Computer Associates vernachlässigt ihre Partner

19.07.2001
Wie jedes Jahr rief auch diesmal Computer Assocates ihre Mitarbeiter und Partner zur Teilnahme an der CA-World genannten Veranstaltung auf. Und wie jedes Jahr haben die Firmenchefs wieder mal eine neue Strategie präsentiert.

Zum ersten Mal nicht in New Orleans sondern in Orlando fand die CA-World statt. Als Grund für den Umzug gaben die Verantwortlichen die ausgereizten Kapazitäten in der Stadt am Mississippi an. In der Tat mussten letztes Jahr sogar Dampfschiffe zur Unterbringung der Gäste angemietet werden. "Für 26.000 Besucher ist Orlando besser geeignet" so eine Unternehmenssprecherin.

Vier Brands, sechs Produktbereiche

Diesen Umzugs hätte es gar nicht bedurft. Seltsam leer wirkte das Convention Center in Orlando - dort verloren sich nur 10.000 Besucher. Ob es an der momentanen Flaute der US-Wirtschaft lag, an mangelndem Interesse von Kunden und Partnern oder an der Wahl des Tagungsortes, die Wahrheit liegt hier irgendwo dazwischen.

Dabei hat die CA-Führung keine Kosten und Mühen gescheut, um ihre "neue" Produktstrategie im passenden Rahmen zu präsentieren. Nochmals hat der Firmenchef Sanjay Kumar die Fokussierung auf die sechs "Kernbereiche" Enterprise-Management, Sicherheit, Storage, E-Business-Tools, Portale und Wissensmanagement sowie Analyse- und Visualisierungswerkzeuge betont. (Siehe auch Kommentar auf Seite 8.)

Das Ganze soll wiederum Informationen, Prozesse und die Infrastruktur in den Unternehmen managen helfen. Insgesamt vier "Brands" (Marken) spielen bei Computer Associates nun eine wichtige Rolle. Als erstes ist da natürlich die Systemmanagement-Lösung "Unicenter" zu nennen. Mit der Version 3.0 können Kunden nun auch nur einzelne Module dieser Software erwerben, ein sogenanntes "Framework", wie noch beim Vorgängermodell TNG üblich, ist nicht mehr notwendig. Auch die Funktion, mehrere un-terschiedliche Datenbanksysteme verwalten zu können, soll in Unicenter 3.0 verbessert worden sein.

Als neues/altes Brand gilt ferner "Etrust" für die Produktlinie Sicherheit. Mit ihrem Komplettpaket aus Antivirensoftware, Firewall, Intrusion Detection, VPN, und PKI (Verzeichnis-orientierte Zugangslösungen) sieht sich Computer Associates ebenfalls als Marktführer. Diese Aussage entlockt dem bei der Hurwitz Group für Sicherheitsfragen zuständigen Analysten nur ein müdes Lächeln: "Alles Kinderkram."

Ein neues Produkt gab es immerhin im Bereich Storage vorzustellen. Als erste Lösung unter dem tatsächlich frisch kreierten Brand "Brightstor" gilt eine Enterprise-Version der Backup-Lösung. Lauffähig auf allen Windows-Plattformen, unter den gängigsten Linux- und Unix-Versionen, aber auch unter OS/390 und weiteren Mainframe-Betriebssystemen schafft die CA-Lösung einen Datendurchsatz von bis zu 1,5 Terabyte pro Stunde.

Für CAs Hauptkonkurrenten im Storage-Bereich, Veritas, ist dies offenbar kein Grund, Angst zu bekommen. "Das, was Brightstor verspricht, machen wir schon seit zehn Jahren", so der zuständige Produktmanager. Und er kann gut lachen, wuchs doch laut Gartner der Storage-Marktanteil von Veritas im letzten Jahr auf 39,1 Prozent weltweit. Brightstors Vorgänger "Arcserve" kam gerade mal auf 21,3 Prozent. Hier bleibt noch für Computer Associates viel zu tun, um die vermeintliche "Marktführerschaft" tatsächlich zu erobern.

Übernächsten Monat möchte der Konzern in Europa ein völlig neues Channel-Partner-Programm verabschieden. Die einfach gestrickte VIP-Initiative (Very Important Partners) soll durch ein dreistufiges Konzept abgelöst werden. Auf der untersten Sprossenleiter finden sich dann einfache Wiederverkäufer als sogenannte "Affiliates" wieder. Diese erhalten die Produkte ausschließlich über die Broadline-Distributoren.

Auf dem nächst höheren Level darf sich dann ein CA-Partner mit dem "Premier"-Status schmücken. Hierfür muss er sich lediglich auf der CA-Website anmelden und bekommt dafür einen Ansprechpartner beim Hersteller, eingeschränkte Marketing- und Verkaufsunter- stützung gibt es obendrauf.

Ein größeres Gewicht legt Computer Associates aber auf sogenannte "Enterprise"-Partner. Diese System-integratoren und VARs müssen be-stimmte Mindestumsätze mit CA-Produkten erzielen: In den USA liegt die derzeitige Untergrenze für den Enterprise-Status bei 25.000 Dollar jährlich, in Europa soll diese Vorgabe von Land zu Land flexibel gehandhabt werden. Außerdem müssen sich Enterprise-Partner auf ein spezielles Gebiet, sei es Sys- tem-Management, Sicherheits- oder Speicher-Lösungen spezialisieren, und dafür mindestens einen Techniker, eine Marketing-Fachkraft und einen Verkäufer explizit freistellen. Europaweit hat sich Computer Associates zum Ziel gesetzt, in jedem der drei genannten Bereiche 40 bis 50 Enterprise-Partner zu gewinnen.

VARs wird nicht viel zugetraut

Soweit die Theorie, in der Praxis sieht es natürlich anders aus: "Das mit dem festen Ansprechpartner bei Computer Associates klappt schon mal gar nicht", klagte ein CA-Partner aus Bayern sein Leid. "Dabei ist dieses Versprechen explizit in den Verträgen aufgeführt. Aber die starke Personalfluktuation bei CA verhindert dies wohl", mutmaßt der Süddeutsche.

Trotzdem wollen die befragten deutschen Partner nächstes Jahr wieder an der CA-World teilnehmen. "Hier treffen wir all die Ansprechpersonen von der amerikanischen Zentrale, an die wir sonst kaum herankommen", nennt einer von ihnen seine Beweggründe. Das abgespeckte Rahmenprogramm in Orlando fand aber nicht bei allen Gefallen: "Ich hätte mir schon mehr technische Sessions gewünscht", so ein Teilnehmer aus Baden-Württemberg. Überhaupt, war die ganze Veranstaltung sehr stark von CA allein geprägt, Vorträge von Channel-Partnern blieben Mangelware. "Ich darf hier nur was erzählen, wenn ich mir einen teuren Stand auf der begleitenden Ausstellung miete", so ein nicht genannt werden wollender Partner. Ganz unabhängig kann er aber auch seinen Vortrag nicht gestalten, immer ist ein "Aufpasser" von Computer Associates dabei.

Man konnte sich einfach nicht des Eindrucks erwehren, dass Partner für Computer Associates nur eine Randerscheinung darstellen. Das bestätigte auch der für Sicherheitsprodukte zuständige CA-Manager Simon Perry: "Reine Verteidigungsprodukte wie Antivirensoftware oder Firewalls überlassen wir weitgehend dem Fachhandel, bei lösungsorientierten Ansätzen wie PKI ist im Channel nicht genügend Know-how vorhanden."

Derartige Projekte möchte also CA weitgehend in Eigenregie durchführen und traut den VARs offenbar nicht all zu viel zu: "Das würde ja bedeuten, dass ein an PKI interessierter Systemintegrator bis zu einem Monat für Schulungen investieren müsste, das können nur die wenigsten von ihnen leisten", so Perry gegenüber ComputerPartner. Hier sieht der Produktmanager einen maximalen Channel-Anteil von 20 Prozent als realistisch ein.

"In Deutschland macht CA maximal sieben Prozent des Umsatzes über den Channel", entgegnet dem ein ehemaliger Partner. Hierfür war drei Jahre lang André Cuenin zuständig, nun ist der Schweizer wieder in seiner Heimat für den Direktvertrieb verantwortlich. Die Stelle eines Channel-Managers Deutschland gibt es nicht mehr, nun genügt CA eine Person für ganz Zentraleuropa. Die gesamte Channel-Abteilung hat durch Kündigungen und Entlassungen etwa die Hälfte der Mitarbeiter verloren.

ComputerPartner-Meinung:

Partner spielen für Computer Associates keine allzu große Rolle. Maximal 20 bis 30 Prozent des hiesigen Geschäfts werden über den Channel abgewickelt. Und auch in Orlando wurde das Channel-Symposium regelrecht "verheimlicht", und am zweiten Tag dort sogar die Presse ausgesperrt. So können wir Ihnen leider keine aufsehenerregenden Meldungen zur neuen Channelstrategie des Konzerns bringen. Schade eigentlich, denn Unicenter 3.0 hat das Potenzial zur marktbeherrschenden System-Management-Suite. Leider fehlt es Computer Associates an Fachkräften, die diese Lösung bei Kunden implementieren können. Was läge hier also nicht näher, als mehr Systemintegratoren mit ins Boot zu nehmen? (rw)

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