Channel Champions, Teil 2: die Software-Hersteller

28.09.2000
Sie werden geliebt oder verabscheut: Die Wahl des Software-Anbieters kommt für viele einem Glaubensbekenntnis gleich. In der zweiten Folge der ComputerPartner-Studie "Channel Champions" beurteilt Deutschlands IT-Fachhandel die Software-Unternehmen.

Man muss kein Branchen-Insider sein, um Microsoft zu kennen. Über den Software-Riesen aus Redmond und seinen Gründer Bill Gates ist in den vergangenen Jahren so viel berichtet worden, dass man eigentlich anders herum fragen müsste: Wer kennt Microsoft nicht? Deshalb sind die Erstplatzierung und die hohe Bekanntheit des Unternehmens bei den Fachhändlern und Systemhäusern keine Überraschung (siehe Grafik 1). Die hohe Nennrate zeigt nur, wie sehr es Microsoft geschafft hat, andere Software-Anbieter in den Schatten zu stellen: Zuerst kommt Microsoft und dann lange nichts. Und ausgerechnet Novell, das Unternehmen, dessen Börsenkurs in letzter Zeit aufgrund unbefriedigender Quartalsergebnisse heftig ins Schlingern geraten ist, wird am zweithäufigsten genannt. Daran merkt man, dass die Antwortenden Branchen-Insider sind: Ihnen ist der Konkurrenzkampf des Netware-Anbieters mit Microsoft noch so gut in Erinnerung, dass die Nennung des einen die des anderen automatisch hervorruft. (Diese Befragung verlief ungestützt.)

E-Commerce-Software-Hersteller kaum bekannt

Zwei Unternehmen fehlen gänzlich in dieser Befragung: Deutschlands Vorzeige-Softwerker SAP und der Börsen-Shootingstar Intershop, die im Gegensatz zu den meisten anderen deutschen Software-Anbietern auch im Ausland sehr bekannt sind. Generell haben es die Anbieter von E-Commerce-Lösungen noch nicht geschafft, sich bei den Wiederverkäufern als Marke zu etablieren. Kein einziges dieser New-Economy-Unternehmen wird genannt. Newcomer brauchen für das Branding eben einen langen Atem und viel Geld.

Unternehmensgröße und Markenbekanntheit gehen nicht immer Hand in Hand. Oracle, mit 10,1 Milliarden Dollar Jahresumsatz der weltweit zweitgrößte SoftwareAnbieter, liegt beim Bekanntheitsgrad gerade mal im Mittelfeld. Nur 5,8 Prozent der Befragten fält beim Stichwort "Software" der Datenbank-Spezialist ein. Die Breitseiten, die Oracle-Gründer Larry Ellison so gerne gegen die Nummer eins schießt, scheinen der Bekanntheit des Unternehmens in Deutschland nicht viel zu nutzen.

Dem drittgrößten Anbieter, Computer Associates, ergeht es keinen Deut besser: Auch seine Nennrate liegt im einstelligen Bereich, wenngleich noch vor Oracle. Dass der Branchenriese IBM neben Hardware auch Software anbietet, kommt nur elf Prozent der Befragten in den Sinn. Ähnliches gilt für den Serverspezialisten Sun.

Corel und Adobe haben es da besser. Ihre Produkte, Graphik- und Webpublishing-Software, sind viel "greifbarer" als Application-Ser-ver oder Datenbanken. Deswegen erreichen sie diese hohe Bekanntheit.

Adobe ist der unbestrittene Favorit der Händler in der Kategorie Software. Sie schätzen den viertgrößten amerikanischen Software-Hersteller sogar als ebenso erfolgreich ein wie Microsoft - ein beachtliches Ergebnis (siehe Grafik 5). Noch dazu erhält der Photoshop-Anbieter in allen Imagefragen ebenfalls die besten Noten: Die Produktqualität stimmt, die verwendeten Technologien sind zukunftsträchtig. Kurz und gut: Das Unternehmen braucht sich nach Meinung der Befragten um seine Zukunft keine Sorgen zu machen. Und im Gegensatz zur Nummer eins im Software-Business ist Adobe den Wiederverkäufern auch noch sympathisch (siehe Grafiken 3 bis 8).

Microsoft dagegen rutscht bei den Sympathiewerten auf den vorletzten Platz und gilt bei den Händlern obendrein nicht gerade als zuverlässiger Partner. Und das, obwohl das Unternehmen seine Produkte ausschließlich über den Zwischenhandel vertreibt.

Datenbankanbieter Oracle fiel den Befragten zwar spontan nicht gerade oft ein, das gute Image des Unternehmens bei Deutschlands IT-Handel steht aber außer Frage. In allen Aspekten erreicht Oracle die zweitbesten Noten.

Über eine ähnlich positive Wertung kann sich der deutsche Anbieter Tobit freuen. Seine Image-noten sind durch die Bank überdurchschnittlich. Für ein Unternehmen, das von der Größenordnung her nicht mit den ander-en Software-Anbietern mithalten kann, ist das ein großer Erfolg. Der Handel bestätigt die Selbsteinschätzung "klein, aber fein" der Ahauser.

Schlusslichter Sage KHK und Apiras

Auffällig ist, wie gleichgültig die Befragten Computer Associates (CA) gegenüberstehen. Während die anderen großen Firmen Emotionen wecken, bewegt sich das Urteil über den drittgrößten Anbieter immer im Mittelfeld. Keine Ausschläge ins Positive oder ins Negative. Entweder liegt das daran, dass die Befragten die Produkte (Unicenter TNG, Network-It) nicht einordnen können, oder es fällt ihnen schwer, CA irgendein Profil zuzuschreiben. Das Unternehmen macht ja immer wieder durch Zukäufe kleinerer Software-Firmen auf sich aufmerksam, doch da besteht leicht die Gefahr, zum Bauchladen-Anbieter zu mutieren.

Noch ein Wort zu den beiden Letztpositionierten: Sage KHK ist den Befragten zwar bekannter als Apiras, bei der Imagebestimmung rangieren beide aber einträchtig auf den letzten Plätzen. Sage KHK hat in letzter Zeit eher durch den Streit um Lizenzgebühren und durch Personalwechsel auf sich aufmerksam gemacht als durch die Pro-dukte. Der neue Deutschland-Geschäftsführer Peter Dewald hat also eine Menge zu tun, um das Ansehen des Unternehmens zu verbessern. Generell finden sich die Anbieter betriebswirtschaftlicher oder kaufmännischer Software auf den hinteren Plätzen der Imagebefragung. Das hängt sicherlich damit zusammen, dass ihre Produkte nicht so trendy sind wie Suns Java oder Adobes Acrobat Reader.

Ein weiterer Imagetest war die Frage, für welches Unternehmen man gerne arbeiten würde (siehe Grafik 9). Trotz der niedrigen Sympathiewerte liegt Microsoft hier wieder auf Platz eins. Eine verständliche Wahl, wenn man liest, wie viele Aktienmillionäre es in Seattle dank Microsoft gibt. (Hat schon einmal jemand nachgerechnet, ob das Gleiche auch für Unterschleißheim gilt?) Adobes guter Ruf macht die Firma auch als Arbeitgeber attraktiv, dasselbe gilt für Tobit. Das Unternehmen liegt sogar noch vor Branchengrößen wie Hewlett-Packard oder Sun Microsystems.

Was ist Software-Händlern wichtig?

Markenbekanntheit und Image sind nicht alles, entscheidend ist auch, wie die Lieferanten mit ihren Partnern im Vertriebsalltag umgehen. Deswegen hat Computer-Partner bei den Software-Händlern nachgehakt, welche Unterstützung ihnen am wichtigsten ist (siehe Grafik 2).

Im Unterschied zu den PC-Händlern (siehe ComputerPartner 32, Seite 32) legen Software-Verkäufer großen Wert auf ein gutes Schulungsangebot. 74 Prozent schätzen die Weiterbildungsmaßnahmen der Software-Anbieter, verständlich, wenn man die Häufigkeit der Releases betrachtet. Auch die Projektunterstützung, von den PC- und Notebook-Händlern verschmäht, spielt für die Software-Verkäufer eine wichtige Rolle. Von wem sie die Produkte beziehen, scheint ihnen dagegen eher gleichgültig zu sein: Die eine Hälfte der Befragten würde gerne direkt beim Hersteller einkaufen, der anderen ist das nicht wichtig. Auch neue Bezugsmöglichkeiten wie die Internet-Bestellung sind für den Fachhandel kein aufregendes Thema, wichtiger ist ihnen ein geschlossener Web-Bereich, in dem ihre Anfragen kompetent beantwortet werden. (is)

In der kommenden Ausgabe berichtet ComputerPartner über das Image der Distributoren im deutschen IT-Handel.

ComputerPartner Studie "Channel Champions"

2.400 Händler sind befragt worden

Wie steht es um die Markenbekanntheit der IT-Anbieter bei deutschen PC-Fachhändlern und Systemhäusern? Welche Eigenschaften schätzen die Wiederverkäufer an Distributoren, PC- oder Netzwerkanbietern? Wo-rauf kommt es ihnen bei der Lieferantenauswahl an?

Antworten auf diese und viele weitere Fragen gibt jetzt die ComputerPartner-Studie "Channel Champions". Dazu hat ComputerPartner Mitte des Jahres 2.400 IT-Wiederverkäufer, also Fachhändler und Systemhäuser, telefonisch befragt. Durchgeführt wurde die Untersuchung von dem Institut Millward Brown International Basisresearch GmbH in Frankfurt. Das Institut hat ausschließlich solche Personen interviewt, die hauptberuflich im IT-Handel tätig und an Unternehmensentscheidungen beteiligt sind.

Insgesamt wurden sechs verschiedene Anbieterkategorien unter die Lupe genommen: PC-/Notebook-Hersteller, Software-Hersteller, Distributoren, Netzwerkanbieter, Monitor- sowie Druckerhersteller. Die Ergebnisse jeder Kategorie veröffentlicht ComputerPartner in den folgenden Ausgaben. Die ComputerPartner-Channel-Champions, diejenigen Unternehmen also, die aus Händlersicht unter allen IT-Lieferanten ihrer Kategorien am besten abgeschnitten haben, werden am 8. November auf der Systems gekürt.

Übrigens: Wenn Sie eines der Ergebnisse kommentieren möchten, schreiben Sie an die Redaktion redaktion@computerpartner.de und sagen Sie uns Ihre Meinung.

Zur Startseite