Comics: Der kleine Riese kann sich nicht mehr verstecken

14.09.2000
Sie halten sich eher ein bisschen versteckt und betreiben Understatement - die Leute vom Systemhaus Comics. Ziemlich untypisch für die Branche. Doch das ist nicht das einzige, wodurch sich die Karlsruher von anderen unterscheiden.

Pie Comics GmbH in Karlsruhe ist weder eine Firma von Komikern, noch handelt es sich um Gag-Schreiber für Harald Schmitt oder Stefan Raab. Es ist auch keine Tochterfirma von Walt Disney. Die Comics GmbH ist vielmehr eine ganz seriöse Firma, die sich mit einem ernsthaften Thema befasst: dem Verkauf von Hard- und Software sowie den entsprechenden Dienstleistungen. Kurzum: Comics ist ein Systemhaus und befindet sich in Karlsruhe.

Der Chef des Hauses heißt Ralf-Ulrich Kaste. Kaste geht zwar stramm auf die 40 zu, wirkt aber immer noch wie der Informatikstudent, der er einmal war und den man in einen Anzug gesteckt hat. Dabei hat der 37-jährige gebürtige Hesse bereits mehr als zwölf Jahre als Unternehmer auf dem Buckel. Anfang 1988 hat Kaste mit zwei Freunden die heutige Comics Informationssysteme GmbH gegründet (wobei sich Comics aus "Commercial Computer Systems" zusammensetzt). Heute zählt das Unternehmen mit 220 Mitarbeitern und einem Umsatz von 86 Millionen Mark (1999) zwar noch nicht zu den ganz großen Systemhäusern im Lande, aber doch zu den Unternehmen, die man nicht mehr übersehen kann.

Verstärkung durch Siemens-Manager

Natürlich: In Karlsruhe und Umgebung kennt man Comics. Hier ist das Systemhaus, das schon früh den Kontakt zu Siemens gesucht hatte und 1992 zur Siemens-Nixdorf-Werksvertretung wurde, eine erste Adresse und erzielt hier auch noch immer den Großteil des Umsatzes. Doch seit ein paar Jahren fahren Kaste & Co einen kontrollierten Expansionskurs. Nach und nach bauten die Karlsruher Dependancen in Stuttgart, Neu-Ulm, Frankfurt, und ganz aktuell Düsseldorf auf.

Für die Stuttgarter und Münchener Töchter holte sich Kaste übrigens zwei hochrangige Siemens-Manager als Geschäftsführer: Steven Handgrätinger, bis Ende 1998 PC-Chef bei Siemens in Augsburg, übernahm 1999 die Geschäftsführung in Stuttgart, sein Kollege Rolf Kleinwächter, zuletzt Marketing-Direktor PC bei Siemens, leitet seit diesem Frühjahr die Niederlassung in Unterschleißheim bei München.

Die Stuttgarter Niederlassung, bis vor wenigen Monaten ein Joint-Venture mit der Gerich Datenverarbeitung GmbH in Heilbronn, soll mit der angeschlossenen Geschäftsstelle in Neu-Ulm in diesem Jahr bereits 30 Millionen Mark Umsatz beisteuern - nur vier Jahre nach der Gründung. Für Frankfurt und München, erst in diesem Jahr eröffnet, liegt die Messlatte bei sechs beziehungsweise vier Millionen Mark. Ingesamt planen die Karlsruher in diesem Jahr einen Umsatz von rund 125 Millionen Mark. Ein Zuwachs um 45 Prozent gegenüber 1999.

Bei den Niederlassungen handelt es sich immer um Neugründungen, die Geschäftsführer sind am Unternehmen beteiligt. Dem Nachteil, dass man als Newcomer in der Stadt erst einmal Kaltakquise betreiben und Klinken putzen muss, steht ein größerer Vorteil gegenüber: "So können wir die Comics-Kultur aufbauen und müssen uns nicht mit internen Anpassungen quälen", sagt Kaste. Natürlich: Keine Region und keine Stadt in Deutschland ist heute Entwicklungsland, was die Versorgung mit Systemhäusern betrifft, und gewartet hat in den Städten auch niemand auf die Firma Comics. Also warum geht man das Risiko ein, in einen regionalen Markt einzudringen, den andere bereits besetzt haben, und sich dabei eine blutige Nase zu holen?

Vorerst keine weitere Expansion

"Erstens", fragt Kaste, "was ist die Alternative? Wir brauchen schließlich ein gewisses Geschäftsvolumen, um bestimmte Leistungen überhaupt erbringen zu können. Dafür müssen wir expandieren. Zweitens: Hier sitzen interessante Kunden. Und drittens: Wir wollen versuchen, ob wir nicht etwas besser sind als andere." Natürlich nicht "besser" im Großen und ganzen. Sondern besser in bestimmten Teilbereichen. So haben die Karlsruher sich neben den Standardangeboten auf die Themen Sicherheit, E-Commerce und TCO konzentriert; hier glaubt man, überdurchschnittliche Kompetenz aufgebaut zu haben. Oder das Produkt "Peacy", das Comics zusammen mit der Robert Bosch GmbH entwickelt hat. Dabei handelt es sich um Software-Werkzeug, das die Erstinstallation und Updateverteilung automatisiert und durch die schnelle Wiederherstellung von System- und Datenständen Produktivitätsausfälle verhindert. Rund 40.000 Mal ist dieses Produkt bei Bosch weltweit installiert.

Jedenfalls soll jetzt kein weiteres Geld in die Flächenexpansion und weitere Standorte investiert werden, sondern in das Know-how der bestehenden Dependancen. "Wir möchten erst einmal positive Entwicklungen aufweisen, bevor wir uns mit weiteren Expansionsgedanken beschäftigen", erklärt der Firmenchef. Daher ist auch ein Börsengang zur Zeit kein Thema. Was die Zukunft des Unternehmens betrifft, so verfolgt Kaste eher qualitative als quantitative Ziele. "Wir wollen eine der ersten Adressen im Systemhausbereich werden", sagt er. Natürlich will und muss man wachsen, das ist klar. "Wachsen" heißt für Kaste und seinen Mitstreiter als Geschäftsführer und Gesellschafter Christian Müller aber "organisches" Wachsen, also eher langsam und stetig als schnell und durch Zukäufe anderer Firmen. Auch an einen Verkauf des Unternehmens denkt man in Karlsruhe nicht. "Wir wollen etwas aufbauen. Solange wir etwas bewegen können, tun wir es. Das schließt nicht aus, dass wir uns irgendwann einer größeren Gruppe anschließen, wenn es Sinn macht", schränkt Kaste ein und denkt dabei an einige befreundete Unternehmen wie die Kölner Planorg, die ihre Selbstständigkeit aufgegeben haben. Aber das ist derzeit kein Thema, versichert er.

Und das Geschäftsmodell Systemhaus an sich, hat das Zukunft, Herr Kaste? "Ganz sicher", sagt er, "aber nicht mehr so wie früher. Als reiner Hard- und Software-Lieferant, der noch ein bisschen Integration macht und vorher vielleicht noch etwas Planung, brauchen Sie nicht mehr anzutreten. Das sind die Basics. Die Anforderungen sind gestiegen. Wir müssen uns mehr anstrengen als früher. Aber grundsätzlich ist das Modell Systemhaus ein Zukunftsmodell, keine Frage." (sic)

www.comics.de

COMICS-GRUPPE

Facts & Figures

Das Systemhaus Comics Informationssysteme GmbH wurde 1988 gegründet. Neben dem Stammhaus in Karlsruhe verfügt Comics heute über Niederlassungen beziehungsweise Geschäftsstellen in Stuttgart, Neu-Ulm, Frankfurt und Düsseldorf. Zur Gruppe zählen auch die beiden Tochterfirmen Bi-Team Gesellschaft für Softwareberatung GmbH in Karlsruhe sowie die Systeam Software Schulungs GmbH in Ettlingen.

Mit 250 Mitarbeitern setzte die Comics-Gruppe 1999 rund 86 Millionen Mark um. Das Ziel für dieses Jahr: 250 Mitarbeiter und 125 Millionen Mark Umsatz. (sic)

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