Channel Champions, Teil 4: die Softwarehersteller

28.11.2002
"Same procedure as every year", so kann man mittlerweile die Beurteilung der Softwarehersteller durch IT-Dienstleister kommentieren. Zum dritten Mal hintereinander konnte sich Adobe die Position des beim Fachhandel beliebtesten Unternehmens sichern.

Was die Beliebtheit eines Herstellers beim IT-Fachhandel betrifft, so hat dort Adobe ganz klar die Nummer eins inne. Kein anderes Unternehmen, weder ein Hersteller noch ein Distributor, erhielt vom Channel so gute Noten wie der PDF-Erfinder, nämlich im Schnitt eine 1,65 (Bewertung nach einem Notensystem von 1 bis 4). Darin fließen Faktoren wie Produktqualität, Sympathiewert des Unternehmens, seine Zukunftschancen und die Zuverlässigkeit im Umgang mit Vertriebspartnern.

Berücksichtigt man noch zusätzlich die Markenbekanntheit und den Erfolg der Softwarefirmen auf dem Markt, bleibt zwar Adobe weiterhin die Nummer eins, doch auf Platz zwei drängt dann schon Microsoft. Ohne die hervorragende Bewertung in den beiden letztgenannten Kategorien würden die Redmonder nicht so weit vorne im Ranking des Channels landen. Knapp dahinter folgt schon Sy-mantec. Der Sicherheitsspezialist tauchte bis dato in unseren Listen immer unter "sonstige Anbieter" auf. Denn auch die Frage nach den bekanntesten Anbietern beantworteten uns die Vertriebspartner bisher nicht mit der Nennung von Symantec. Dies geschah erst dieses Jahr zum ersten Mal, und was die Markenbekanntheit betrifft, so belegte hier die Antivirus-Company den hervorragenden zweiten Platz.

Aber auch Adobe konnte hierbei um fast sechs Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr zulegen. Die Nummer zwei des Vorjahres hinsichtlich der Bekanntheit, Novell, büßte dagegen über fünf Prozentpunkte ein, fiel dadurch auf den fünften Platz zurück und setzte somit ihren Abwärtstrend fort. Ihren Bekanntheitsgrad im Fachhandel mehr als verdoppeln konnte hingegen die SAP AG: War der ERP-Marktführer im vergangenen Jahr gerade mal 8,8 Prozent der Händler ein Begriff, sind es 2002 bereits stattliche 18 Prozent, die mit SAP etwas anfangen können.

Der Softwarehersteller IBM tut sich im Handel schwer

Als Softwarehersteller ist IBM weiterhin in der Handelslandschaft kaum präsent. Der Bekanntheitsgrad sank hier sogar von 14,5 auf 9,8 Prozent ab. Vielleicht hätte Big Blue bessere Werte erhalten, wenn wir nach den Marken Tivoli, Websphere oder DB2 explizit gefragt hätten. Die vierte IBM-Produktgruppe, Lotus, kann noch jeder 40. Händler spontan nennen. Sicherlich geht ein Großteil der Linux-Nennungen (in diesem Jahr zum ersten Mal erwähnt) auf das Konto von IBM - dank der unermüdlichen Bemühungen der Armonker, das Open-Source-Betriebssystem populär zu machen.

Zum ersten Mal finden auch die Linux-Anbieter Suse und Red Hat Eingang in die Liste der im Fachhandel bekannten Software-Companies. Mit fünf Prozent an Nennungen lässt Suse zum Beispiel Namen hinter sich wie Tobit, Hewlett-Packard, Veritas, Apple oder Network Associates (NAI) mit McAfee.

Symantec holt mächtig auf

Sehr gute Werte erhielt von den Händlern Symantec. Immerhin belegte der Sicherheitsspezialist den zweiten beziehungsweise dritten Platz in den Kategorien Produktqualität, Technologie-Führerschaft und Zukunftsperspektiven. Hierbei konnte sich Symantec gegenüber Größen wie Sun, Oracle, Citrix oder Microsoft behaupten.

Überhaupt ist es an der Spitze enger geworden. Zwar behauptet Adobe nach wie vor seine Führung, aber dahinter entbrennt bereits ein heißer Kampf um die Plätze. Die diesjährigen Nummer zwei, Microsoft, ist hier sicherlich gut für die Zukunft aufgestellt. Das glauben auch die deutschen IT-Dienstleis-ter: Sie setzten hier die Gates-Company auf Platz eins. Und die Bedeutung von Microsoft auf dem Softwaremarkt nahm gegenüber dem Vorjahr sogar zu. Daran kann auch der knappe Vorsprung von Lotus bei installierten Messaging-Servern nichts ändern. Gleiches gilt für Linux als Betriebssystem: Dessen Wachstum geht vornehmlich zu Lasten der arrivierten Unix-Derivate Sun Solaris, IBM AIX, HP-UX, Tru64 und SGI Irix.

Nach wie vor bleibt Windows das bevorzugte Betriebssystem im Mittelstand. Mit der Übernahme von Navision und der Entwicklung einer eigenen CRM-Suite stellte Microsoft außerdem so die Weichen, dass die Company weniger vom zurückgehenden Geschäft mit Office-Produkten abhängig wird. Solch eine breite Palette an Softwareprodukten bietet ansonsten kein anderes Unternehmen. So kann der Marktführer Nachfrage-Rückgänge in den einzelnen Bereichen eher kompensieren.

Fürs nächste Jahr ist ein Microsoft-Back-Office-Paket zu erwarten, das sowohl die vom Mittelstand geforderten betriebwirtschaftlichen Funktionen als auch Werkzeuge zur Regelung von Kundenbeziehungen beinhalten wird. Ersteres wird sich wohl an den Navision-Produkten orientieren, die CRM-Suite dürfte eng in die Exchange-Infrastruktur integriert sein.

Microsoft als Allrounder

Bei den verbliebenen, von Windows abhängigen Anbietern, die gleichzeitig Microsoft-Partner sind, wird die Luft langsam dünn. Nachdem die Redmonder immer mehr eigene Applikationen anbieten, tut sich ein Hersteller von ERP- und CRM-Lösungen für den unteren Mittelstand zunehmend schwerer. Klassischer Vertreter dieser Spezies von Softwareherstellern ist Sage KHK.

Zwar hat der deutsche Ableger der Sage-Gruppe seine Markenbekanntheit gegenüber dem Vorjahr von 5,8 auf 8 Prozent steigern können; was die sonstige Beurteilung des Fachhandels betrifft, belegt dieses Unternehmen jedoch weiterhin den letzten Platz. Zumindest haben sich die Frankfurter gegenüber dem Vorjahr nicht verschlechtert. In der Kategorie Zukunftsfähigkeit hat Sage KHK die im Vorjahr besser platzierten Unternehmen Novell und Intershop überholen können. Aufgrund von diversen Übernahmen und Insolvenzen prescht Sage somit vom 24. auf den 18. Rang vor.

Nicht zufrieden können die Frankfurter mit der sonstigen Bewertung seitens der Partner sein. Bei der Produktqualität und dem Einsatz von innovativen Technologien schneidet Sage KHK nur mit einer guten Drei ab. Verschlechtert hat sich hingegen das Vertrauensverhältnis der Vertriebspartner zum Hersteller. Die Zuverlässigkeit von Sage KHK im Geschäft mit Händlern beurteilen diese mit der Note 2,7 (im Vorjahr 2,6).

So könnte es sich auch nur jeder hundertste der von uns befragten IT-Dienstleister vorstellen, bei Sage KHK zu arbeiten; voriges Jahr waren es nur unwesentlich mehr (1,3 Prozent). Beliebtester potenzieller Arbeitgeber bleibt nach wie vor Microsoft, dahinter haben SAP und Adobe die Plätze getauscht. Offenbar glauben viele Fachhändler, dass bei Tobit eine gute Arbeitsatmosphäre herrscht, denn dort würde jeder zehnte von ihnen arbeiten, voriges Jahr waren es nur 4,5 Prozent. 2001 gar nicht in Betracht kommend, taucht dieses Jahr Borland an sechster Stelle der attraktivsten Brötchengeber auf. Damit lässt die Softwareschmiede IBM, Oracle, Citrix und HP hinter sich. Hewlett-Packard kommt nach der Fusion mit Compaq und den damit einhergehenden Entlassungen als neuer Beschäftigungsort nicht mehr in Frage (2,8 statt 5,8 Prozent).

In der nächsten Ausgabe von ComputerPartner erscheint Teil 5 der Channel Champions 2002: die Drucker-Anbieter.

ComputerPartner-Meinung:

Im Softwaremarkt setzten sich die Tendenzen des Vorjahres fort. Adobe blieb der im Fachhandel beliebteste Anbieter, dahinter folgen Microsoft, SAP, Oracle und Sun. Lediglich mit Symantec an der dritten Stelle gibt es eine Überraschung. Auch die Trends nach unten fanden eine Fortsetzung: Novell und Corel fielen in fast allen Kategorien zurück, Sage KHK behielt die rote Laterne. Letzterer Anbieter wird sein Geschäftsmodell ändern und sich von der Fokussierung auf Windows verabschieden müssen. Im Mittelstand steigert derzeit Linux seinen seine Anteile. Dies wird sich sicherlich in unserer Umfrage nächstes Jahr niederschlagen. (rw)

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