaftlicher Sicht kaum zu vertreten.

Auch sogenannte Build-to-Order-Systeme (BTO), die in relativ kleinen Stückzahlen, aber nahezu beliebigen Produktkombinationen assembliert werden, müssen den CE-Vorschriften entsprechen. Beim (nachträglichen) Einbau von Zusatzkomponenten - zum Beispiel beim Aufrüsten eines Rechners - werden die CE-Bestimmungen erneut berührt. Eine CE-Prüfung sollte ein Distributor,

Systemhaus oder Händler besser nicht selber durchführen, sondern durch spezielle EMV-Labore vornehmen lassen, die ihre Kunden auch eingehend beraten können, welche Vorschriften und Prüfungen bei einem PC zu beachten sind. Ein eigenes Prüflabor ist für den "gemeinen Händler" schlicht unerschwinglich und dürfte im Regelfall Investitionen im sechs- bis siebenstelligen Bereich erfordern.

Tips für den Händler

Wie kann man nun den CE-Bestimmungen genügen, ohne sich bei der Vielfalt der gängigen Konfigurationen aufzureiben und natürlich auch finanziell zu verausgaben?

Grundsätzlich sollte man produktpolitisch die Zahl der in Frage kommenden Komponenten soweit wie möglich reduzieren. Die Philosophie "wenn Motherboard A mal nicht verfügbar ist, dann bauen wir halt Motherboard B ein" läßt sich mit den CE-Regularien nicht in Einklang bringen. Man sollte also einen Komponentenbaukasten konzipieren, der aus maximal zwei oder drei Gehäusen besteht und höchstens zwei oder drei Motherboards, Grafikkarten, CPUs sowie Festplatten aufweist. Ist ein solcher Baukasten definiert, sollte man noch Regeln festlegen, nach denen die Komponenten kombiniert werden dürfen; denn nicht alles, was per Matrix kombinierbar ist, hat technisch Sinn. Nachdem man auf diese Weise die Anzahl möglicher Kombinationen gesenkt hat, sollten nun noch Barebone-Systeme, bestehend aus Gehäuse, Netzteil und Motherboard festgelegt werden. Für jedes Barebone-System muß der Händler einen CE-Test vornehmen lassen.

Dieser läuft dann nach folgendem Schema ab: In einem Barebone-System sucht man jene CPU, mit der die Störungsaussendung am höchsten ist. Der so ermittelte Prozessor wird dann als "Worst-Case-CPU" (WCCPU) bezeichnet. Mit diesem Barebone inklusive der WCCPU mißt man anschließend alle Grafikkarten und bestimmt auch hier diejenige mit den schlechtesten Strahlungswerten. Es folgen sukzessive alle übrigen Bauteile, bis die gesamte Konfiguration überprüft wurde. Am Ende der Prozedur hat man einen "Worst-Case-PC" (WCPC) ermittelt, von dem man mit relativ großer Wahrscheinlichkeit annehmen darf, daß die Auswechselung einer stark strahlenden durch eine strahlungsärmere die EMV-Eigenschaften nicht verschlechtert. Ist dieser WCPC also EMV-konform, so kann dies auch für den Baukasten mit diesem Barebone angenommen werden. Soll später noch eine neue Komponente Bestandteil des Baukastens werden, so muß dies nur noch gegen den WCPC gemessen werden, um für den gesamten Baukasten als konform zu gelten.

In der Vergangenheit haben sich einige "EMV-Clubs" gegründet. Dort kann man als Händler oder Hersteller Mitglied werden und hat Zugriff auf die gesamte Messungsdatenbank des Labors. Im Laufe der Zeit hat sich für die marktüblichen Komponenten eine stattliche Datenbasis gebildet. Daher kann man vor Planung einer neuen Konfiguration nachschauen, ob Gehäuse X mit Mainboard Y und CPU Z schon mal getestet wurde und die gesetzlichen Normen einhält. Eventuell kann man durch leichte Modifizierung der Konfiguration eine bereits getestete Version anbieten, was dann im Endeffekt einige tausend Mark Ersparnis bedeutet. Gerade bei marktüblichen Komponenten und Markenkomponenten ist der Synergieeffekt eines solchen Zusammenschlusses recht groß. Verbunden mit einer solchen Mitgliedschaft sind oftmals reduzierte Preise für EMV-Prüfungen sowie teilweise sogar eine gewisse Anzahl von "Freitests" pro Jahr. (uk/os)

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