Computex 2002 mit neuen Rekordzahlen aber wenig Innovation

20.06.2002
Wie in den Jahren zuvor platzte die größte IT-Messe Asiens "Computex Taipei ‘02" aus allen Nähten und strotzte mit einem neuen Aussteller- und Besucherrekord. Doch allen Durchhalteparolen zum Trotz, war die Stimmung eher trist und von echten Innovationen wenig zu sehen.

Wenn hübsche Mädels vor dem World Trade Center in Taipei Spalier stehen, dann weiß man: Es muss Computex sein, die größte IT-Messe Asiens und nach der Cebit und der Comdex einer der wichtigsten Termine für internationale Einkäufer. Denn hier dreht sich alles um Business, sprich um vermarktbare Artikel.

"Sex sells at Computex Taipei", titelt die "Taipei Times" im einst so prüden Taiwan und meint damit mehr die Attraktionen drum herum als die Produkte selbst. Denn an echten Innovationen war wenig zu sehen, und auch die so sehnlichst erwarteten "Killerapplikationen" lassen auf sich warten. Auch die versprochene Erweiterung war noch nicht fertig. Denn längst platzt die Messe auf einer Fläche von nicht viel mehr als der Halle 1 der Cebit aus allen Nähten, und so mussten sich auch etliche ausländische Aussteller mit einem Platz auf der Warteliste zufrieden geben.

24.378 Fachbesucher, ein Plus von 4,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr, haben sich vom 2. bis 7. Juni nach offiziellen Zahlen um 2.300 Messestände gedrängt. Die meisten ausländischen Einkäufer kamen dieses Jahr aus den USA. Sie haben damit die Japaner vom Spitzenplatz vertrieben.

Letzter Versuch mit Tablet-PCs?

Vorbei an dem mitten im Bau befindlichen höchsten Hochhauses der Welt mit 508 Metern und 101 Stockwerken geht es zur Halle 2, wo sich ursprünglich die Motherboard-Hersteller ein Stelldichein gaben. Star der Computex auf der Board-Seite war sicherlich der "Hammer" (K8) von AMD als Nachfolger des Athlon XP. Aber viele von ihnen wurden von den fünf Themenpavillons für IEEE 1394, IA, Wireless, Security und Technologieentwicklung verbannt. Im IEEE-1394-Pavillion, der letztes Jahr bereits heiß umworben wurde, zeigten namhafte Hersteller wie Via, Ulead Systems und SIS jede Menge Firewire-Hardware- und Softwarelösungen. Im IA-Pavillon drehte sich alles um so genannte Internet Appliances, dessen einheimischer Produktionswert dem Market Intelligence Center (MIC) zufolge im letzten Jahr um 36 Prozent auf 1,74 Milliarden Dollar gestiegen ist und bis Ende 2003 bei über 3,1 Milliarden Dollar liegen soll. Die Produktspanne umfasst Web-Pads, Thin Clients, Net-TVs, Handhelds, im weitesten Sinne aber auch die von Microsoft auf der letzten Comdex vorgestellten "Tablet PCs" als Hoffnungsträger der taiwanischen IT-Industrie. Als Microsoft-Lizenzpartner malen sich hier vor allem FIC und der Acer-Spin-off Wistron gute Chancen im OEM-Business aus. Schlechte Zeiten für die traditionellen PDA-Hersteller wie Palm: Immer mehr taiwanische Hersteller einschließlich der klassischen Board-Maker springen auf den Zug und bringen die Geräte zum Teil unter eigenem Label heraus, womit auch die Preise in den Keller rutschen. Den Kunden kann es nur recht sein. Um den Verlust aufzufangen, müssen sich Markenanbieter wie Palm oder Compaq/HP notgedrungen nur noch mehr an ihre OEM-Partner in Taiwan halten.

Überhaupt war der auf der Computex 2002 von den Hardwareherstellern demonstrierte "Trend zu kleiner und billiger" sicherlich nicht gerade das, was die internationalen Einkäufer angesichts der allgemeinen Misere in der IT-Industrie vom Hocker gerissen haben dürfte. Gleiches gilt auch für die immer höheren Sprünge bei der Prozessorleistung. Das bekam zuletzt auch Intel zu spüren und hat mit seiner jüngsten Umsatz- und Gewinnwarnung am Rande der Messe neue Schockwellen in der IT-Industrie und an den internationalen Börsen ausgelöst.

Eyecatcher war die Vielzahl an neuen TFT-Displays einschließlich LCD-TVs. Benq, die OEM-Riesen Compal und Mitac sowie die Designerschmiede AG Neovo drängen in den stark wachsenden Markt. Aber da tut sich im Moment auch nicht viel, zumal die Margen aufgrund steigender Panelpreise und restlos erschöpfter Kapazitäten immer mehr nach unten gehen. Nichtsdestotrotz zählen LCDs zusammen mit Digitalkameras und CD-RW-Laufwerken laut MIC-Direktor Victor Tsan zu den besten Zugpferden der taiwanischen IT-Industrie.

mic.iii.org.tw

ComputerPartner-Meinung:

Die Computex zeigte es mal wieder deutlich: Als OEM-Paradies schlechthin drängt Taiwans IT-Industrie auch immer mehr in höherwertigere Produktkategorien vor. Aber Umsatz und Stückzahlen sind nun einmal nicht alles. Und wenn es an den Gewinnspannen hapert, dann werden sicherlich noch etliche Tränen in die Meerenge zwischen Taiwan und China fließen. (kh)

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