Cluster lösen zentrale Unix-Lösungen ab

26.06.2004
Proprietäre Hardwarestrukturen haben mittelfristig ausgedient und werden durch kostengünstige Standardkomponenten ersetzt, meint Dieter Weißhaar. Auch in Kernbereichen ihrer IT, in denen höchste Verfügbarkeit (HA) gewährleistet sein muss, steigen immer mehr Unternehmen von klassischen Unix-Ablegern auf Linux- oder Microsoft-Cluster um.

Sie überzeugen mit größerer Flexibilität und erheblichen Einsparungen. HPC Cluster (High Performance Computer) bieten ein beträchtliches Potenzial, um die Kosten im Computer-Server-Bereich zu senken. Immer mehr Unternehmen nutzen dieses Potenzial und installieren komplett neue Cluster oder stocken ihre bestehenden Cluster auf.

Die Ergebnisse sind deutlich: Deutsche Unternehmen sind mit ihrer IT-Infrastruktur unzufrieden. Nach einer Untersuchung von IDC haben rund 90 Prozent der deutschen Firmen Probleme mit überdimensionierten IT-Infrastrukturen, die nicht stabil und ausfallfrei laufen. Anders als im Automobilbau, in dem jeder Arbeitsschritt einer Erfolgskontrolle unterliegt, spielt das Total-Quality-Management in der IT bisher kaum eine Rolle. Basis für eine zuverlässige IT-Infrastruktur muss in jedem Fall ein stabil laufendes und hoch verfügbares Serverbetriebssystem sein. In diesem Segment löst der Trend zu High-Availability (HA)-Clustern die bisher eingesetzten proprietären Unix-Systeme ab. Neben dem Open-Source-System Linux bietet auch Microsoft mit der Server 2003 Enterprise Edition eine professionelle Lösung für das HA-Segment an, die inzwischen einen Marktanteil von rund 50 Prozent hat.

Drei Punkte waren in der Vergangenheit ausschlaggebend, als Unix-Systeme die alten Mainframe-Architekturen abgelöst haben. Unix-Systeme sollten sich erstens durch eine hohe Verfügbarkeit auszeichnen, zweitens eine hervorragende Performance bieten und drittens in einer Betrachtung der Gesamtkosten (TCO) die deutlich günstigsten Konditionen bieten. In allen drei Punkten muss sich Unix heute gegenüber neuen Cluster-Lösungen geschlagen geben.

Da bei proprietären Systemen die Entwicklungskosten der Hersteller von Prozessoren, Hardware und Betriebssystemen auf wenige Nutzer umgelegt werden müssen, sind Economies of Scale nicht zu erzielen. Die Kosten für eine Rechenleistung von 10 Teraflop liegen heute mit proprietären Systemen zwischen 20 und 40 Millionen Euro. Mit Standard-32/64-AMD/Intel-Clustern ist die gleiche Rechenleistung bereits für weniger als sieben Millionen Euro zu erreichen. Werden auch die Betriebs- und Lizenzkosten in die Kalkulation einbezogen, sind die Kostenvorteile für Standard-Microsoft- oder Linux-Cluster sogar noch deutlicher.

Viele Anwendungen lassen sich heute portieren und parallelisieren. Standard-Plattformen gewährleisten heute durch Clustering bereits höchste Ausfallsicherheit, sind optimal skalierbar und auch für Hochleistungs-Rechenansprüche einsetzbar. Dadurch liegen die TCO-Vorteile von Clustern auf der Basis von Linux oder Windows Server 2003 Enterprise Edition bei bis zu 80 Prozent. Dieser Kostenvorteil erklärt sich aus einem einfachen Zusammenhang: Bei proprietären Unix-Systemen steigt die Investitionskurve exponentiell mit der Leistung. Bei Standard-Clustern gehen wir von einer nahezu linearen Entwicklung der Kosten im Vergleich zur Leistung aus.

Linux-Standards relevant für HPC-Segment

Während Microsoft seine Stärken mit dem Exchange 2003 Server hier vor allem in HA-Umgebungen ausspielt, hat sich Linux inzwischen als Lösung im High-Performance (HPC)-Segment etabliert. Nach einer Untersuchung der Technikanalysten von Altreia Solutions haben sich HPC-Cluster auf der Basis von Linux vor allem in der Automobilindustrie, der Luft- und Raumfahrttechnik sowie der Halbleiterindustrie bewährt. Am stärksten werden Linux-Cluster bereits im deutschen Automobilbau eingesetzt. Mit ihrer Hilfe werden etwa Unfallsimulations- und Strömungsberechnungen durchgeführt sowie verschiedene Bereiche der Automobil-Konstruktion abgedeckt. In diesem Umfeld sind Linux-Cluster bereits ein fester Standard. Altreia geht daher in den kommenden Jahren von einer jährlichen Verdoppelung der Linux-Systeme in diesem Bereich aus. Damit setzt sich Linux im HPC-Segment als das bestimmende System durch. Im Mittel liegen die Kosten um den Faktor vier niedriger als bei der bisherigen Großrechner-Architektur. Bei mehr als drei Vierteln der Studienteilnehmer sind die Erwartungen in Leistung und Stabilität der Linux-Cluster eingetroffen.

Verstärkt wird der Linux-Trend durch eine stetig wachsende Zahl von Datenbanken und ERP-Software, die Linux integrieren. Nahezu sämtliche großen Anbieter von ERP-Software arbeiten inzwischen an der Linux-Integration. Entscheidende Performance-Steigerungen lassen sich bei ERP-Anwendungen auch durch die Umstellung auf Microsoft Server 2003 realisieren, die problemlos mit vorhandenen Windows-Applikationen zusammenarbeitet. Die neue Systemarchitektur bietet damit einen zuverlässigen Investitionsschutz und eine optimale Skalierbarkeit.

Längst sind nicht in allen Unternehmen die niedrigeren Kosten alleinige Triebfeder für den Umstieg. Für viele Unternehmen ist die Entwicklung zwar ein Paradigmenwechsel weg von den klassischen Shared-Memory-RISC-Systemen mit ihrer hohen Verfügbarkeit hin zu einem Modell der Distributed-Memory-Parallelen. Aber der Aufwand für die Umstellung lohnt sich oft bereits mit der ersten Anschaffung. Denn Cluster sind auch ein strategischer Ansatz, mit dem die Unternehmen schneller auf Marktanforderungen reagieren könnten, da sich ein Cluster einfacher und mit wesentlich geringerem Verwaltungsaufwand ausbauen lasse als ein vergleichbarer zentraler Unix-Server.

Künftig werden sich vermutlich Mischformen aus beiden Systemwelten durchsetzen. Auch Transtec hat seine IT-Infrastrukturen zu Beginn des Jahres auf ein neues Konzept komplett umgestellt. Kernpunkt des Konzeptes ist die Umrüstung von Sparc-basierenden Systemen mit Client-Server-Architektur und Standleitungen ins Ausland auf eine zukunftsweisende, hochausfallsichere und performante Intel-Cluster-Plattform. Diese greift auf Linux im zentralen ERP- und Web-Bereich zurück und nutzt gleichzeitig Microsoft für Mail-Verkehr und Office-Lösungen. Mit den Cluster-Systemen erreicht Transtec eine deutlich höhere Standardisierung der IT-Infrastruktur.

Im Bereich der IT-Infrastruktur verblasst jetzt ein über 30 Jahre altes Paradigma, dass proprietäre Systeme ein geschäftskritisches Unterscheidungsmerkmal sind. Die Standardisierung von IT-Strukturen ist einer der wichtigsten Trends in den kommenden Jahren. Die Stichworte dazu heißen: Minimalisierung, Virtualisierung, Partitionierung, Upgrade-Fähigkeit und Skalierbarkeit. Im Fokus stehen heute eindeutig effiziente Kombinationen aus Hardware und Software von der Stange. Denn je heterogener die Hardwarelandschaft eines Unternehmens, desto höher sind die einzelnen Kostenblöcke. Um dem drohenden Chaos und überdimensionierten IT-Strukturen zu entkommen, ist eine einheitliche IT-Landschaft wesentliche Voraussetzung - unabhängig davon, ob auf der Basis von Linux oder Microsoft.

Steckbrief

Dieter Weißhaar ist Vorstandsvorsitzender der Transtec AG. www.transtec.de

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