Compaq greift Karstadt & Co. unter die Arme

19.01.1996
MÜNCHEN: Das Jahr fängt für Compaq-Händler nicht gut an: Der Hersteller bietet zum einen seine Presarios in Spielzeugläden an. Zum anderen kündigt Compaq die Entwicklung einer neuen Produktfamilie für Fisher Price an. Und Compaq bildet derzeit das Personal von Kaufhäusern und Fachmärkten zu professionellen Computerverkäufern aus.Zum Jahreswechsel fielen den Compaq-Händlern unversehens drei Knaller besonderer Art ins Haus: Zum einen darf die Spielwaren-Handelskette "Toys R Us" seit Ende vergangenen Jahres die integrierte Version der Compaq Presario Pcs in ihren deutschen Filialen anbieten. Zum anderen entwickelt der Hersteller PC-Zusatzgeräte und Software-Programme für die Mattel-Tochter Fisher-Price, die 1997 auch den deutschen Markt erobern sollen.

MÜNCHEN: Das Jahr fängt für Compaq-Händler nicht gut an: Der Hersteller bietet zum einen seine Presarios in Spielzeugläden an. Zum anderen kündigt Compaq die Entwicklung einer neuen Produktfamilie für Fisher Price an. Und Compaq bildet derzeit das Personal von Kaufhäusern und Fachmärkten zu professionellen Computerverkäufern aus.Zum Jahreswechsel fielen den Compaq-Händlern unversehens drei Knaller besonderer Art ins Haus: Zum einen darf die Spielwaren-Handelskette "Toys R Us" seit Ende vergangenen Jahres die integrierte Version der Compaq Presario Pcs in ihren deutschen Filialen anbieten. Zum anderen entwickelt der Hersteller PC-Zusatzgeräte und Software-Programme für die Mattel-Tochter Fisher-Price, die 1997 auch den deutschen Markt erobern sollen.

Die größte Sprengkraft besitzt allerdings Knaller Nummer drei: das "Compaq & Partner College". In Zusammenarbeit mit Miro Computer Products AG, Canon Deutschland GmbH, AMD GmbH und der 1&1 Direkt GmbH bringt der Hersteller jetzt Mitarbeitern von Fachabteilungen großer Kaufhäuser und Fachmärkten wie Karstadt, Media Markt oder Vobis bei, wie man Presarios fachgerecht und professionell verkauft, bislang ein Wettbewerbsvorteil, der den Compaq-Fachhändlern vorbehalten war.

Kurt Dobitsch, Vice President und Geschäftsführer der Compaq Computer GmbH in München, freut sich bereits über das rege Interesse der Retailer an dem Programm. Wieviel ihn die Streicheleinheiten für seine Massenanbieter kosten, mag er noch nicht abschätzen. "Wir haben hier noch keinen spezifischen Plan für ein Budget - aber es werden einige hunderttausend Mark sein können", vermutet er.

Das sind eigentlich Peanuts im Vergleich zu den Investitionen, die für die Schulung seiner Fachhändlerschaft geplant sind. Fünf Millionen Mark will Dobitsch 1996 in die Ausbildung seiner autorisierten Partner stecken

Der Geschäftsmann kalkuliert dabei streng nach seiner Faustregel: Das Budget wird entsprechend der jeweiligen Geschäftsanteile der Kanäle zugeteilt. Derzeit kommt der professionelle Bereich daher noch in den Genuß von 85 Prozent des Investitionskapitals, die restlichen 15 Prozent bekommt der Consumer-Kanal.

Das ist ein faires Verfahren, die Verunsicherung seiner professionellen Partner mag er deshalb nicht überbewerten: "Natürlich habe ich Verständnis für die Angst im Handel", lenkt er ein. "Aber ich kann mich noch an die Reaktionen erinnern, als wir im Juli 1993 Vobis autorisiert haben. Da ist unser damaliger professioneller Partnerkreis völlig durchgedreht. Jetzt sagen alle, das sei eine sehr gute Entscheidung gewesen, weil der Kunde sieht, daß Vobis Compaq-Systeme auch nicht billiger anbietet als sie."

Der Fachhandel bleibt also weiterhin das Hätschelkind des Herstellers, sollte man meinen. Dafür spricht, daß Compaq im August vergangenen Jahres ein komplett überarbeitetes Service- und Supportkonzept für seine Partner vorgestellt hatte. Dagegen spricht allerdings, daß dieses in der Praxis so gut wie nichts für die betroffenen Partner veränderte. Im Gegenteil - mißverständliche Namensänderungen sorgten am Anfang für heillose Verwirrung unter den Distributoren und Händlern. Es schien zwar, als hätten sich die Wogen in der Zwischenzeit geglättet, aber durch das aktuelle Retailer-Programm kommt bei einigen Partnern der alte Unmut wieder hoch.

"Wir haben nicht erst seit gestern festgestellt, daß der Fachhandel bei Compaq mächtig hinunterrutscht", stellt beispielsweise Sven Riedel, Marketing- und Einkaufsleiter bei aha International BV in Berlin, fest. Sein Unternehmen arbeitet seit rund eineinhalb Jahren mit Compaq zusammen - "mit weniger guten Erfahrungen", wie Riedel bedauert.

Der häufigste Vorwurf von seiten der Partner: Die Lieferzeiten sind noch immer katastrophal. "Mit der Qualität der Produkte kann man zufrieden sein, mit den Lieferzeiten gar nicht und auch nicht mit der Art und Weise, wie die Produkte in den Markt eingeführt werden", zieht Udo Jansen, Vertriebsleiter der GCT mbH in Bad Homburg, Bilanz aus der zweijährigen Partnerschaft mit Compaq.

Doch von dererlei Problemen will Dobitsch nichts wissen und lehnt sich bei seinen Beteuerungen recht weit vor: "Ich kenne kein Produkt, das wir im Jahre 1995 nicht in ausreichenden Mengen innerhalb von einem Monat nach Ankündigung verfügbar hatten. Dafür lege ich meine Hand ins

Feuer!"

Eine brenzlige Behauptung, wenn man bedenkt, daß noch bei unserer Compaq-Händerbefragung im Mai 1995 (Ausgabe Nr. 23, Seite 3) die Lieferzeiten des Herstellers als katastrophal eingestuft wurden. Eine weitere Schwachstelle ist trotz des neuen Konzepts bis heute ebenfalls nicht beseitigt: Nicht autorisierte Compaq-Händler bekommen vom Hersteller keinen ausreichenden Schutz für ihren Lagerbestand. "Wir hatten schon den Fall, daß wir eine größere Anzahl Pcs bei Compaq gekauft haben - und nach 14 Tagen wurden die Preise um 15 bis 20 Prozent gesenkt. Nun sind die Gewinnmargen bei Compaq für Händler sowieso nicht hoch - wir mußten draufzahlen. Also - von Händlerpflege haben wir in den letzten Monaten sehr wenig gespürt", wettert Marketing-Mann Riedel von aha stellvertretend für seine Leidensgefährten.

Das "Compaq & Partner Colleg" erweist sich als eine weitere Quelle der Unzufriedenheit der professionellen Compaq-Partner. "Die Kunden erzählen uns zum Teil schon jetzt, wir haben das Produkt XY bei der und der großen Kaufhaus-Kette gesehen - und wir im Geschäft wissen noch gar nicht, daß es dieses Produkt überhaupt gibt", schildert Riedel. "Da können Sie sich vorstellen, wie wir dann als Fachhandel dastehen."

Ein Vertriebsmann eines süddeutschen Computerhändlers sieht gar die Felle für sein Unternehmen schwimmen: "Seit Jahren haben wir als kleiner Handelspartner die Compaq-Produkte hochgehalten. Und jetzt bekommen wir den Kaufhof und den Media Markt als geschulten Wettbewerber an die Seite gestellt... Ist das vielleicht das vielbesungene 'Committment für den Fachhandel'?"

Den Wunsch vieler Partner nach klaren, vertraglich geregelten Zuständigkeiten mag Dobitsch nicht erfüllen. Er geht davon aus, daß sich "der Markt von selbst positioniert". Grundsätzlich dürfe jeder alle Compaq-Produkte verkaufen - einzige Ausnahme sei die Proliant-Produktfamilie. Für die braucht ein Händler ein Novell- und Microsoft-Zertifikat und eine Ausbildung zum Accredited Systems Engineer.

Dobitsch hat laut eigenem Bekunden kein Problem damit, im Widerspruch zum Kanal zu stehen. "Ich kann nur sagen, daß die Prozesse im Handel nicht optimal sind", pariert er die massiven Vorwürfe. Er beruft sich dabei auf Eigenerfahrung beziehungsweise Testkäufe durch Bekannte. Wie weiland Harun-al-Raschid, der Kalif aus 1001 Nacht, mischte sich der Compaq-Boß unter das einfache Volk und erfuhr dabei eine traurige Behandlung: "Die Aktion startete am 15. Dezember. Meine Testkäufer bestellten bei Händlern Compaq-Systeme, die noch 1995 geliefert werden sollten. Das wurde auch zugesagt - aber von kaum einem Händler eingehalten. Dabei hatten wir alle Waren auf Lager."

COMPAQ COMPUTER GMBH, Gute Vorsätze fürs neue Jahr:

Kurt Dobitsch, Vice President und Geschäftsführer der Compaq GmbH in München, hat sich für 1996 einiges vorgenommen. Hier die interessantesten Zusagen für den Computerfachhandel.

Händlerschulungen:

"In Schulungsprogramme für den professionellen Fachhandel werden wir rund fünf Millionen Mark investieren."

Marketinghilfen:

"In Zukunft wollen wir die Kompetenz und die Leistungsfähigkeit unserer autorisierten Partner besser vermarkten. So werden wir beispielseise unseren Kunden eine Vorhilfe dafür geben, wo sie in ihrer Nähe Lösungslieferanten finden. Einer Zahnarztpraxis beispielsweise schicken wir die Information, wo sie in Deutschland einen passenden Anbieter findet. Das Konzpet ist derzeit noch nicht ganz fertig, soll aber in den nächsten Monaten in einem Schwung umgesetzt werden. Wir mußten zuerst die Strukturen schaffen, jetzt können wir uns auf die entsprechende Kommunikation und die Vermarktung konzentrieren. Für den SAP-Bereich beispielsweise bieten wir unseren rund 40 Lösungspartnern so etwas ja schon an."

Compaq Link:

"Unser Informationsservice für autorisierte Partner, Compaq Link, ist sehr erfolgreich. Es ist ja praktisch von zwei anderen großen Herstellern - IBM und Hewlett-Packard - im Prinzip übernommen worden. In diesen Tagen unterziehen wir Compaq Link nochmals einer gründlichen Renovierung. Nicht nur im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit, sondern vor allem auf die Benutzerfreundlichkeit.Ich denke, daß wir damit bis Ende Januar fertig sind."

Lagerhaltung:

"Die Lagerhaltung wird in unserer Industrie ein ständiger Drahtseilakt bleiben. Schwierig ist dabei immer die Frage, wie und wann kündigt man an. Wir werden versuchen, einen verantwortungsvollen Mittelweg zu gehen. Aber wir haben nie eine Lagerbevorratungspolitik verfolgt. Also, daß wir beispielsweise den Handel gezwungen haben, ein Lager aufzubauen. So nach dem Motto: Wenn er 500 Stück abnimmt, bekommt er einen Kugelschreiber. Das machen sonst alle Wettbewerber, besonders um das Quartalsende herum. Solche Programme wird es bei uns auch jetzt nicht geben."

Umsatzziel:

"Eine genaue Zahl als Umsatzziel anzugeben, halte ich für töricht. Wir wollen auf jeden Fall schneller wachsen als der Markt."

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