Big Brother

Computer-Gesichtserkennung am Bahnhof: Trefferrate über 80 Prozent

12.10.2018
Wer öffentliche Verkehrsmittel nutzt, will sich an Bahnhöfen sicher fühlen. Doch Software, die automatisch piepst, wenn ein bestimmter Mensch den Bahnhof betritt, weckt auch Angst vor einem Überwachungsstaat.
Datenschützer sehen durch die automatisierte Gesichtserkennung Persönlichkeitsrechte von Menschen verletzt.
Datenschützer sehen durch die automatisierte Gesichtserkennung Persönlichkeitsrechte von Menschen verletzt.
Foto: Valery Brozhinsky - shutterstock.com

Ein Pilotprojekt zur automatischen Gesichtserkennung am Berliner Bahnhof Südkreuz hat gezeigt, dass Computersysteme beim aktuellen Stand der Technik eine Trefferquote von mehr als 80 Prozent erreichen. Nach der Auswertung der Ergebnisse des einjährigen Versuchs teilte das Bundesinnenministerium am Donnerstag mit: "In über 80 Prozent der Fälle wurden die Testpersonen durch die Systeme zuverlässig erkannt." In weniger als 0,1 Prozent der Fälle sei ein Mensch von der Software verwechselt worden.

Bundespolizei-Präsident Dieter Romann sagte: "Die Technik erleichtert es, Straftäter ohne zusätzliche Polizeikontrollen zu erkennen und festzunehmen." Dies bedeute einen "erheblichen Sicherheitsgewinn". Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erklärte: "Die Systeme haben sich in beeindruckender Weise bewährt, so dass eine breite Einführung möglich ist." Das Ministerium wies allerdings darauf hin, nicht das Gesichtserkennungssystem, sondern Polizisten würden im Einzelfall entscheiden, ob der automatisch generierte Treffer ein polizeiliches Einschreiten erfordere und welche Maßnahmen ergriffen werden müssten. Seehofer erklärte, sollte die Einführung beschlossen werden, müsse zunächst eine Rechtsgrundlage im Bundespolizeigesetz geschaffen werden, um die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen dafür klar zu regeln.

Datenschützer kritisieren die automatisierte biometrische Gesichtserkennung scharf. Sie sagen, durch die Technik würden Persönlichkeitsrechte von Menschen verletzt, der Überwachungsstaat weite sich aus.

Test geht in die nächste Runde

Der Test an dem Bahnhof hatte am 1. August 2017 begonnen. Dafür meldeten sich 312 Pendler freiwillig. Fotos der Teilnehmer des Versuchs wurden im Testzeitraum automatisch - bei Tag und Nacht - mit den Aufnahmen von an dem Bahnhof installierten Videokameras abgeglichen.

In einem zweiten Versuch soll voraussichtlich ab Januar 2019 getestet werden, inwieweit Computerprogramme gefilmte Situationen und Gegenstände analysieren können. Damit will die Deutsche Bahn feststellen, wie gut die Programme seltene oder gefährliche Abweichungen von der Normalität im Bahnhof erkennen können. Dazu zählen beispielsweise hilflose Menschen und Gegenstände, die stehengelassen wurden oder Menschengruppen, die ein auffälliges Verhalten zeigen - etwa indem sie alle schnell zu einer bestimmten Stelle laufen.

Videoüberwachung gibt es zwar jetzt schon an vielen Bahnhöfen. Doch schaffen es die Wachleute und Polizisten nicht, die Aufnahmen ständig aufmerksam live zu beobachten. Bahn und Bundespolizei sind deshalb an Systemen interessiert, die automatisch Alarm schlagen. (dpa/ph)

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