Compaq büßt 25 Prozent Marktanteile ein

11.09.2000
Viele IT-Unternehmen gaben für das dritte Quartal Gewinn- oder Umsatzwarnungen aus. Compaq hielt das nicht für nötig. Zu Recht, denn trotz des massiven Einbruchs bei den Marktanteilen in Deutschland stieg sogar noch der Profit.

Bei Compaq ticken die Uhren anders als bei den meisten Mitbewerbern: Im dritten Quartal verlor das Unternehmen laut Dataquest in Deutschland 24,9 Prozent Marktanteill (mehr dazu auf Seite 14). Jedes andere Unternehmen befände sich nun in einer massiven Sinn- und Finanzkrise.

Nicht so Compaq. Trotz, oder vielleicht gerade wegen der reduzierten Marktanteile konnte das US-Unternehmen seinen Gewinn sogar deutlich steigern. "Natürlich freuen wir uns nicht über dieses Minus", beteuert Andreas Lechner, Direktor des Unternehmensbereichs Commercial-Personal-Computing-Group der Compaq Computer GmbH, und erklärt den Einbruch folgendermaßen: "Es war ein einmaliger Ausrutscher, der vor allem durch das schlechte Hardware-Geschäft begründet ist. Die Business-Kunden investierten eher in Software und Services und kaum in Hardware. Vielen saß auch noch das Jahr-2000-Problem im Nacken, das dann doch kein Problem war."

Aus der Privatkundenecke kam in den Herbstmonaten auch keine wirkliche Schützenhilfe. Die Consumer schlagen traditionell eher in der Weihnachtszeit zu. "Wir machen bis zu 40 Prozent des gesamten Jahresumsatzes in Q4", erklärt Karola Bode, Consumer-Chefin bei Compaq Deutschland.

Der schwache Euro und die schleppende Markteinführung von Windows 2000 taten ihr Übriges. Nur im Server- und vor allem Servicebereich konnte das Unternehmen jedoch zulegen. Für das vierte Quartal verspricht Lechner bereits Besserung, "denn dann fließen zwei große Projekte in die Quartalsrechnung ein. Wir haben beispielsweise Bertelsmann als Kunden gewinnen können. Der Weltkonzern wird über einen Zeitraum von ein bis anderthalb Jahren 40.000 bis 60.000 Rechner von uns beziehen. Das wird sich schon im nächs-ten Quartal spürbar auswirken."

Zum Ende des Jahres werden auch die anderen Business-Kunden laut Lechner durch Ersatzkäufe den Umsatz ankurbeln. Dazu kommt die Verschiebung der Unternehmensausrichtung vom reinen Hardware-Hersteller zum Serviceanbieter, was ebenfalls für ein Plus in der Kasse sorgen soll. Und damit kommt Compaq seinem Hauptziel wieder näher: "Immer schön wachsen, aber bitte mit Profit."

Engpass zu Weihnachten

Dass das manchmal nur mit Einschränkungen und Veränderungen möglich ist, beweist die aktuelle Lage im Consumer-Bereich. "Derzeit herrscht eine Festplatten-Shortage, die zu zeitweiligen Lieferengpässen von einigen Tagen führen kann", berichtet Bode. "Wir muss-ten zeitweise sogar die Produktion stoppen, da nicht ausreichend 40-GB-Festplatten verfügbar sind." Diese Größe gilt derzeit als Standard. Ausgerechnet Ende September, also kurz vor dem umsatzstarken Q4, fand ein Technologietransfer statt, bei dem ein neues Schreib-/Lese-Verfahren eingeführt wurde. Dabei werden ein bis zwei Köpfe eingespart und die Festplatten günstiger. Also wollten alle Firmen diese neuen Komponenten. Durch die Zeitknappheit können die Plattenhersteller aber nicht ausreichend Geräte herstellen.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ergibt das die Formel: hohe Nachfrage plus knappes Angebot gleich Preiserhöhung. "Ein PC besteht aus mehreren Komponenten. Bis zu einem bestimmten Punkt kann man die Verteuerung der Festplatten durch günstigere Arbeitsspeicher kompensieren", rechnet Bode vor und erklärt weiter: "Wurde jedoch die Finanzdecke zu dünn, haben wir das eine oder andere Produkt, das zu teuer wurde, aus dem Programm genommen und durch ein neues ersetzt. Das führte manchmal zu einer versteckten Preiserhöhung. Da haben schon einige Händler zeitweise ihre Order ausgesetzt. Doch man muss als Unternehmen den Mut haben, solche Marktschwankungen in Kauf zu nehmen. Wir machen eben nicht Business um jeden Preis."

Ob dieser Mut auch dann bleibt, wenn Compaqs Top-Platz in den internationalen Märkten auf Dauer wackelt, muss sich noch zeigen. (go)

www.compaq.de

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