Compaq-Chefin Huy will in drei Jahren den Umsatz auf vier Milliarden Mark verdoppeln und Handelspartner Nr. 1 sein

26.09.1997
DORNACH: Gerrit Huy ist zwar erst seit zwei Monaten als neue Compaq-Geschäftsführerin im Amt, viel Zeit zur Orientierung aber hat sie wohl nicht. Denn die Ziele der 43jährigen Nachfolgerin von Kurt Dobitsch sind hoch aufgehängt. Dazu und zu der Diskussion über die Compaq-Vertriebspolitik unterhielt sie sich mit den ComputerPartner-Redakteuren Damian Sicking und Christian Meyer.

DORNACH: Gerrit Huy ist zwar erst seit zwei Monaten als neue Compaq-Geschäftsführerin im Amt, viel Zeit zur Orientierung aber hat sie wohl nicht. Denn die Ziele der 43jährigen Nachfolgerin von Kurt Dobitsch sind hoch aufgehängt. Dazu und zu der Diskussion über die Compaq-Vertriebspolitik unterhielt sie sich mit den ComputerPartner-Redakteuren Damian Sicking und Christian Meyer.

? Frau Huy, Sie sind jetzt seit zwei Monaten in Amt und Würden. Wie geht es Ihnen?

HUY: Mir geht es sehr gut, vielen Dank.

? Ihre Ernennung zur neuen Compaq-Geschäftsführerin hatte in der Branche überrascht. Immerhin ist die Computerbranche für Sie Neuland. Warum hat Compaq Sie ausgewählt, und warum haben Sie Compaq ausgewählt?

HUY: Die erste Frage kann ich nicht beantworten, weil ich es schlicht nicht weiß. Man hat mir nur deutlich gemacht, daß man mich gerne hätte, und ich bin nach relativ kurzer Zeit überzeugt gewesen, daß beide Seiten sehr gut zusammenpassen.

Meine Beweggründe waren einfach die, daß ich aus meiner letzten Tätigkeit in der Telekommunikation sehr viel mit amerikanischen Firmen zusammengearbeitet habe und daher die ganz andere Vorgehensweise, die ganz andere Dynamik, die größere Innovationsverbundenheit schätzen gelernt habe. Ich empfinde es daher als sehr reizvoll, jetzt selbst in einem amerikanischen Unternehmen arbeiten zu dürfen, noch dazu in einem so erfolgreichen, expansiven und dynamischen, wie Compaq es ist.

? Fehlende Branchenkenntnisse sehen Sie nicht als Nachteil an?

HUY: Nein.

? Kommt es auf Branchenkenntnisse gar nicht an?

HUY: Doch, die mußte ich natürlich erwerben, und ich bemühe mich auch nach wie vor intensivst darum. Das ist ein Defizit, das ich schließen muß. Auf der anderen Seite ist es auch ein Vorteil, denn die Fremdheit gegenüber der Branche hilft natürlich auch, viele Dinge unvoreingenommener zu sehen. Ich stelle zum Beispiel ganz andere Fragen als jemand, der schon jahrelang dabei ist, und viele aus meinem Management-Teams empfinden das als hilfreich, wie sie mir sagen.

? Mit welchem Auftrag sind Sie bei Compaq angetreten?

HUY: Das Beste aus der Landesgesellschaft Deutschland zu machen. Ich habe kein konkretes quantitatives Ziel.

? Einer der Gründe für den Wechsel in der Compaq-Geschäftsführung war, daß die Geschäftsentwicklung der deutschen GmbH nicht den Vorstellungen von Compaq-Chef Eckhard Pfeiffer entsprochen hat.

HUY: Sicherlich wollen wir unsere Marktposition ausbauen. Wir sind im deutschen PC-Markt Nummer 3 nach Stückzahlen und Nummer 2 nach Umsatzvolumen. Wir werden sicherlich alles daran setzen, das weiter zu verbessern.

? Zur Zeit wächst Marktführer Siemens-Nixdorf aber nach wie vor schneller als Compaq. Was macht SNI besser als Sie?

HUY: SNI hat vor allem den Vorteil des Lokalmatadors.

? Macht das so viel aus?

HUY: Bei den tradtionellen Siemens-Kunden, Behörden, Verwaltungen sicherlich. Das sind ja oftmals jahrzehntealte Verbindungen. Im Verhältnis dazu ist Compaq eine junge Firma. Und im übrigen: Mengenziele sind wichtig, aber sie sind nicht das einzig wichtige. Wir müssen eine Balance finden zwischen Profitabilität, Wachstum und Qualität, und wir würden nie zu Lasten der Qualität das Wachstum allein vorantreiben.

? Verbesserung der Position im PC-Markt heißt aber doch, daß Sie SNI vom Thron verdrängen wollen.

HUY: Langfristig schon, sicher.

? Langfristig heißt im nächsten Jahrtausend?

HUY: Ja.

? Wie wollen Sie das schaffen?

HUY: Da gibt es verschiedene Maßnahmen. Indem wir die Prozesse verbessern, den Service optimieren, die Kundenzufriedenheit erhöhen. Und natürlich durch gezielte strategische Maßnahmen, um neue Marktsegmente, neue Kunden, neue Branchen zu erschließen.

? Sicher gibt es auch Umsatzziele.

HUY: Natürlich. Wie Sie wissen, will Compaq bis zum Jahr 2000 weltweit 40 Milliarden Dollar umsetzen. Wir haben daraus für uns ein Ziel von vier Milliarden Mark bis zum Jahr 2000 abgeleitet.

? Ist das internes Wachstum oder auch durch Akquisitionen?

HUY: Das ist internes Wachstum.

? Wenn dieses Geschäftsjahr abgelaufen ist, wie weit sind Sie dann noch von Ihrem Ziel 4 Milliarden Mark Umsatz entfernt?

HUY: Wir werden bei ungefähr bei 1,7 Milliarden Mark herauskommen.

? Das wären 300 Millionen Mark mehr als im letzten Jahr. Liegen Sie damit im Plan?

HUY: Ja.

? Ich meine, im ursprünglichen Plan.

HUY: Das ist das, was ich jetzt plane.

? Da ist aber noch ein weiter Weg bis zu den vier Milliarden im Jahr 2000. Wo soll das Wachstum herkommen?

HUY: Wir wachsen zur Zeit besonders stark im Server-Bereich. Wir wachsen sehr stark im Workstations-Bereich. Wir werden sehr interessante neue Produkte haben, von denen wir uns auch großes Wachstum versprechen.

? Es ist auch denkbar, daß die Produkt-Palette noch ausgeweitet wird. Also, daß Sie beispielsweise wieder ins Peripherie-Geschäft

einsteigen. In den 90er Jahren hat es Compaq ja schon mal mit Druckern versucht.

HUY: So etwas ist meines Wissens nicht geplant. Ich möchte bei dieser Gelegenheit ausdrücklich betonen, daß Wachstum nicht unser einziges Ziel ist. Unser zweites, mindestens gleich großes Ziel ist die Erhöhung der Kundenzufriedenheit. Wir wollen unangefochten die Nummer 1 in der Kundenzufriedenheit sein.

? Wie stellen Sie das fest?

HUY: Durch Umfragen, durch Tests, durch Rückfragen bei unseren Händlern. Und daran knüpft sich dann auch das nächste Ziel: Wir wollen der präferierte Partner für den Handel sein. Partner Nummer 1.

? Das werden die Händler mit Interesse hören. Schließlich gab es in den letzten Wochen einige Unruhe wegen der weiteren Vertriebspolitik von Compaq. Was ist denn nun Sache?

HUY: Wenn ich sage, daß wir Nummer-1-Partner für den Handel sein wollen, dann können Sie daraus schließen, daß an Gerüchten über einen geplanten Einstieg von Compaq in den Direktvertrieb nichts dran ist. Wir bleiben komplett indirekt.

? Wie erklären Sie sich denn die noch immer anhaltende Verunsicherung bei den Partnern?

HUY: Ich denke, daß eine Ankündigung mit unserem neuen Optimized Distribution Modell, also der optimierten Auslieferung, mißinterpretiert worden ist. Wir haben angekündigt, daß wir durch eine Verbesserung der Prozesse so effizient werden wie die Direktanbieter. Diese Aussage ist dahingehend mißinterpretiert worden, daß wir selbst ein Direktanbieter werden wollten. Das aber ist wirklich falsch.

? Aber hat nicht Herr Pfeiffer selbst einen gut Teil zu den Irritationen bei den Compaq-Vertriebspartnern in Deutschland beigetragen? Immerhin schreibt er in einem Brief an die Händler, daß Compaq sich in Zukunft intensiver um wichtige Kunden selber kümmern werde.

Wenn man nun Ihre Aussage mit der von Herrn Pfeiffer vergleicht,

stellt sich schon die Frage, ob die deutsche GmbH und Herr Pfeiffer eine gemeinsame Sprache sprechen?

HUY: Doch, das tun wir. Ich bin sicher, Herrn Pfeiffer richtig zu interpretieren. Möglicherweise hängen diese Mißverständnisse auch mit Übersetzungsproblemen zusammen. Sehen Sie: Wir haben ja schon immer eine Großkundenmannschaft gehabt, die direkt unsere Kunden betreut. Aber im Sinne der Unterstützung unserer Partner. Unsere Partner fordern uns sogar auf, in diesem Umfeld aktiver zu sein.

Und wenn wir sagen, daß wir uns stärker unseren großen Kunden widmen wollen, heißt das, daß wir unsere Key-Account-Mannschaft noch weiter ausbauen wollen, um in Zusammenarbeit mit den Partnern noch bessere Arbeit vor Ort leisten zu können.

? Es heißt, daß Sie noch in diesem Jahr 170 zusätzliche Mitarbeiter im Vertrieb einstellen wollen.

HUY: Nein, das stimmt nicht. Wir werden unsere Key-Account-Mannschaft verdoppeln und kommen dann insgesamt bis Ende dieses Jahres auf mehr als 300 Mitarbeiter.

? Auch die geplatzte Übernahme von Gateway 2000 und die vollzogene von Tandem schürten die Befürchtungen der Vertriebspartner, daß Compaq eine andere vertriebspolitische Richtung einschlägt.

HUY: Zu Tandem kann ich etwas sagen, zu Gateway 2000 nicht, weil wir uns grundsätzlich nicht zu Spekulationen und Übernahmegerüchten äußern.

? Es heißt aber immer noch, daß die Sache nicht vom Tisch ist.

HUY: Ich bitte um Ihr Verständnis: Kein Kommentar zu Spekulationen. Nun zu Tandem: Mit der Übernahme von Tandem haben wir eine Direktvertriebsmannschaft bekommen. Das wird auch so bleiben, aber ausschließlich im High-end-Segment der Tandem-Produkte, die aufgrund ihrer Komplexität gar nicht kanalfähig sind. Diese Aktivitäten werden

sich aber nicht erstrecken auf die bisherige Compaq-Produkt-Palette und auch nicht auf deren Erweiterung.

? Aber wären die Tandem-VBs nicht dumm, wenn sie sich ein schnelles Geschäft entgehen lassen und ein paar Compaq-Server oder PCs mitverkaufen würden?

HUY: Es wäre noch dümmer, den Kanal zu verwirren. Deswegen haben wir ganz eindeutig entschieden, alle Compaq-Produkte über den Kanal zu liefern.

? Also das heißt, bei Compaq bleibt im Vertrieb alles beim Alten?

HUY: So ist es.

? Aber hinken Sie dann nicht der Entwicklung hinterher? Ernsthafte Branchenkenner behaupten, daß die bisherige Rollenverteilung zwischen Hersteller und Vertriebspartner überholt ist und neu definiert werden muß.

HUY: Das mag sein, aber richtig ist sicherlich, daß jeder das tun soll, was er am besten kann. Warum sollten wir etwas tun, was andere besser können? Wir wollen unseren Focus auf der Herstellung, auf dem Marketing von Hardware haben. Nicht im Service-Bereich, nicht im Support. Das können andere besser als wir. Mit dieser Art von Arbeitsteilung können wir, glaube ich, die besten Ergebnisse erzielen.

? Welche Rolle spielt für Sie der Consumer-Markt?

HUY: Er spielt eine große Rolle. Wir sind allerdings mit der Rolle, die wir heute im deutschen Consumer-Markt spielen, überhaupt nicht zufrieden. Wir werden deswegen in den nächsten Wochen speziell zu dieser Fragestellung auch Strategien erarbeiten und dann entsprechende Programme aufsetzen. Ich persönlich halte den Consumer-Markt auch deshalb für sehr wichtig, weil er ein Einstiegsmarkt ist. Gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden Internetbewegung ist es für mich sehr wichtig, die Kinder, die jungen Leute, die Schüler zu erreichen. Als Mutter von drei Kindern bekomme ich das ja hautnah mit, wie die jungen Leute reagieren, und ich denke, wir sollten mehr tun, um genau in diesen Segmenten auch vorne mitspielen zu können.

? Glauben Sie denn, daß die Markenhersteller in diesem Bereich eine größere Rolle spielen werden als bisher?

HUY: Ja, ich denke schon. Ich glaube, der Trend geht wieder hin zu den Marken.

? Das hört man von den Markenherstellern wieder allerorten.

Sicher ist aber, daß die Markenhersteller überhaupt nur eine Chance haben gegen die Handelsmarken, wenn sie exakt dieselben Preispunkte besetzen. Fragt sich, ob sie das schaffen, ohne Qualitätsinbußen

bei den Geräten. Und dann natürlich fragt es sich, inwieweit sich dies auf das Markenimage auswirkt.

HUY: Es ist sicher so, daß man im Consumer-Bereich gewisse Preispunkte treffen muß. Wir werden hier aber nicht um jeden Preis mithalten. Sondern wir werden immer noch vernünftige Gesamtprodukte konfigurieren, und die haben dann auch ihren Preis.

Die Marke garantiert ja auch bestimmte Features, ein bestimmtes Preis-Leistungs-Verhältnis, was die No-Names in dieser Form nicht können. Und ich glaube, daß die Verbraucher dies irgendwann auch wieder schätzen werden.

Wir haben speziell in Deutschland eine sehr schwierige Situation, die Konsumausgaben sind seit eineinhalb Jahren stagnierend, und es zeigt sich zur Zeit auch keine Erholung. Aber wenn dieses Tal der Rezession durchschritten ist, wenn die Konsumausgaben auch wieder steigen, bin ich überzeugt, daß die Marken ihre zweite Chance haben. Übrigens stellen wir fest, daß die lokalen Asssembler durchaus sehr an einer Zusammenarbeit mit uns interessiert sind. Das heißt, sie suchen die Nähe zur Marke.

? Wo kauft nach Ihrer Einschätzung der Privatkunde in Zukunft seinen PC? Eher beim kleinen, stationären Fachhandel, eher beim Media-Markt oder eher im Internet?

HUY: Es wird alles drei geben. Wobei der deutsche Kunde sich den PC doch gerne noch vor Ort ansieht und sich vorführen läßt. Ich denke, es wird ein qualifizierter Media-Markt sein, der das Hauptpotential tragen wird.

? Ein qualifizierter Media-Markt?

HUY: Ein Großflächenvermarkter mit breitem Sortiment und einer gewissen Beratungsleistung.

? Wie steht es eigentlich mit dem Notebook-Geschäft? In Amerika ist schon fast jeder zweite verkaufte PC ein Notebook. Sehen Sie für Deutschland eine ähnliche Entwicklung?

HUY: Ich glaube, daß wir hier noch sehr große Wachstumspotentiale haben.

? Compaq steigt ja jetzt richtig groß in den Handheld-PC-Markt ein. Gibt es schon irgendwelche Vorstellungen hinsichtlich der Stückzahlen, die abgesetzt werden sollen.

HUY: Nein, noch gar nicht. Wir werden relativ klein anfangen. Das Segment ist im Moment noch sehr klein.

? Glauben Sie an diesen Markt?

HUY: Ja. Ich glaube schon dran.

Compaq-Deutschland-Geschäftsführerin Gerrit Huy: "Wir bleiben komplett indirekt."

An Gerüchten über einen geplanten Einstieg von Compaq

in den Direktvertrieb ist nichts dran

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