Compaq am Ziel: Digital-Integration ein halbes Jahr früher

12.03.1998

MÜNCHEN: Ab dem 1.1.1999 versteht sich Compaq Deutschland nicht mehr als reiner PC-, sondern als "strategischer IT-Anbieter" so Geschäftsführerin Huy. Dafür werden 730 der zirka 2.500 Digital-Angestellten "sozial abgefedert" (Huy) verabschiedet. Die Millionenkosten zahlt Compaq USA, was für Huy bedeutet: Es bleibt bei den voraussichtlich 65 Millionen Mark operativer Verlust für dieses Geschäftsjahr.Nach der zweiten Massenentlassung bei Digital Equipment Deutschland

(DEC) in diesem Jahr sieht Compaq-Geschäftsführerin Gerrit Huy endlich freie Bahn für ihre Ambition, den bisherigen PC-Spezialisten in Deutschland zum "führenden Anbieter unternehmensentscheidender Hard- und Software" zu machen. "Jetzt haben wir eine gute Basis für den Aufbruch", blickt sie an den 730 Entlassungen, die vor allem Digital-Mitarbeiter betreffen, vorbei ins Jahr 1999. "Wir haben den Merger ein halbes Jahr früher als geplant vollziehen können", faßt sie als Ergebnis der wechselvollen Monate seit der definitiven Übernahme von Unix- und Serverspezialist DEC im Juni zusammen.

Seit dem Frühsommer war ihre Hauptaufgabe, den durch den Digital-Erwerb bedingten Mitarbeiter-Overhead bei Einkauf, Verwaltung, Kundenansprache oder auch Partnerbetreuung drastisch zu reduzieren. Zugleich mußte sie dafür sorgen, daß alle Compaq- und die von DEC übernommenen High-end-Händler wieder "eindeutige Ansprechpartner" erhalten würden. Der milliardenschwere Kauf der Servercompany war nicht zuletzt wegen deren großen Unternehmensklientels getätigt worden. Diese wird, in Konkurrenz zur hauseigenen Service-Abteilung, vor allem von nachhaltig verunsicherten DEC-Partnern betreut (siehe ComputerPartner 28/98, Seite 1).

150 gehen zu Simac, die anderen suchen

Um Ruhe in die Partnerlandschaft zu bringen und zugleich die Erwartung von Compaq-Chef Eckhard Pfeiffer zu erfüllen, im nächsten Jahr statt 65 Millionen Verlust wieder Gewinne überweisen zu können, waren Verhandlungen mit dem DEC-Betriebsrat notwendig. Der Fahrplan Huys sah zirka 820 Entlassungen vor. Im Gegensatz dazu versuchte der Betriebsrat, so viele Mitarbeiter wie möglich vor den blauen Briefen zu bewahren. Dazu machte er "zahlreiche Alternativvorschläge", so Christian Brunkhorst, DEC-Gesamtbetriebsrat.

Doch unter dem Strich hat er wenig erreicht: 730 Entlassungen, eingerechnet die 150 SMB-Mitarbeiter, die zu Baan-Dienstleister Simac wechseln (siehe Seite 21), muß er hinnehmen - "eine riesige Kröte für uns", kommentiert er das Ergebnis.

Allerdings versucht er den über 550 Mitarbeitern, die nicht "freiwillig" gehen, Mut zu machen: "In der IT-Branche werden Leute gesucht", weiß er sich mit Huy einig. So hat er mit ihr vereinbart, daß Compaq intensiv nach alternativen IT-Arbeitsplätzen suchen werde. Laut Huy wurden über 1.700 mögliche Stellen ausgemacht, unter anderem bei Dienstleistern wie EDS oder GE Capital.

Außerdem erreichte er, daß alle verbleibenden zirka 2.300 Compaq-Mitarbeiter in Deutschland einen Tarifvertrag erhalten, in den Genuß eines erweiterten Kündigungsschutz bis ins Jahr 2003 und einer Standortgarantie kommen. Ferner will Compaq mittels "permanenter Qualifikationsmaßnahmen" (Huy) für die Sicherung der Arbeitsplätze sorgen. (wl)

Ab 1.1.1999 konkurriert Compaq laut Geschäftsführerin Huy als "strategisches IT-Unternehmen" mit IBM, Hewlett-Packard oder Sun.

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