Channel Champions, Teil 3: die PC- und Notebook-Hersteller

21.11.2002
In schlechten Zeiten erinnern sich viele gerne an altbewährte und krisenerprobte Partnerschaften. So auch der deutsche IT-Fachhandel. Erstmals setzten die Channel-Partner IBM auf den "Channel-Champions"-Thron. Der letztjährige Sieger HP undDauerkonkurrent Toshiba mussten sich mit den Plätzen begnügen.

Wie sich die Zeiten doch ändern. Im vergangenen Jahr jammerte die IT-Branche über den rückläufigen PC-Markt. Nach den Boomjahren 1999 und 2000 war die plötzliche Kaufunlust deutlich spürbar, und das Dotcom-Sterben begann. Hinzu kamen der 11. September und seine katastrophalen Auswirkungen auf das Geschäft im dritten und vierten Quartal. Doch alles ist relativ: In diesem Jahr kam zur allgemeinen Investitionsunwilligkeit auch eine handfeste Wirtschaftskrise hinzu, die sämtliche Branchen betraf und alle bisherigen Stürme zu lauen Lüftchen degradierte. In dieser schwierigen Zeit besinnen sich viele auf altbewährte und funktionierende Partnerschaften mit den PC- und Notebook-Herstellern. Das spiegeln auch die Ergebnisse der ComputerPartner "Channel Champions" wider. So konnten sich vor allem bekannte Hersteller mit etablierten Partnerprogrammen auf den vorderen Plätzen halten.

Besser ein schlechtes als gar kein Image

Für manchen PC- und Notebook-Hersteller gilt die Schauspieler-Devise: lieber eine schlechte Kritik als gar keine. Das kann man prima auf die Markenbekanntheit, also das Image, übertragen. Bisher war Compaq der überragende Sieger in der Kategorie "spontane Markenbekanntheit". Dank massiver TV-Werbung war der Hersteller vielen Kunden ein Begriff, und auch mehr als jeder zweite Händler nannte bei der ungestützten Befragung (also ohne Namensvorgaben) das Münchener Unternehmen. Doch dann wurde publik, dass Compaq mit Hewlett-Packard fusioniert würde, und schon geriet Compaq in Vergessenheit. Im Vergleich zum Vorjahr wurde das Unternehmen von knapp 20 Prozent weniger Händler genannt und landete mit 44,8 Prozent auf dem zweiten Platz hinter HP, das von fast jedem zweiten genannt wurde (49,5 Prozent). Damit konnten die Böblinger seit dem Start der Channel Champions ihre Bekanntheit fast verdoppeln. Während 2000 nur jeder vierte HP nannte, waren es im vergangenen Jahr schon 39 Prozent. Vor allem die Schlammschlacht zwischen Carly Fiorina und Gründersohn Walter Hewlett sorgten für eine eher traurige Bekanntheit.

Berühmt-berüchtigt ist auch der Direktversender Dell. Vom anfänglichen siebten Platz bei der Bekanntheit stieg der Preisaggressor und Handelsverächter auf den dritten Rang und überholte Toshiba sowie IBM, die beide leicht an Bekanntheit verloren.

FSC konnte hingegen wieder ein wenig zulegen. Im Jahr 2000 fiel nur 23,6 Prozent der Händler der deutsche Marktführer ein, 2001 waren es sogar nur 21,3 Prozent. Doch in diesem Jahr scheint der Knoten geplatzt zu sein: 29,5 Prozent der Befragten war Fujitsu Siemens Computers (FSC) bekannt.

Newcomer Gericom - auch eher durch seine Preisaggressivität und Retail-Lastigkeit berühmt - ist erst seit vergangenem Jahr in den Channel Champions gelistet und konnte seine Bekanntheit von 6,5 Prozent auf 11,5 Prozent fast verdoppeln. In Vergessenheit geraten scheint hingegen Peacock zu sein. Nannten im Jahr 2000 noch sechs Prozent den Hersteller, waren es dieses Jahr nur noch mickrige zwei Prozent. Das mag zum einen daran liegen, dass sich Peacock aus der PC-Produktion zurückgezogen hat, zum anderen kann man es auch als Ohrfeige für die vergangenen Querelen mit langjährigen und treuen Fachhandelspartnern verstehen. Nicht immer sorgt ein schlechtes Image für genügend Öffentlichkeit.

Was lange währt,wird endlich anerkannt

Das wichtigste Kriterium bei der Wahl zum Channel Champion ist die Zuverlässigkeit des Herstellers. Wer sich deutlich zum Fachhandel als wichtigem oder gar wichtigstem Kanal bekennt und diese Partnerschaft auch im Tagesgeschäft beweist, hat die Nase vorn bei der ComputerPartner-Studie. Grundsätzlich bewerten die Fachhändler in diesem Jahr die Herstellerzuverlässigkeit ein wenig besser als noch im Jahr 2001. So stieg die Durchschnittsnote von 2,48 auf 2,34.

Dieses Mal fiel die Wahl des Zuverlässigsten eindeutig auf IBM. Während die Stuttgarter noch in den vergangenen Jahren immer knapp hinter HP auf dem zweiten Platz landeten, waren sie dieses Jahr klarer Sieger. Hier machte sich nach Meinung von Deutschland-PC-Chef Michael Cerny die intensive Partnerarbeit bezahlt (siehe dazu auch das Cerny-Interview auf Seite 34). HP (einschließlich Compaq) verlor teilweise seine Glaubwürdigkeit als Fachhandelspartner, nicht zuletzt aufgrund des neuen "Partner One"-Progamms in den USA, das auch die deutschen Fachhändler aufschreckte. Demnach beliefert HP in Amerika seit 1. November deutlich mehr Kunden direkt als bisher. Aber auch die Nächstplatzierten Hersteller Sony und Toshiba wurden in diesem Jahr um je 0,1 Prozentpunkte schlechter bewertet als zuvor und liegen mit einer glatten Zwei gleichauf mit FSC. Die Bad Homburger haben sich hingegen im Laufe der Zeit immer weiter nach oben gearbeitet.

Im Mittelfeld gibt es im Vergleich zum Vorjahr keine großen Veränderungen, sehr wohl aber im hinteren Drittel. Die drei Disti-Brands V7 Videoseven (ehemals Macom), Peacock und Targa verlieren weiterhin ihre Glaubwürdigkeit in Sachen Zuverlässigkeit und landen alle bei der unterdurchschnittlichen Bewertung von 2,6. Sie haben die Quittung für die Abkehr vom Desktop und für ihre neu erwachte Liebe zum Retail bekommen. Wenn sie so weiter abrutschen, wird Gericom sie noch von hinten überrunden. Die Österreicher gehören wohl immer noch zu den Schlusslichtern, wurden aber im Vergleich zum Vorjahr (Note 3,0) mit 2,8 erkennbar zuverlässiger bewertet. Nur bei Vobis bleibt es beim Alten: Die Aachener tragen wie gehabt die rote Laterne.

Blick in die Zukunft

Wie schon in den vergangenen zwei Jahren gilt Sony mit einer Bewertung von 1,7 als bestens für die Zukunft gerüstet. Gleichauf liegt IBM. Toshiba musste sich mit einer etwas schlechteren Bewertung mit Platz drei begnügen. Den tiefsten Fall im Vorderfeld machte HP, wobei vor allem die schlechten Bewertungen von Compaq die Note für das neue Unternehmen nach unten drückten. Besser als der Durchschnitt (2,33) waren neben den üblichen Verdächtigen FSC, Samsung, Apple, Acer und Panasonic. Den deutlichsten Abwärtsruck mussten die Distributoren verkraften. Die Actebis-Marken Targa und Peacock sowie Ingram Micros V7 Videoseven fielen um mehrere Plätze von 2,4 beziehungsweise 2,5 auf die Note 2,7 zurück. Diese Bewertungen werden nur noch von Topedo, Neuling Eltora, Sirius und dem obligatorischen Letzten Vobis unterboten.

Ähnlich sieht auch die Bewertungs-Rangliste der "neuesten Technologie" aus. Platz eins teilen sich Sony, IBM und Toshiba. Mit einem deutlichen Abstand von 0,2 Punkten folgen Apple und HP, dicht dahinter FSC. Neben IBM schnitten vor allem die Bad Homburger dieses Jahr deutlich besser ab als bisher.

Das Mittelfeld zeigte das bekannte Bild, nur im unteren Drittel kam es zu interessanten Bewegungen. So konnte sich Gericom vom 27. auf den 13. Platz vorschieben und noch vor den arg gebeutelten Disti-Marken etablieren.

Qualität und Erfolg - die Basis für gute Partnerschaft

Die ehemalige alleinige Nummer eins Toshiba teilt sich dieses Jahr den Qualitäts-Thron mit IBM. HP fiel um 0,1 Prozentpunkte zurück und liegt gleichauf mit Apple und Sony. FSC konnte sich um 0,1 Prozentpunkte verbessern und landete auf dem sechsten Platz. Insgesamt wird die angebotene Qualität der PC- und Notebooks besser beurteilt als im vergangenen Jahr. Die Durchschnittsnote kletterte von 2,44 auf 2,35.

Im Mittelfeld kam es zu kleinen Veränderungen in der Rangfolge. Samsung stieg in der Händlermeinung vom zwölften auf den siebten Platz auf, während sich die Qualitätsbewertung von Maxdata von 2,3 auf 2,4 verschlechterte.

Interessant sind auch die Verschiebungen im letzten Drittel. Hatten nicht zahlreiche Händler über die Gericom-Produkte gemeckert? Dennoch konnten die Österreicher 0,3 Prozentpunkte gutmachen.

Bei der Frage, welches Unternehmen in den Augen der Händler erfolgreich ist, wurden im vergangenen Jahr vier Firmen - HP, IBM, Sony und Toshiba - gleich bewer-tet. Durch den Zusammenschluss mit Compaq verlor HP den Spitzenplatz und fiel auf den vierten Rang zurück, den sich die Böblinger mit FSC teilen müssen. Auch Toshibas Glanz verblasste leicht. Der Notebook-Primus erhielt statt der bisher obligatorischen Note 1,7 eine 1,8 und liegt nun auf Rang drei. Somit sind IBM und Sony die Spitzenreiter in Sachen Erfolg. Auch FSC mausert sich aus Handelssicht zu einem äußerst erfolgreichen Unternehmen. Mit einer Note von 1,9 (bisher 2,0) errang das Unternehmen erstmals einen Platz in den Top Five.

Auch dieser Durchschnittswert liegt mit 2,31 mehr als 0,1 Prozentpunkt höher als im Vorjahr. Zu den weiteren überdurchschnittlich gut abschneidenden Herstellern gehören neben Apple, Samsung und Panasonic auch die Retail-Anbieter Medion und Gericom. Maxdata hingegen wird im Vergleich zum Vorjahr etwas weniger erfolgreich eingeschätzt und erhält mit einer 2,4 eine unterdurchschnittliche Bewertung.

Auf die richtige Atmosphäre kommt es an

Ein weiteres Bewertungskriterium war der Sympathiefaktor der PC-und Notebook-Hersteller. Mit der Bestnote 1,9 (Durchschnittswert: 2,45) ist Sony der Handelsfavorit. Apple und Toshiba belegen die Plätze zwei und drei. Den vierten Platz teilen sich IBM und HP, wobei Letztere deutliche Einbußen bei der Beliebtheit hinnehmen mussten. Big Blue wurde hingegen schon immer hoch geachtet, hatte aber noch nie ein "Kumpel-Image".

So richtig mit dem Handel verscherzt haben es sich die Disti-Marken. V7, Targa und Peacock. Sie verloren bis zu 0,3 Prozent-punkte bei der Bewertung und kamen "Handelsfeinden" wie Gericom und Medion gefährlich nahe. Nur sehr wenige Freunde hat Vobis, das als Einziger mit der schlechtesten Note 3,1 bewertet wurde.

Erfolg macht sexy. Diese Alltagsweisheit zeigt ihren Wahrheitsgehalt auch bei der Beantwortung der letzten Frage der ComputerPartner-Studie: Wenn man als Händler bei einem Hersteller arbeiten müsste, welcher käme als potenzieller Brötchengeber am ehesten in Frage? In den vergangenen beiden Jahren stand HP immer an erster Stelle auf der Arbeitgeber-Wunschliste. In diesem Jahr verloren die Böblinger durch den Zusammenschluss mit Compaq den Thron an IBM. Die Stuttgarter haben sich jährlich um einen Rang hervorgearbeitet und liegen 2002 mit 16,5 Prozent der Nennungen unangefochten auf Platz eins.

HP rutschte dank des eher schlechten Arbeitgeber-Images von Compaq auf Platz zwei. Wollten im vergangenen Jahr noch 18,3 Prozent der Befragten bei HP arbeiten, waren es dieses Jahr nur noch 11,1 Prozent. Toshiba verlor im Vergleich zum Vorjahr deutlich (2001: 10,3 Prozent), während FSC stetig an Wert als Arbeitgeber zulegen konnte. Jetzt trafen sich die beiden bei 7,8 Prozent und teilen sich somit den dritten Rang.

Der Sympathie-Sieger Sony ist hingegen schon lange nicht mehr erste Wahl als potenzieller Arbeitgeber. Der japanische Konzern arbeitete sich von 13,5 Prozent über 9,5 Prozent auf aktuelle 7,5 Prozent nach unten. Dieser Trend ist umso bemerkenswerter, als Sony für die Monitor-Fachhändler (siehe ComputerPartner 45/02, Seite 28) mit 14,8 Prozent der absolute Wunschkandidat als Arbeitgeber ist. Obwohl Maxdata ein reinrassiger Vertreter der indirekten Vertriebsstrategie ist, kommt auch das Marler Unternehmen nicht gut weg. Es kommt gerade einmal für drei Prozent der Händler als Arbeitgeber in Betracht und liegt somit einen Prozent hinter den absoluten Verweigerern, die an keinen einzigen Hersteller überhaupt als potenziellen Chef denken.

ComputerPartner-Meinung:

Diese Umfrageergebnisse zeigen deutlich, dass sich die IT-Fachhändler nicht von den Eigendarstellungen der Hersteller blenden lassen. Sie haben ihre eigene Meinung aufgrund eigener Erfahrungen. Obwohl die befragten Händler dieses Jahr bei der grundsätzlichen Beurteilung der PC- und Notebook-Hersteller positiver antworteten als in den Vorjahren, haben sie "Verfehlungen" wie den Ausbau direkter Vertriebsstrategien (HP) oder verstärkte Retail-Aktivitäten (Distis) durch gezielte schlechtere Benotung abgestraft. Andererseits belohnten sie die strikte Einhaltung bestehender Channel-Commitments wie etwa bei IBM oder dem Neuling Samsung durch Hochachtung und gute Noten. Das sind klare Indizien für eine wache Handelslandschaft, mit der die Hersteller gemeinsam auch die letzten Auswirkungen der wirtschaftlichen Schieflage in Deutschland sicher überwinden können. (go)

Lesen Sie in der nächsten Woche: Channel Champions 2002, Teil 4: die Software-Hersteller.

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