Computerhersteller will im Jahr 2001 Spitzenposition in Europa erobern

14.10.1999

FRANKFURT/MAIN: Nach der Geburtstagsfeier am 1. Oktober hat die Fujitsu Siemens Computers ihre Fachhandelspartner auf den neuen Kurs eingeschworen. Die wichtigste Botschaft dabei: Erzfeind Compaq ist europaweit nur mit dem Fachhandel zu schlagen.Die Skepsis vor allem unter den ehemaligen Siemens-Partnern ist groß: "Der Merger von Fujitsu und Siemens bringt durchaus Vorteile. Dennoch bin ich mir nicht sicher, welche Rolle wir dabei spielen werden. Am Ende wird wieder viel versprochen und nichts gehalten", bringt ein Händler seine Unsicherheit zum Ausdruck. Ein anderer stimmt ihn zu: "Um alles glauben zu können, was uns erzählt wird, haben wir bei Siemens schon viel zu viel mitgemacht."

Dennoch bemühte sich das neue Fujitsu-Siemens-Management nach Kräften, auf dem großangelegten Informationstag vergangene Woche in Frankfurt/Main die Skepsis unter den Fachhandelspartnern auszuräumen. So machte gleich zu Beginn der Veranstaltung Klaus Elias, Geschäftsführer Fujitsu Siemens Computers, den Standpunkt des Unternehmens deutlich: "Wir wollen unsere Marktposition ausbauen, und dazu benötigen wir Sie." Und Fujitsu-Siemens-Präsident Winfried Hoffmann ging in die Offensive: "Sollte am Anfang etwas nicht so klappen, entschuldigen wir uns schon jetzt dafür."

Servergeschäft als Goldesel Nummer eins

Hoffman ließ keinen Zweifel daran, wo er den Computerhersteller im Jahr 2001 sieht: auf dem obersten Treppchen aller europäischen PC-Unternehmen. "Wenn einer glaubt, der Markt ist schon aufgeteilt, hat er sich gewaltig getäuscht", rief er den rund 500 anwesenden Fachhändlern zu. Ohnehin befindet sich Fujitsu Siemens seiner Ansicht nach schon jetzt auf der Überholspur. Besonders die Vorteile, die beide Partner in die Waagschale werfen könnten, seien unschlagbar: Siemens mit einem starken Corporate-Geschäft und Fujitsu mit einem sehr gut funktionierenden Fachhandelskanal. Immerhin werden nach Angaben von Hoffmann heute rund 80 Prozent des europäischen Volumengeschäfts indirekt abgewickelt. An diesem starken indirekten Vertrieb werde Fujitsu Siemens auch in Zukunft festhalten, betonte Hoffmann. So gestärkt gehe es dann gemeinsam gegen das Feindbild Nummer eins.

"Wir brauchen keine amerikanischen Kartoffeln in Europa, wir haben genug eigene", erklärte er Compaq den Krieg.

In die gleiche Kerbe schlug auch Bernd Puschendorf, der sich gemeinsam mit Klaus Elias, Kai Flore und Achim Berg die deutsche Geschäftsführung teilt. "Compaq ist jetzt fällig", feuerte er sein Publikum an. Um den starken Worten Nachdruck zu verleihen, stellte Puschendorf das neue Vertriebskonzept vor. Dazu gehört in erster Linie der Ausbau des Partner- und Kundengeschäfts. "Wir wollen nicht unbedingt neue Fachhandelspartner hinzugewinnen, sondern vielmehr in unsere bisherigen investieren", erklärte der Ex-Siemens-Manager. Weiterhin sei das Unternehmen dabei, Lieferzeiten und Logistik zu verbessern, die nach eigenen Einschätzung oftmals nicht akzeptabel waren. Gearbeitet werde auch an einem E-Commerce-Tool, über das der Endkunde direkt bestellen kann. Last but not least stehen laut Puschendorf der Ausbau des Servergeschäfts ("die Basis allen Profits") und die Suche nach Partnern für dieses Marktsegment im Vordergrund.

Marktanteil im Mittelstandsgeschäft ausbauen

Während das Großkundengeschäft in alter Siemens-Tradition derzeit noch fast komplett direkt abgewickelt wird, soll das besonders anvisierte Marktsegment Mittelstand künftig ausschließlich vom Fachhandelskanal bedient werden. "Derzeit haben wir einen Marktanteil von 2,5 Prozent. In den kommenden 18 Monaten soll dieser auf mehr als 15 Prozent ausgebaut werden", gab Mit-Geschäftsführer Elias die Richtung vor. Dazu sollen nach Angaben von Harald Bernreuther, Vertriebsdirektor Qualified Partner Development, ein branchen- und lösungsorientierter Kanal sowie spezielle Technologiepartner aufgebaut werden. Außerdem müßten nach den Worten von Bernreuther die Verbandsarbeit gestärkt und sogenannte "Selling-Teams" gebildet werden.

"Ein Selling-Team ist die Verbindung von Partnern mit unterschiedlichstem Know-how, um so den Mittelstand optimal betreuen zu können", erläuterte der Manager.

Bevor es aber mit vereinten Kräften Compaq an den Kragen gehen soll, muß Fujitsu Siemens noch eine Menge Hausaufgaben erledigen - insbesondere, was die Zusammenführung bestehender Partnerschaften angeht. Laut Elias bleibt zuerst einmal alles wie bisher. In den nächsten drei Monaten gehe es dann darum, Partner nach ihren Fähigkeiten zu identifizieren (siehe Kasten). Im nächsten Schritt würden Partnerprogramme und Konditionen abgeglichen werden. Im Januar sollen neue Verträge aufgesetzt und die Preismodelle angepaßt werden. Zum 1. Februar schließlich gibt es nach Informationen von Bernreuther eine einheitliche Preisliste, bevor am 1. April das erste gemeinsame Geschäftsjahr startet. Geplant sei auch, daß zunächst jeder Fachhändler seinen Ansprechpartner beibehalte.

Keine weiteren Distributoren im Visier

Neu in der Zusammenarbeit mit Partnern ist vor allem der Vertrieb über die Distribution, mit der weder Siemens noch Fujitsu bisher in großem Stil in Deutschland kooperiert haben - und auch nicht deren Händler. Für diese bricht damit eine neue Zeitrechnung an, zumindest wenn der Jahresumsatz, der mit Fujitsu Siemens getätigt wird, nicht über 600.000 Mark liegt. In diesem Fall, so sieht es der Computerhersteller vor, muß der Fachhändler über die Distribution einkaufen. Direkt von Fujitsu Siemens werden demnach nur noch die Partner beliefert, die entweder den vorgegebenen Mindestumsatz erreichen, oder autorisierte Fachhandelspartner. Und auch bei dem derzeitigen Mindestumsatz ist das letzte Wort noch nicht gesprochen: Zwar gelte diese Vereinbarung laut Elias für mindestens ein Jahr. Danach sei es aber vorstellbar, diesen Betrag weiter anzuheben.

Viel Wert legt Fujitsu Siemens bei seinen "neuen" Fachhandelspartnern auf Dienstleistungen, die rund um das Produkt angeboten werden sollen. Dazu gehört auch das Servicegeschäft, das außer im Enterprise-Segment künftig komplett von Fujitsu-Siemens-Partnern gehandelt werden soll. Voraussetzung dafür ist aber eine entsprechende Qualifizierung.

Insgesamt glaubt sich Fujitsu Siemens für den Kampf gegen Erzfeind Compaq gut gerüstet. Und auch die Fachhändler scheinen sich in der neuen Partnerschaft schon jetzt recht wohlzufühlen. Die Veranstaltung auf jeden Fall kam bei vielen gut an. Wito-Geschäftsführer Martin Bothner bringt die Gründe dafür auf den Punkt: "Die Veranstaltung hat meine Bedenken, die ich in Richtung Direktvertrieb hatte, fast ausgeräumt. Obwohl ein bißchen Skepsis immer noch bleibt." (sn)

Rund 500 Fujitsu-Siemens-Partner kamen vergangene Woche nach Frankfurt, um aus erster Hand zu erfahren, wie es mit ihnen weitergehen soll.

Zur Startseite