China stürzt Taiwan von Platz drei der führenden Hardware-Produzenten

15.02.2001
China bietet nicht nur riesige Absatzpotenziale, sondern gewinnt auch als Produktionsstandort für viele ausländische Investoren zunehmend an Bedeutung. Mittlerweile hat das kommunistische Bollwerk Taiwan sogar schon als drittgrößten Hardware-Hersteller abgelöst.

Binnen eines Jahres ist der Gesamtwert von Hardware Made in China von 18,45 auf 25,53 Milliarden Dollar um 38,4 Prozent gewachsen, womit Taiwan vor Deutschland auf den vierten Platz der führenden IT-Produktionsstätten gerutscht ist. Die USA als mit Abstand führende Herstellernation kamen dagegen nur auf ein Hardware-Produktionswachstum von 8,7 Prozent, und Nummer zwei, Japan, krebste sogar nur bei einem Plus von 3,2 Prozent herum.

Es kommt allerdings nicht von ungefähr, dass China die befeindeten Brüder aus Taiwan vom dritten Platz der größten Hardware-Produzenten verdrängen konnte. Denn allein aus Silicon Island, wie Taiwan sich gerne nennt, sind in den letzten 20 Jahren Investitionen in Höhe von über 45 Milliarden Dollar geflossen. Gleichzeitig ist der Anteil der Binnenproduktion der Insel zugunsten von China immer mehr zurückgegangen. Nach Schätzung des eigenen Market Intelligence Center (MIC) hat Taiwans IT-Industrie im Jahr 2000 Hardware im Wert von 48,076 Milliarden Dollar produziert, davon aber nur 23,2 Milliarden auf der Insel selbst. Der in Festlandchina gefertigte Anteil der Offshore- oder Übersee-Produktion liegt in vielen IT-Produktkategorien, in denen Taiwan weltmarktführend ist, bei über 60 Prozent. Keyboards, Mäuse, Netzteile und Scanner aus Taiwan werden sogar zu über 85 Prozent in Festlandchina gefertigt. Die Story ließe sich endlos fortsetzen. Sogar 45 Prozent aller Desktop-PCs aus Taiwan werden in China gebaut. Einzig bei Notebooks ist das Vertrauen in überseeische Produktionsstätten offenbar noch nicht besonders groß. Während Taiwan mittlerweile schon über die Hälfte aller Portables herstellt, liegt der festlandchinesische und damit auch der gesamte ausländische Produktionsanteil gerade mal bei 6,7 Prozent. Die Liste der Hersteller, die in Festlandchina produzieren lassen, liest sich wie ein Who-is-Who der taiwanischen IT-Industrie. Dazu gehören Mitac, Acer, Tatung, FIC, Asus, Gigabyte, Microstar (MSI), die Elite Group, Primax, Mustek, Lite-On, Behavior Tech, Aopen und Compal, wobei einige fast nur als OEM-Partner großer internationaler Anbieter in Erscheinung treten. Ob in eigenen Fabriken oder über ihre taiwanischen "Freunde" lassen praktisch alle PC-Riesen in China produzieren, was vor Journalisten bei Fabrikbesichtigungen gerne unter den Teppich gekehrt wird. Wirft man jedoch einen Blick in die Auslieferungslager, entdeckt man Originalverpackungen von IBM, Compaq, Dell und vielen anderen.

Die große Verlockung: billige Arbeitskräfte

Längst verlagern sich die Produktionsstätten in der Nähe von Hongkong nach Schanghai oder ins Landesinnere bis hin nach Tibet und Xinjiang, wobei das Lohngefälle immens ist. Kostet eine chinesische Arbeitskraft in Shenzhen bei Hongkong oder Schanghai laut Aussage von Poso-Arowana-Chef Chen zwischen 60 und 100 Dollar im Monat, sind es bei den Turkvölkern im äußersten Westen des Riesenreiches umgerechnet etwa sechs bis acht Dollar, wobei viele ausländische Hersteller die chinesischen Ballungszentren als Produktionsstätten vorziehen. Denn da kennt man ja seine Pappenheimer. Bei 500 Millionen Arbeitslosen macht Chen mit Faulenzern oder Schludrianen kurzen Prozess. Produziert werde übrigens nur in Fabriken, die ISO-zertifiziert sind. Sorgen, dass bei einer wachsenden Produktionsverlagerung nach China die Qualität auf der Strecke bleibt, brauche man sich nach Ansicht der IBM-Verantwortlichen nicht zu machen, denn jedes Produkt unterliege strengen Qualitätskontrollen.

Taiwans Hersteller plagen indes schon ganz andere Sorgen. Denn sollte es chinesischen Unternehmen gelingen, das Zepter der Technologien in den Griff zu bekommen, könnte die Insel als Hardware-Mekka bald ausgedient haben. Doch noch ist es nicht soweit. Denn gerade erst hat Compaq sein Taiwan-Commitment auf über zehn Milliarden Dollar aufgestockt. mic.iii.org.tw

www.ibm.com

www.compaq.com

ComputerPartner-Meinung:

Bei all der Notwendigkeit, aus Kostengründen immer größere Teile der Produktion nach China zu verlagern, ist Qualitätssicherung das A und O. Das ist aber der Knackpunkt. Denn Fleiß hin oder her: Verantwortlichkeit und Sauberkeit sind nicht gerade die Haupttugenden der Chinesen. Schon aus Selbstschutz müssen die großen Hersteller sich hierbei voll auf ihre chinesischen Partner verlassen können. Wenn es nicht klappt, überlassen sie das Feld der Billigproduktion am Ende gar voll den Taiwanern und müssen sich - mit entsprechenden Risiken - wieder Neuland suchen. Wie die Preisentwicklung im angeschlagenen Hardware-Markt dann aussehen wird, das steht in den Sternen. (kh)

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