Computer 2000 und die völlig neue Erfahrung

17.05.2001

Die Buschtrommeln verkünden, dass die Geschäfte der Computer 2000 Deutschland GmbH derzeit wenig Anlass zum Jubeln bieten. Von offizieller Computer-2000-Seite ist dazu nur zu hören, dass diese Gerüchte falsch seien. Was wahr ist, erfährt man aber nicht. Die Begründung: Man befürchte sonst Schwierigkeiten mit der amerikanischen Börsenaufsicht. (Artikel zu diesem Thema auf Seite 43 dieser Ausgabe.)

In der Vergangenheit, als Computer 2000 in schöner Regelmäßigkeit über gute Geschäftsentwicklungen berichten konnte, hatte der Münchener Distributor keine derartigen Schweige-Attacken. Bekannt ist ohnehin der Zusammenhang zwischen der Auskunftsfreudigkeit eines Unternehmens und der Geschäftslage. Kommt kein Geld in die Firmenkasse, hat das Sprichwort "Reden ist Silber, Schweigen ist Gold" Hochkonjunktur. Ist ja auch völlig verständlich: Welches Unternehmen verbreitet schon gerne und freiwillig schlechte Nachrichten über sich selbst? Ob es aber klug ist, angesichts von Gerüchten den Kopf in den Sand zu stecken und einfach gar nichts Substanzielles dazu zu sagen, ist zweifelhaft. Denn damit überlässt man den Gerüchten das Feld, und nach dem bekannten Kinderspiel "Stille Post" wird die Situation des Unternehmens bei jedem Gespräch immer kritischer.

Dabei ist Computer 2000 kein Sonderfall. Zahlreiche Unternehmen der IT-Branche haben mit dem selben Problem zu kämpfen. Was ist das Problem? Jahrelang bestand die wesentliche Herausforderung von IT-Unternehmen darin, das fulminante Wachstum zu managen, irgendwie. Heute stehen sie vor einer grundlegend neuen Herausforderung: Plötzlich müssen sie nicht mehr das Wachstum, sondern die Stagnation oder sogar Umsatzrückgang managen. Das ist nicht nur ein finanzielles, ein administratives, ein organisatorisches und ein zeitliches Problem, sondern das ist ganz wesentlich auch ein mentales Problem. Und zwar nicht nur für die Unternehmensführung, sondern ebenso auch für jeden einzelnen Mitarbeiter.

Denn diese Situation ist in der IT-Branche völlig neu. Es gibt keine Erfahrungen, auf denen man aufbauen kann, weder im Management noch in der Belegschaft. Eine Branche, die Jahre lang mit beiden Füßen auf dem Gaspedal stand und im Geschwindigkeitsrausch war, muss nun auf die Bremse treten. Für viele, vor allem junge Mitarbeiter ist das schwer zu begreifen. Sie sind in dem Glauben aufgewachsen, dass es immer nur aufwärts geht. Plötzlich läuft es nicht mehr so gut wie gestern noch, obwohl man sich genauso anstrengt. Obwohl man nicht Schuld an der Situation ist, soll man bestraft werden. Der Druck wird größer, auch die individuelle Arbeitsbelastung, vor allem aber verändert sich das Klima: Der Frohsinn des Erfolgreichen und vom Erfolg Verwöhnten weicht sorgenvollem Trübsinn.

Jetzt ist vom Management Führungsqualität gefragt. "Management muss sich unter Schlechtwetterbedingungen bewähren", sagt der Schweizer Wirtschaftsprofessor Fredmund Malik, und fährt fort: "Die Bewährungsprobe kommt dann, wenn es Schwierigkeiten gibt; wenn es nicht mehr genügt, die Leute nur bei Laune zu halten, Spaß zu haben und sich selbst zu verwirklichen." Jetzt haben die Führungskräfte in der IT-Branche die Gelegenheit zu zeigen, dass sie keine Schönwetterkapitäne sind. Da wird es sicher noch das eine oder andere Aha-Erlebnis geben.

Damian Sicking

dsicking@computerpartner.de

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