Channel Champions, Teil 3: die Distributoren

10.05.2000
Die wenigsten Wiederkäufer werden direkt von den Herstellern beliefert. Der Großteil kauft bei Distributoren ein, die neben dem Versenden von Waren weitere Services für den Handel erbringen. Die dritte Folge der ComputerPartnerStudie "Channel Champions" untersucht, wie zufrieden Deutschlands IT-Handel mit der Leistung der Distributoren ist.

Computer 2000 ist der bekannteste IT-Distributor in Deutschland. 60 Prozent der befragten IT-Händler und Sys-temhäuser fallen zum Stichwort Distribution als erstes der Münchener Broadliner ein. Damit führt die deutsche Tech-Data-Tochter klar vor den Mitbewerbern Ingram Macrotron und Actebis. Peacock und P&T erreichen noch zweistel-lige Nennraten, während sich alle anderen Nennungen im einstelligen Prozentbereich bewegen. Das ist verständlich, weil es die Spezialisierung dieser Distributoren widerspiegelt. Die Erstgenannten bieten ein breites Produktsortiment an. Die Unternehmen mit den einstelligen Raten sind dagegen auf unterschiedliche Produktkategorien oder bestimmte Hersteller fokussiert.

Von der Spezialisierung her vergleichbar sind Raab Karcher, Adiva, Magirus und die Workstation 2000. Dass Raab Karcher bekannter ist als die anderen Unternehmen, hängt sicherlich damit zusammen, dass der Distributor durch den Exklusiv-Vertrieb der Eizo-Monitore in Deutschland eine Sonderstellung gegenüber seinen Mitbewerbern einnimmt.

Die Straubinger Also ABC Trading, noch ein Newcomer im Distributionsmarkt, kann einen Achtungserfolg verbuchen. Das Unternehmen ist erst seit 1995 als Distributor in Deutschland aktiv und trotzdem bekannter als beispielsweise die Adiva GmbH oder Workstation 2000, die bereits seit 1991 beziehungsweise 1990 im Distributionsgeschäft tätig und auf Messen traditionell viel stärker vertreten sind als die Also ABC Trading.

Und wo bleibt Computerlinks?

Es gibt so viele kleinere bis mittlere Distributionsunternehmen in Deutschland, dass nicht alle von den Befragten aufgezählt oder häufig genannt werden können. Das Fehlen eines Distributors bei dieser Befragung ist aber auffällig: Computerlinks zählt laut dieser Studie nicht zu den bekanntesten IT-Distributoren, obwohl das Unternehmen seit über einem Jahr am Frankfurter Neuen Markt gelistet ist. Schon allein aufgrund der Börsennotierung müsste Computerlinks viel präsenter sein als viele der hier genannten Firmen. Allerdings: Computerlinks selbst achtet peinlich darauf, sich nicht selbst als Distributor zu bezeichnen, wohl weil die Münchener ansonsten einen negativen Einfluss auf die Börsenbewertung befürchten.

Auch die DNS GmbH fehlt. Die ehemalige CHS-Tochter gehört seit September 1999 zur Dnsint.com AG. Seit dem Niedergang des Broadliners ist es um den Network-Computing-Spezialisten ruhig geworden, während zum Beispiel Workstation 2000 sicherlich von der Assoziation mit der Muttergesellschaft Computer 2000 profitieren kann.

Lieferbereitschaft ist das A und O

Welche Anforderungen muss jeder Distributor, unabhängig von seiner Größe, auf jeden Fall erfüllen? Logisch, er muss liefern können und, wenn das Produkt nicht funktioniert, für einen schnellen Ersatz sorgen. Für knapp 92 Prozent der Befragten ist die strikte Einhaltung der Liefertermine am wichtigsten (siehe Grafik 2). Doch fast ebenso wichtig (91 Prozent) ist ihnen eine schnelle und unkomplizierte Reklamationsbearbeitung. Da ITSysteme für die Kunden der Sys-temhäuser und Fachhändler geschäftskritisch sind, sind schnelle Belieferung und unkomplizierter Austausch ein Muss.

Die Kommunikation zwischen Kunden und Distributoren findet vor allem telefonisch statt. Die größeren Distributoren beliefern so viele Kunden, dass sich diese am Telefon meistens zuerst mit ihrer Kundennummer melden, anstatt mit ihrem Namen. Bei so viel unpersönlicher Ansprache ist es nur verständlich, dass die große Mehrheit der Befragten (83,5 Prozent) einen ihr zugewiesenen Ansprechpartner wünscht. Der kann sich dann nämlich auch für seine Kunden einsetzen, wenn ein Produkt knapp ist oder die Reklamationsbearbeitung zu lange dauert. Diese persönliche Betreuung gehört auch zu den Aufgaben der Außendienstmitarbeiter.

Da sie aber normalerweise nur die Top-Kunden besuchen, kommt lediglich eine kleine Zahl von Sys-temhäusern in den Genuss der persönlichen Aufmerksamkeit dieser Mitarbeiter. Die große Mehrheit der Befragten hält demnach die Abteilung "Außendienst" bei einem Großhändler für nicht entscheidend.

Messepräsenz und Roadshows

Man sollte meinen, dass die Händler jede Gelegenheit schätzen, sich mit den Mitarbeitern ihres Lieferanten persönlich zu treffen. Deshalb ist es erstaunlich, dass Fachhandels-Roadshows und die Messepräsenz der Distributoren eher gering geschätzt werden. Eine Erklärung könnte sein, dass viele der Befragten keine Zeit haben, Messen oder Roadshows zu besuchen, und deswegen solche Veranstaltungen als weniger wichtig erachten.

Bereits bei der Imagestudie der PC-Hersteller (siehe ComputerPartner 32/00, Seite 32) wurde deutlich, dass das Internet als Kommunikationsmedium bei den Wiederverkäufern einen hohen Stellenwert hat. Gleiches gilt für diese Untersuchung: Mehr als zwei Drittel der Befragten finden es wichtig, Ware bei ihrem Großhändler online bestellen zu können. Noch mehr Wert legen sie auf einen Zugriff zum Warenwirtschaftssystem ihres Distributors, damit sie schnell sehen können, ob ein Produkt verfügbar ist - ein deutlicher Appell an alle Großhändler, auf ihrer Website ein entsprechendes Tool anzubieten.

Der eigene Einstieg in den E-Commerce hat dagegen keine hohe Priorität. Nur 37 Prozent der Fachhändler und Systemhäuser meinen, dass die Großhändler ihnen ein Shop-System bereitstellen sollten, so dass sie ihre Waren auch online anbieten können. Da es solche Shop-Angebote von vielen Seiten gibt und sich die Endkunden beim PC-Kauf über das Internet noch zurückhalten, ist diese geringe Zahl verständlich.

Viel diskutiert: Bestellzeiten

Verlängerte Bestellzeiten sind ein viel diskutiertes Thema. Ein klares Votum ist aus dieser Befragung nicht abzulesen. Vor allem die Broadliner haben ihre Auftragsannahmezeiten in den vergangenen Jahren ständig verlängert. In einigen Jahren wird dieser Punkt mit Sicherheit kein Thema mehr sein, denn dann treffen die Bestellungen online ein. Und das ist rund um die Uhr möglich.

Die Broadliner liefern sich bereits seit Jahren einen ständigen Kampf um die Marktführerschaft, gemessen an den Umsatzzahlen. Schön und gut, denken sich die Kunden, aber wirklich wichtig ist ihnen die Umsatzgröße ihres Distributors nicht. Hauptsache, er ist zuverlässig. Am allerwenigsten braucht ein Distributor eine eigene PC-Marke, meint der Handel.

Die große Liebe ist nicht zu finden

Wie bewerten denn nun die IT-Händler ihre Distributoren? Offensichtlich betrachten sie die Verbindung eher als Zweckehe denn als Liebesheirat: Kein einziger Großhändler hat bei der Sympathiewertung eine Eins vor dem Komma erhalten (siehe Grafik 3). Richtige Begeisterungsstürme ruft also niemand hervor. P&T teilt sich zusammen mit Ingram Macrotron den ersten Platz. Für das im Vergleich zu den anderen Broadlinern kleinere Unternehmen ist das ein schöner Erfolg. Gleiches gilt für die Wortmann AG, die sich mit den anderen Größen den zweiten Platz teilt.

Computer 2000 ist zwar nicht der sympathischste Großhändler - den Münchnern wird ja gerne Arroganz nachgesagt -, doch dafür schneidet das Unternehmen in den anderen Kategorien am besten ab. Die Händler halten die Münchner für zuverlässig, erfolgreich und für die Zukunft bestens gerüstet (Grafiken 4 bis 6). Entsprechend deutlich fällt die Antwort auf die letzte Imagefrage aus (Grafik 7): Bei welchem Distributor würden Sie am liebsten arbeiten?

Ingram Macrotron ist dem Handel zwar sympathischer und gilt ebenfalls als zuverlässiger Partner, doch sind die Zukunftsaussichten dieses Distributors nach Ansicht der Händler nicht ganz so gut wie die des Lokalrivalen Computer 2000. Entsprechend geringer ist seine Attraktivität als potentieller Arbeitgeber.

Adivas Sympathiewert tanzt aus der Reihe: Obwohl das Unternehmen bei den anderen drei Imagefragen immer im Mittelfeld liegt, ist der Distributor offensichtlich nicht so beliebt.

Das letztplatzierte Paar Emeaa und Karma erinnert stark an Sage KHK und Apiras in der letzten Befragung zu den Software-Herstellern (siehe ComputerPartner 33/00, Seite 28).

Bei den Firmen gibt es einige Parallelen: Apiras wurde von ehemaligen Sage-KHK-Mitarbeitern gegründet, Emeaa von Ex-Karma-Leuten. Beide Paare sind im selben Geschäftsfeld tätig und unerbittliche Konkurrenten. Diese Abspaltung scheint jedoch dem Image aller Beteiligten zu schaden. Wie Sage KHK und Apiras erhalten Karma und Emeaa ständig die schlechtesten Noten. Emeaas Werte schlagen im Punkt Zuverlässigkeit und Sympathie sogar ins Negative aus. (is)

In der nächsten Ausgabe von ComputerPartner benotet der IT-Handel die Netzwerkhersteller.

ComputerPartner-Studie "Channel Champions"

2.400 Händler sind befragt worden

Wie steht es um die Markenbekanntheit der IT-Anbieter bei deutschen PC-Fachhändlern und Systemhäusern? Welche Eigenschaften schätzen die Wiederverkäufer an Distributoren, PC- oder Netzwerkanbietern? Wo-rauf kommt es ihnen bei der Lieferantenauswahl an?

Antworten auf diese und viele weitere Fragen gibt jetzt die ComputerPartner-Studie "Channel Champions". Dazu hat ComputerPartner Mitte des Jahres 2.400 IT-Wiederverkäufer, also Fachhändler und Systemhäuser, telefonisch befragt. Durchgeführt wurde die Untersuchung von dem Institut Millward Brown International Basisresearch GmbH in Frankfurt. Das Institut hat ausschließlich solche Personen interviewt, die hauptberuflich im IT-Handel tätig und an Unternehmensentscheidungen beteiligt sind.

Insgesamt wurden sechs verschiedene Anbieterkategorien unter die Lupe genommen: PC-/Notebook-Hersteller, Software-Hersteller, Distributoren, Netzwerkanbieter, Monitor- sowie Druckerhersteller. Die Ergebnisse jeder Kategorie veröffentlicht ComputerPartner in den folgenden Ausgaben. Die ComputerPartner-Channel-Champions, diejenigen Unternehmen also, die aus Händlersicht unter allen IT-Lieferanten ihrer Kategorien am besten abgeschnitten haben, werden am 8. November auf der Systems gekürt.

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