US-Wahl - das große Finale

Clinton vs Trump - Daten visualisieren die Wahlschlacht

08.11.2016
Von Andy Cotgreave
Am 8. November fällt die Entscheidung, wer die USA in den kommenden vier Jahren regieren wird - die Demokratin Hillary Clinton oder der Republikaner Donald Trump. Rund um den finalen Showdown haben Analysten jede Menge Daten aufbereitet und geschickt visualisiert. Lesen Sie, wie die Exerten in den vergangenen Jahrhunderten mit Daten und Ergebnissen umgegangen sind.

Wann haben Sie zum letzten Mal aktuelle Umfragezahlen angesehen? Höchstwahrscheinlich heute, vielleicht gestern - schließlich steuert der US-Wahlkampf am 8. November 2016 auf seinen großen Showdown zu. Über 200 Millionen US-Bürgerinnen und -Bürger sind aufgerufen, ihren neuen Präsidenten zu wählen, den 45. in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika.

Im Vorfeld gab es eine wahre Flut an Daten, Vorhersagen, Analysen und Prognosen, die vor allem auf den Online-News-Seiten in aller Welt publiziert und verbreitet wurden. Aber haben Sie einmal darüber nachgedacht, wie die Information von den Befragten durch Datenzentren über geskriptete Seiten schließlich in Ihren Browser gelangt? Heutige Umfrage-Tracker sind ein Wunder aus Daten und Design. Das wird vor allem deutlich, wenn man sich ansieht, wie Wahlergebnisse noch vor 150 Jahren übermittelt wurden.

1864

Verkündung der US-Wahlergebnisse 1864.
Verkündung der US-Wahlergebnisse 1864.
Foto: Scott Klein, Pro Publica

Schon immer waren die Menschen begierig nach Informationen - auch lange vor der Entwicklung von Diagrammen. Nach der Erfindung der Elektrizität nutzen sie Anzeigentafeln, die von Hand beschriftet und von einem Lagerfeuer beleuchtet wurden. Die Abbildung zeigt die Ergebnisse des Wahlsiegs von Abraham Lincoln 1864, ursprünglich erschienen in einer Ausgabe von Frank Leslie's Illustrated Newspaper.

1896

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren Daten schon ein Stück erwachsener und wurden in Tabellen dargestellt - etwa zu dieser Zeit hielt auch die Tabulator-Taste Einzug auf Schreibmaschinen. Journalisten erkannten allerdings bald, dass sie ihre Informationen schneller und verständlicher übermitteln mussten. 1896 erschien das erste Kartendiagramm, die so genannte Choropleth-Karte, auf der Titelseite der New York Times.

Titelseite der New York Times (NYT) mit einer Kartendarstellung der Wahlergebnisse im Jahr 1896.
Titelseite der New York Times (NYT) mit einer Kartendarstellung der Wahlergebnisse im Jahr 1896.

Die Abbildung zeigt die New York Times am Tag nach der Wahl. Es war eine erstaunliche Leistung, ein Kartendiagramm der Ergebnisse in so kurzer Zeit zu erstellen. Die Zeitung nutzte allerdings einen Trick: Sie verwendete nicht die endgültigen Ergebnisse, wie ein Vergleich mit einer modernen Karte zeigt.

Die Karte der Wahlergebnisse und die tatsächlichen Ergebnisse im Vergleich.
Die Karte der Wahlergebnisse und die tatsächlichen Ergebnisse im Vergleich.
Foto: Scott Klein, Pro Publica

Zwar verkündete die New York Times immerhin den richtigen Wahlsieger (McKinley), aber ihre Darstellung der Verteilung war nicht korrekt. Damit wurde erstmals eines der großen Spannungsfelder beim Teilen von Informationen deutlich: Auf der einen Seite will man der erste sein, der das Ergebnis veröffentlicht. Andererseits darf Schnelligkeit nicht zulasten die Genauigkeit gehen.

1900-1930s

Eine neue Dimension erhielt das Thema Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Nutzung von Suchscheinwerfern. Mit den brandneuen Hightech-Produkten ließen sich nämlich auch Daten anzeigen: Die Scheinwerfer wurden entsprechend den Wahlergebnissen in unterschiedliche Richtungen gedreht.

Gebäude der New York Times und datengesteuerte Scheinwerfer.
Gebäude der New York Times und datengesteuerte Scheinwerfer.
Foto: Scott Klein, Pro Publica

Neben Scheinwerfern wurden auch frühe Projektionstechniken eingesetzt und Daten mit Hilfe von Projektoren und Folien verbreitet. In einer Zeit ohne Fernsehen und Radio begaben sich die Menschen beispielsweise ins nächstgelegene Stadtzentrum, um Projektionen auf Zeitungsgebäuden zu betrachten. Diese Praxis dauerte bis weit in die 30er Jahre an.

Auch wenn diese Art der Informationsübermittlung damals weit verbreitet war - die Effekte blieben beschränkt. So beklagte der US-amerikanische Ingenieur und Visualisierungspionier Willard Brinton in seinem Buch, dass "die Laternenfolien nur sehr kurze, gekritzelte Sätze darstellen" könnten. "Wer nach einem abendlichen Theaterbesuch auf die Straße tritt, hat keinerlei Kenntnis über die Bedeutung der verschiedenen, im Laufe des vorangegangenen Abends an den Schirm geworfenen Aussagen".

Der Visualisierungsexperte erkannte auch, wie wichtig es war, der Versuchung zu widerstehen, die Wahlergebnisse nur auf einer Karte abzubilden: "Bei einer Präsidentschaftswahl ist das Zählen einzelner Staaten für einen Kandidaten nicht ausreichend, um ein umfassendes Gesamtbild zu erhalten. Wichtig sind vielmehr die Wahlmännerstimmen, welche sich am besten durch Balken darstellen ließen, wobei die jeweils als von einem Kandidaten gewonnen Wahlmännerstimmen eines Staates in Betracht gezogen werden. Mit einer kombinierten Folie, die sowohl ein Karte als auch Balken und geschätzte Gesamtwerte zeigt, wäre es jedem möglich, sofort bei Betreten der Straße die Situation zu dem Zeitpunkt einzuschätzen, an dem die letzte Folie koloriert wurde."

Brinton war ein Pionier der grafischen Präsentation, und auch seine Gedanken zum Erstellen effektiver Präsentationen zeigen, dass er seiner Zeit voraus war.

2016

Ein Sprung in die Gegenwart: Wahlergebnisse sind in Echtzeit und überall verfügbar. Die Choropleth-Karte besteht - trotz ihrer Mängel - weiter. Bei jeder Wahl heute - im Verfeld und danach bei der Präsentation und Analyse der Ergebnisse - gibt es eine Menge neuer und innovativer Ansätze zur Visualisierung der Daten.

Eine Prognose zum Ausgang der US-Wahl 2016: Das Prognosemodell von Mike Cisnero berücksichtigt unter anderem die historische Performance der Meinungsforscher im Zusammenhang mit ihren jeweiligen Umfrageergebnissen 2016.
Eine Prognose zum Ausgang der US-Wahl 2016: Das Prognosemodell von Mike Cisnero berücksichtigt unter anderem die historische Performance der Meinungsforscher im Zusammenhang mit ihren jeweiligen Umfrageergebnissen 2016.
Foto: Tableau Public

Was glauben Sie, an welche Innovationen wir uns in 100 Jahren noch erinnern werden, wenn wir auf das Jahr 2016 zurückblicken?

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