Change Management

Change geht an die Substanz - Erfolgreicher Wandel ist eine Frage der Unternehmenskultur

Andreas ist CEO der ahd GmbH & Co. KG sowie Präsident der IHK Arnsberg. Er beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit den Zukunftskonzepten von IT-Dienstleistungen sowie den Herausforderungen im Veränderungsmanagement, in der Ausbildung sowie bei der Gewinnung von Fachkräften in der IT
Fortschritt braucht Veränderung. Immer mehr Unternehmen erkennen das und begegnen dem Wandel mit gezielten Initiativen. Jedoch selten mit Erfolg, wie aktuelle Studien zeigen. Doch mit der richtigen Strategie lässt sich das ändern.
Unternehmen müssen zunehmend wandlungsfähiger werden, dabei darf die Unternehmenskultur der Veränderung nicht im Weg stehen.
Unternehmen müssen zunehmend wandlungsfähiger werden, dabei darf die Unternehmenskultur der Veränderung nicht im Weg stehen.
Foto: Leszek Glasner - shutterstock.com

Wir leben in dynamischen Zeiten. Niemals zuvor wurde uns in Wirtschaft und Gesellschaft eine derart hohe Anpassungsfähigkeit abverlangt wie heute. Vor allem die Globalisierung und die Digitalisierung führen zu einer immer höheren Komplexität. Unternehmen sehen sich vermehrt Situationen gegenüber, in denen sie sich verändern müssen, um die eigene Zukunft zu sichern.

Aktives Change Management bedeutet, diese gegenwärtigen Veränderungen nicht einfach über sich ergehen zu lassen, sondern den Wandel selbst zu gestalten. Allerdings ist dies für Unternehmen nicht selten eine große Herausforderung - oder sogar Überforderung. Laut der aktuellen Change-Fitness-Studie der Mutaree GmbH konnten Unternehmen und Organisationen in den vergangenen zwei Jahren gerade einmal 23 Prozent ihrer Change-Projekte erfolgreich abschließen. Und nur vier Prozent der Befragten bezeichnen ihr Unternehmen als "change-fit" oder wandlungsfähig. Eine schwache Bilanz. Doch worin liegt diese begründet und was sind die Hürden, an denen Veränderungsprojekte scheitern?

Bewährte Strukturen werden verteidigt

Das Beratungsunternehmen Capgemini ist dieser Frage im Kontext des digitalen Wandels nachgegangen. Die Studie der Marktforscher zeigt, dass vielen Unternehmen nicht nur eine digitale Zukunftsvision fehlt, sondern vor allem die etablierte Unternehmenskultur von den Befragten als hemmend für Veränderungsprozesse eingestuft wurde. Bewährte Strukturen werden von den Mitarbeitern verteidigt, Veränderungen erzeugen Abwehrreaktionen. Deswegen ist Kommunikation entscheidend. Es ist schlichtweg unerlässlich, mit den betroffenen Mitarbeitern in den Austausch zu gehen und möglichen Fragen und Sorgen mit einer greifbaren Zukunftsvision zu begegnen. Aber reicht das?

Wenn sich ein Unternehmen heute responsiver und wandlungsfähiger aufstellen möchte, muss es zwingend auch die eigene Unternehmenskultur unter die Lupe nehmen. Bietet diese überhaupt gute Voraussetzungen für erfolgreiche Veränderungen?

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Digitalisierung verändert traditionelle Strukturen

Aber was macht sie eigentlich aus, die Kultur eines Unternehmens? Häufig wird die Unternehmenskultur auch als soziales Gedächtnis einer Organisation bezeichnet. Sie ist ähnlich wie unser gesellschaftliches Normen- und Wertesystem über einen langen Zeitraum erlernt und erprobt und bietet den Mitarbeitern Entscheidungs- und Orientierungshilfen im Berufsalltag. Die Kultur geht aus den Mitarbeitern selbst hervor. Sie beschreibt, was das Unternehmen ausmacht, aber auch was die Mitarbeiter ausmacht. Wer sind wir eigentlich? Wofür stehen wir? Was ist der Sinn unseres Handelns?

Hier kann es ein erster Schritt sein, sich zu vergegenwärtigen, welche einzelnen Berufsrollen und Mitarbeitertypen es eigentlich im Unternehmen gibt. Ähnlich der Entwicklung von Personas und Zielgruppen, wie man es aus dem Marketing kennt. Zugleich geht es um die Suche nach positiven Eigenschaften, die alle Mitarbeiter verbinden und gemeinsam auszeichnen, zum Beispiel Teamfähigkeit, Kommunikationsstärke, Kreativität oder Gewissenhaftigkeit.

Fest steht: Eine Unternehmenskultur ist natürlich vor allem geprägt durch die Rahmenbedingungen, unter denen sie sich über Jahre herausgebildet hat. Wenn sich der Rahmen ändert, gerät auch die Kultur auf den Prüfstand.

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Fundamentale Frage: Wie gehen wir mit Fehlern um?

So sind es in diesen Tagen häufig Veränderungsprozesse im Kontext der digitalen Transformation, die zu einer Herausforderung für die etablierte Kultur vor allem in traditionell strukturierten Unternehmen werden. Digitale Lösungen stellen gewachsene Strukturen auf den Kopf. Neue Transparenz entsteht, Hierarchien fallen weg, Entscheidungswege verändern sich, die Interaktion zwischen Mitarbeitern wird neu justiert.

Durch den digitalen Wandel, der viel mit dem Erlernen neuer Arbeitsabläufe und Systeme zu tun hat, rücken plötzlich fundamentale unternehmenskulturelle Werte in den Mittelpunkt: Fehlertoleranz, der Umgang mit Konflikten, Lernwilligkeit, Offenheit.

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Wie soll sich ein Mitarbeiter, der Jahrzehnte in einem Unternehmen mit Null-Fehler-Toleranz gearbeitet hat, auf einen Wandel einlassen, der unweigerlich zu Fehlern führen wird? Hier ist das Aufbrechen alter Strukturen und die Erneuerung der Unternehmenskultur unumgänglich. Insbesondere da, wo Arbeitsabläufe einem starken Wandel unterzogen werden, muss eine moderne Fehlerkultur im Unternehmen verankert sein. Nur so können die Betroffenen sich mit den Neuheiten vertraut machen und sich diese aneignen - und das ohne die Sorge, bei Fehlern unangenehme Konsequenzen tragen zu müssen oder an Anerkennung zu verlieren. So schwindet die Scheu, die letztlich vor allem bei der persönlichen Neuausrichtung hemmt und ein Hindernis für den erfolgreichen Wandel ist.

Fazit: Veränderung beginnt an der Wurzel

Längst hat der tiefgreifende Wandel der Digitalisierung alle Branchen erfasst. Kaum ein Unternehmen wird noch lange genauso weitermachen können wie bisher. Es ist deshalb an der Zeit, die eigene Unternehmenskultur auf den Prüfstand zu stellen und Barrieren aus dem Weg zu räumen, die die Wandlungsfähigkeit einschränken.

Die hohe Zahl an gescheiterten Veränderungsprojekten zeigt, dass Change Management nicht nur einzelne Mitarbeiter und separate Teile des Unternehmens betrifft. Tiefgreifende Veränderungen wie der digitale Wandel haben Einfluss auf das ganze Unternehmen. Nicht nur einzelne Abläufe werden sich in den meisten Organisationen in den nächsten Jahren verändern.

Zukunftssicher ist deshalb vor allem die Unternehmenskultur, die Veränderung als Daueraufgabe begreift und damit umzugehen weiß. Nur wenn es hier zu einer Erneuerung kommt, die in die Tiefe geht, anstatt ausschließlich an der Oberfläche zu kratzen, kann Neues langfristig im Unternehmen ankommen, sich festigen und Akzeptanz finden. Das ist die Grundlage dafür, in disruptiven Zeiten erfolgreich zu sein.

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