CES 2003: IT-Firmen nehmen UE-Markt ins Visier

16.01.2003
Während andere große Technikmessen über zurückgehende Aussteller- und Besucherzahlen klagen, herrscht bei der CES eitel Sonnenschein. Die diesjährige Veranstaltung hat gezeigt, dass immer mehr Firmen aus dem Computerbereich die Messe als Sprungbrett in die Welt der Unterhaltungselektronik erkannt haben.

Wenn es noch Beweise bedurfte, dass Computertechnik und Unterhaltungselektronik immer mehr miteinander verschmelzen, dann dürften sie jetzt gefunden sein: Bei der Consumer Electronics Show(CES) in Las Vegas tummelten sich in diesem Jahr so viele Hersteller aus dem Computerbereich wie noch nie. Prominenteste Neulinge unter den 2.283 Ausstellern waren Chip-Krösus Intel und Netzwerk-Gigant Cisco. Und wenn Microsoft-Chef Bill Gates am Vorabend der Ausstellung abermals die Keynote-Rede zur Messeeröffnung hält, muss das schon etwas bedeuten.

Personalisierte Nachrichten auf der Armbanduhr

Der laut Forbes reichste Mann der Welt des Jahres 2002 hatte jede Menge Initiativen Microsofts in der Unterhaltungselektronik im Gepäck. Allen voran "Spot" (Smart Personal Objects Technology), eine Technik, die Alltagsgegenständen ein intelligentes (Microsoft-)Innenleben einhauchen soll. Gates präsentierte zum Beispiel eine Armbanduhr, auf der der Besitzer nicht nur die Uhrzeit ablesen kann, sondern auch Kalendereinträge, E-Mail- und Internet-Nachrichten. Als Übertragungskanal dient die Funktechnik "Direct Band", die von Microsoft und der Firma SCA Data Systems derzeit entwickelt wird. Erste Modelle dieser Uhren werden von den Firmen Abacus, Citizen, Fossil und Suunto für den kommenden Herbst erwartet. Schwacher Punkt des Ganzen: Mit den Uhren wird es nicht möglich sein, Daten zu versenden; sie dienen lediglich als Informationsempfänger.

Gates zeigte auch einen portablen Videoplayer - also einen Walkman mit Bildausgabe -, den Microsoft zusammen mit Viewsonic, Sanyo und Samsung entwickelt. Zu sehen war auch ein Tablet-PC-ähnlicher Monitor aus der "Mira"-Architektur, mit dem sich zum Beispiel auch vom Bett aus im Internet surfen lässt. Normalerweise dient das "Smart Display" als herkömmlicher Flachbildschirm. Entnimmt man ihn jedoch aus seinem Standfuß, baut er über WLAN eine Verbindung mit dem Computer im Wohn- oder Arbeitszimmer auf. Erste Smart Displays von Viewsonic und Philips werden schon für die kommenden Wochen erwartet.

Neben Microsoft hat auch Intel, das in der vergangenen Woche sein Debüt auf der CES gab, bei diesen Geräten seine Finger im Spiel. Neue User ansprechen und neue Betätigungsfelder für den Computer aufzeigen - das waren für den Chip-Hersteller die Hauptgründe, in Las Vegas aufzutauchen. Schließlich sei, so Intel-CEO Craig Barrett, der Pentium 4 nicht entwickelt worden, damit Word oder Excel schneller laufen. Er sei gebaut worden, um multimediale Inhalte schneller berechnen zu können. Und jetzt, ergänzte Barrett, sei die Zeit reif, um in den Markt für Endverbrauchergeräte einzusteigen.

Auch Netzwerkausrüster Cisco hat den Consumer-Markt entdeckt. Ein auf der CES vorgestellter "Heim-Router" mit vier Ethernet- und zwei Voice-Ports soll helfen, ein heimisches LAN aufzubauen.

Und damit ist auch schon ein anderes zentrales Thema der CES angesprochen: Die Frage, wie und womit sich Unterhaltungselektronikgeräte zu Hause künftig am besten vernetzen ließen. Einig ist sich die Branche darüber aber noch nicht. Pioneer ist zum Beispiel der Meinung, dass brauchbare Lösungen nur von Seiten der Unterhaltungselektronik kommen könnten. Den PCs fehle es an den nötigen Audio- und Videofähigkeiten, um als AV-Server einen oder mehrere in der Wohnung verteilte AV-Clients zu bedienen. Panasonic glaubt dagegen an das so genannte "omnifunctional networking Environment" ("one"). Im Mittelpunkt steht ein Server, der Festplatte sowie DVD-Laufwerk besitzt und per WLAN mit AV-Clients kommuniziert sowie direkt an Digitalfernseher angeschlossen wird.

Strittige Frage Heimnetzwerk

Sony sieht hingegen das Fernsehgerät im Zentrum des Home-Networks. Der PC ist dabei nur Zulieferer von Daten, genau so wie andere Audio- oder Videoquellen und Spielekonsolen. Dem widerspricht Dell: Kein noch so großer oder flacher Fernseher werde die Rolle einer multimedialen Zentrale übernehmen können. Vielmehr würden künftige PCs durch einen Personal Video Recorder (PVR) und integriertem TV-Tuner als Schaltzentrale digitaler Unterhaltung von sich reden machen.

Aufmerksamkeit erregte auf der CES auch der "Memory Stick Pro" von Sony. Den Nachfolger des Memory-Stick wird es ab März mit Kapazitäten von 256 MB, 512 MB und 1 GB geben. Kleiner Wermutstropfen: Zu herkömmlichen Memory-Stick-Lese- und Schreibgeräten ist der Neue nicht kompatibel. Im Herbst will dann Panasonic mit einer 1-GB-Variante der SD-Karte nachziehen. Unter den vielen Ankündigungen auf der CES soll zu guter Letzt noch eine Armbanduhr von Casio erwähnt werden, in die eine Digitalkamera integriert ist. Das geschossene Schwarzweißfoto kann auf dem 20 x 20 Millimeter großen Display der Uhr angezeigt und anschließend per Infrarotschnittstelle direkt oder über einen Adapter an einen PC übertragen werden.

www.ce.org

www.cesweb.org

ComputerPartner-Meinung:

Wer wissen wolle, was Weihnachten in den Regalen stehe, müsse zur CES kommen, hat ein Besucher in Las Vegas gesagt. Recht hat er. Denn was die Trends in der Unterhaltungselektronik betrifft, ist die CES das Maß aller Dinge. Was dieses Jahr auffiel, war das Engagement führender Firmen des IT-Sektors. Und das verdeutlicht, wie ernst Microsoft, Intel oder Cisco es im UE-Markt meinen. (tö)

Facts & Figures

Die 37. Consumer Electronics Show (CES) fand vom 9. bis 12. Januar 2003 in Las Vegas statt. Nach 99.438 Besuchern im Jahr 2002 fanden diesmal 116.687 Menschen aus 128 Ländern den Weg in die Glücksspiel-Hauptstadt, um 2.283 Firmen auf etwa 116.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche zu sehen - allesamt neue Bestmarken. Veranstalter Consumer Electronics Association (CEA) bot darüber hinaus ein Konferenzprogramm mit über 100 Vorträgen an. Die CES fand erstmals 1967 in New York mit 200 Ausstellern und 17.500 Besuchern statt. (tö)

Premieren auf der CES

Die CES behauptet von sich, eine Messe der Premieren zu sein. Folgende Produkte oder Technologien wurden nach Angaben des Veranstalters bei der CES das erste Mal der Öffentlichkeit gezeigt:

- Videorekorder (im Jahr 1970)

- Laserdisc-Player (Bildplattenspieler; 1974)

- Camcorder (1981)

- CD-Player (1981)

- Digital Audio Technology (digitale Verarbeitung von Audiosignalen; (1990)

- Compact Disc Interactive (Vorläufer der DVD; 1991)

- Radio Data System (Datenübertragung per Funk; 1993)

- Mini Disc (1993)

- Digital Satellite System (digitale Datenübertragung per Satellit; 1994)

- DVD (1996)

- High Definition Television (HDTV; 1998)

- Videorekorder mit Festplatte (1999)

- Digital Audio Radio (DAR; 2000)

- Microsoft Xbox (2001) (tö)

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