Computer 2000 AG: Generalbeichte auf der Hauptversammlung

05.09.1997
MÜNCHEN: Bei der Computer 2000 AG rumort es unablässig. Der Konzern muß sich einerseits mit der wachsenden Kritik seiner Aktionäre und Partner am - vorerst - gescheiterten Sprung in Amerikas Massenmarkt auseinandersetzen. Dazu kommen jetzt interne Umstrukturierungen durch die engere Anbindung an die Viag. Doch die Konzernleitung sieht keinen Grund zur Panik.Walter von Szczytnicki sind die Anstrengungen der vergangenen Monate anzumerken. Auf der Hauptversammlung des Unternehmens Ende April in München sprach er vom "härtesten Geschäftsjahr seit Bestehen des Konzerns". Und auch das kommende wird kein Spaziergang. Über die leidige Ameriquest-Affäre haben wir bereits mehrfach berichtet (siehe auch Ausgabe 7, Seite 23). Szczytnicki scheint allerdings zuversichtlich, das "Faß ohne Boden" (ein Aktionärssprecher) gestopft zu haben. Die Antwort des Finanzchefs Manfred Günzel auf die Schimpftirade eines Kleinaktionärs, der gleich "Zweifel am Fortbestand des Unternehmens" äußerte und weitere, unabsehbare Folgekosten befürchtet ("Der Bremsweg in Amerika kostet uns Aktionäre nochmal 30 Millionen Dollar - was kommt da noch nach?") gibt Einblick in die Höhe der Investitionen in Ameriquest: 50 Millionen Dollar für den Kauf (rund 80 Millionen Mark) und 30 Millionen Dollar für neuerliche Investitionen (rund 50 Millionen Mark) - das ergibt 130 Millionen Mark bislang. Zudem übernimmt der Konzern die Sicherheit für die Gewährung von Bankenkrediten in Höhe von 33 Millionen Dollar an die US-Tochter.

MÜNCHEN: Bei der Computer 2000 AG rumort es unablässig. Der Konzern muß sich einerseits mit der wachsenden Kritik seiner Aktionäre und Partner am - vorerst - gescheiterten Sprung in Amerikas Massenmarkt auseinandersetzen. Dazu kommen jetzt interne Umstrukturierungen durch die engere Anbindung an die Viag. Doch die Konzernleitung sieht keinen Grund zur Panik.Walter von Szczytnicki sind die Anstrengungen der vergangenen Monate anzumerken. Auf der Hauptversammlung des Unternehmens Ende April in München sprach er vom "härtesten Geschäftsjahr seit Bestehen des Konzerns". Und auch das kommende wird kein Spaziergang. Über die leidige Ameriquest-Affäre haben wir bereits mehrfach berichtet (siehe auch Ausgabe 7, Seite 23). Szczytnicki scheint allerdings zuversichtlich, das "Faß ohne Boden" (ein Aktionärssprecher) gestopft zu haben. Die Antwort des Finanzchefs Manfred Günzel auf die Schimpftirade eines Kleinaktionärs, der gleich "Zweifel am Fortbestand des Unternehmens" äußerte und weitere, unabsehbare Folgekosten befürchtet ("Der Bremsweg in Amerika kostet uns Aktionäre nochmal 30 Millionen Dollar - was kommt da noch nach?") gibt Einblick in die Höhe der Investitionen in Ameriquest: 50 Millionen Dollar für den Kauf (rund 80 Millionen Mark) und 30 Millionen Dollar für neuerliche Investitionen (rund 50 Millionen Mark) - das ergibt 130 Millionen Mark bislang. Zudem übernimmt der Konzern die Sicherheit für die Gewährung von Bankenkrediten in Höhe von 33 Millionen Dollar an die US-Tochter.

Mit Verwunderung und Sympathie nahmen die versammelten Aktionäre Szczytnickis Offenheit in bezug auf strategische Entscheidungen im Unternehmen zur Kenntnis. Er gab "Fehlentscheidungen" zu, bekannte, mit Ameriquest auf das "falsche Pferd" gesetzt zu haben. Man habe "mit falschem Management zu kämpfen gehabt" und es nicht erreicht, die Lieferanten zu bekommen, die man haben wollte. "Das war alles eine Nummer zu groß, wir waren zu mutig" mußte er eingestehen. Allerdings schränkte Szczytnicki ein, daß er noch immer für die Entscheidung, in den US-Markt einzutreten, geradestehe und daß "der Unfall Ameriquest uns nicht aus den Geleisen werfen wird".

Doch seien auch im laufenden Geschäftsjahr 1996/97 wieder rote Zahlen zu erwarten, allerdings würden alle anderen Geschäftsbereiche so gut laufen, daß Szczytnicki seiner Prognose treu bleibt, im Jahr 2000 sei mit einem Umsatz von über zehn Milliarden Mark und einem Vorsteuergewinn von 100 Millionen Mark zu rechnen.

Ganz so eitel Sonnenschein, wie der Vorstand glauben machen wollte, herrscht allerdings nicht. Das Europa-Geschäft läuft zwar tatsächlich erfreulich gut. Aber Computer 2000 hat am eigenen Leib erfahren müssen, wie sensibel die Märkte außerhalb der deutschen Landesgrenzen sind. Die Schweizer Niederlassung, einst die "Perle im Europa-Geschäft von Computer 2000", raste vor wenigen Monaten mit ihren Umsätzen in den Keller. Szczytnicki nennt als Gründe vor allem stagnierende Marktwachstumszahlen, die Rezession und die Zahl der Wettbewerber, die sich innerhalb kürzester Zeit verdoppelt habe. Ein weiterer Grund, den er kurz als "hausgemachte Probleme" umschrieb, war im Managementwechsel angesiedelt, der unternehmensnahen Kreisen zufolge dazu führte, daß die Mitarbeiter der Niederlassung gleich zuhauf zur Konkurrenz wechselten. Der C2000-Vordere Szczytnicki versicherte aber, hinsichtlich der Schweiz und dem anderen Sorgenkind Lateinamerika sei jetzt "alles in den trockenen Tüchern".

In dem Zusammenhang wies ein Unternehmenssprecher jeden Verdacht weit von sich, Computer 2000 solle durch Ingram Micro übernommen werden - ein Gerücht, das besonders seit dem Tech-Data/Macrotron-Deal neue Nahrung erhalten hatte. "Warum sollten wir unsere Unabhängigkeit aufgeben, wir stehen doch sehr gut da", fragt sich Andreas Bruck, der für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Konzerns zuständig ist. "Außerdem: bei einer solchen Verbindung würden doch wohl bei den Kartellbehörden die Alarmglocken schrillen." Auch Szczytnicki hält nichts von solchen Verbindungen: "Bei Tech Data unterzuschlüpfen, ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee war..." kommentiert er den Schritt seines Wettbewerbers. Von Konkurrenzängsten geschüttelt durch die Amerika-Töchter wie Macrotron oder CHS-Merisel zeigt sich der Computer-2000-Mann sowieso nicht gerade: "Allein unsere Landesgesellschaft in Deutschland arbeitet profitabler, als der ganze Macrotron-Konzern zusammen", brüstete er sich vor seinen Aktionären. Auch was die Logistik oder die Einrichtung eines einheitlichen EDV-Systems für die unterschiedlichen Länder angehe, läge sein Unternehmen mit einem Vorsprung von fünf, sechs Jahren klar vorne.

Insgesamt stellte sich Europas größter Distributor auf seiner Hauptversammlung also recht gut auf. Auch die Aussicht auf die Umstrukturierungen durch die Entscheidung des Klöckner & Co-Managements, die Computer 2000 AG direkt an die Viag anzubinden, kann ihn nicht erschüttern. Aufsichtsratsvorsitzender Helmut Burmester bestätigte, daß die Anteile von 75,02 Prozent, die KlöCo an Computer 2000 hält, "zu einem noch festzulegenden Zeitpunkt" direkt an die Viag übertragen werden. Ein Aktionär fragte an, ob dieser Schritt darauf zurückzuführen sei, daß KlöCo den Distributor nicht mehr für ein global agierendes Unternehmen halte und deswegen auf Abstand ginge. Burmester, der gleichzeitig Chef der Klöckner & Co ist, wollte von dererlei Verdächtigungen nichts hören: "Diese Neuordnung wäre auch dann vonstatten gegangen, wenn Computer 2000 superprofitabel wäre", versicherte er. Mit Schwierigkeiten sei nicht zu rechnen, schließlich sei die Viag auch bisher nicht fern von C2000 gewesen. (du)

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