CHS baut mit der Vobis-Übernahme die Marktführerschaft weiter aus

23.07.1998

MÜNCHEN: Die Einkaufstour des US-Distributors CHS Electronics Inc. fand in der Übernahme der Vobis-Gruppe samt Peacock und Maxdata ihren vorläufigen Höhepunkt. Und obwohl der Broadliner damit die Nummer eins unter den deutschen Distis auf Ewigkeit gepachtet haben dürfte, schließt das Unternehmen weitere Akquisitionen nicht aus.Die Reaktionen der Händlerschaft auf den CHS-Deal hätten kaum unterschiedlicher sein können: "Kein Händler braucht zehn Distributoren. Im Gegenteil: Zwei bis drei reichen völlig aus", äußerte sich zum Beispiel Margot Lehmair, Geschäftsbereichsleiterin beim Schulz Bürozentrum in München. Rainer Pecher dagegen, Geschäftsführer der Würzburger Bechtle GmbH, findet die "Quasi-Monopolherrschaft", die durch das Zusammengehen der großen Broadliner entstehen könnte, eher hinderlich. Andere Händler reagierten auf die Neuigkeit mit gelangweiltem Schulterzucken.

Wie auch immer: Die Nachricht, daß sich die Vobis-Gruppe samt Einzelhandel und PC-Assemblierung sowie Peacock und Maxdata nun in Händen der CHS Electronics Inc. befinde, sorgte dennoch für einige Aufregung. Und für jede Menge Fragen. "Da wir in unserer Geschäftspolitik einen dezentralen Ansatz verfolgen, werden alle Firmen völlig selbständig arbeiten können", versichert CHS-Geschäftsführer Helmut Schmitt. "Für Maxdata mit den Marken Belinea und Artist, aber auch für die Peacock-PCs und den Highscreen von Vobis, eröffnet sich durch den Deal ein riesiger Absatzkanal, da alle Produkte nun weltweit vertrieben werden können", zählt er die Vorteile für die übernommenen Firmen auf.

Alle handelsmarken werden weiter gefertigt

Für CHS selbst sei zudem die Möglichkeit der PC-Fertigung interessant. "PC-Assemblierung, und hier vor allem die Produktion von A-Brands, ist für uns ein ganz wichtiges Geschäftsfeld", erklärt der deutsche CHS-Chef. Und fügt hinzu: "Es gibt keinen großen Markenhersteller, der sich noch nicht bei uns gemeldet hat und mit uns zusammenarbeiten will." Konkrete Abkommen mit PC-Herstellern seien jedoch noch nicht zustande gekommen - von daher bleibt es vorerst bei der Assemblierung von HP-PCs durch Frank & Walter und von IBM-Aptivas durch Vobis in Würselen.

Daß die PC-Assemblierung ein wichtiges Standbein für den Broadliner ist, unterstreicht auch Maxdata-Chef Holger Lampatz, der neben seiner bisherigen Funktion den Posten des "President Private Label" übernimmt. "Wir werden sowohl Artist und Peacock als auch Yakumo und Highscreen weiterhin assemblieren", erklärt er. Auch der Fertigungsstandort Würselen werde, entgegen anders lautender Gerüchte, beibehalten.

Techdata und Ingram im Zugzwang

Eine Zukunft verspricht Lampatz auch dem eher ungeliebten Kind, dem Vobis-Einzelhandel: "Wir behalten uns die beste Lösung dafür vor", erklärt er diplomatisch. Ob das ein Verkauf oder die Hinzunahme eines Partners sei, stehe noch nicht fest. Eines aber weiß Lampatz jetzt schon: "1999 wird Vobis wieder schwarze Zahlen schreiben."

Der Vobis-Deal, der bei CHS viel Freude und Elan aufkommen läßt, dürfte für Ingram Micro und Tech Data ein herber Rückschlag auf dem Weg zur Nummer eins in Deutschland sein. Betont Schmitt: "Wir sind mittlerweile in den meisten europäischen Ländern unangefochten die Nummer eins. Jetzt müssen wir diesen Platz nicht mehr erringen, sondern nur noch verteidigen." Und dazu gehört allem Anschein nach auch der Aufkauf weiterer Firmen. "In Deutschland sind wir jetzt schon so gut positioniert, daß es für eventuelle Übernahmen einer reiflichen Überlegung bedarf. In anderen Ländern aber gibt es durchaus noch Handlungswillen", so Schmitt.

Großer Verlierer des Megageschäfts dürfte Vobis-Chef Gert Hügler sein: Dem Vernehmen nach wird der Manager schon bald aus dem Unternehmen ausscheiden. (sn)

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