Comteam-Chef Schönemeyer: "Wölfe, die Blut sehen wollen"

17.08.2000
Die Deutsche Systemhaus GmbH hat Ärger im eigenen Haus: Mitglieder werfen Geschäftsführer Roland Kühl Inkompentenz und Desinteresse vor. Auch Karl Ulrich Schönemeyer, Vorstandsvorsitzender des Mutterhauses Comteam, gerät mehr und mehr in die Schusslinie.

Die Angelegenheit ist dem Mann sichtlich unangenehm. Das Thema sei komplex, die Strukturen diffizil, man könne die Sache nicht einfach so am Telefon besprechen. Doch dann kann sich Comteam-Chef Karl Ulrich Schönemeyer nicht mehr zurückhalten: "Die wollen Leistung, aber kein Geld bezahlen", platzt ihm der Kragen.

"Die", das sind Mitglieder der Deutschen Systemhaus GmbH (DSH), einer 100-prozentiger Comteam-Tochter, und sie tragen ihren Ärger in die Öffentlichkeit: Von Inkompetenz des DSH-Geschäftsführers Roland Kühl und Inhaltslosigkeit des Verbundes ist die Rede, dem Mutterhaus wird Lethargie vorgeworfen. "Schönemeyer hätte schön längst reagieren müssen. Doch der interessiert sich nur für den geplanten Börsengang im nächsten Jahr", schimpft ein Mitglied. Solche Kritik kommt bei Schönemeyer überhaupt nicht gut an. "Das sind Wölfe, die Blut sehen wollen!", tobt er.

Dabei klangen die Pläne so gut: Der "führende IT-Dienstleister und Lösungsanbieter mit 40 bis 50 Lokationen in Deutschland" wollte DSH werden, verkündet das Unternehmen noch immer selbstsicher auf der Homepage. Doch knapp zwei Jahre nach dem Start ist gerade mal etwas mehr als ein Dutzend Firmen unter dem Dach versammelt, und bei der momentanen Stimmungslage der Mitglieder ist eher zu erwarten, dass die Zahl ab- und nicht zunimmt. "Nach eineinhalb Jahren ist die Deutsche Sys-temhaus GmbH ein Scherbenhaufen", schimpft einer der Kritiker, der den Verbund verlassen will, falls sich am Führungsstil nichts ändert. Von dem Vorsatz, die DSH zu einem bundesweiten, konkurrenzfähigen Systemhausnetz für mittelständische Kunden zu machen, sei nicht viel geblieben, meint auch ein anderes Mitglied und schimpft: "Wir sind nie über den Norden hinausgekommen."

Auch beim Thema Finanzen sind einige Mitglieder nicht gut auf den Verbund zu sprechen: Rund 1.000 Mark monatlich überweist der Geschäftsführer eines Systemhauses an die DSH. Gegenleistung: "Eine Website und schöne Prospekte - das war’s", beschwert er sich. Auch hier hat man den Sündenbock schon gefunden: "Ich bringe es auf eine einfache Formel: Der derzeitige Geschäftsführer ist unfähig", so der trockene Kommentar.

Die Mitglieder sind nicht engagiert genug

Doch Schönemeyer stärkt dem DSH-Geschäftsführer, den die erbosten Mitglieder einstimmig zum Sündenbock erkoren haben, den Rücken: Kühl sei ein fähiger Mann, es sei aber sicherlich nicht einfach, bei so vielen verschiedenen Partnern Einigkeit zu erzielen. Wer von "nur" einem Web-Auftritt spreche, blicke nicht hinter die Kulissen: "Dahinter steckt ein riesiges Redaktionssystem und eine zentrale Redaktion, die den Mitgliedern die Möglichkeit bietet, ihre Profilierung durchzuführen." Wer das nicht tut, müsse sich schon an die eigene Nase fassen: "Hier muss man halt mitwirken. Wenn einige da nichts einbringen, kann auch die Zentrale nichts machen", so Schönemeyer weiter. Jedenfalls sei das System bei den meisten hervorragend angekommen.

"Schöne Prospekte" seien doch ein Beweis, dass Kühl das Marketing-Handwerk gut beherrsche, und von "keine Gegenleistung" könne schon gar keine Rede sein. Man habe Mailing-Aktionen und eine Roadshow durchgeführt, Aktionspakete geschnürt, Trainings- und Schulungsmaßnahmen mit minimalen Kostenaufwand angeboten und bei Lieferanten Einkaufsverbesserungen erreicht: "Insgesamt haben die Mitglieder sicher viel mehr Geld zurückbekommen, als sie an uns zahlen." Schönemeyer glaubt, das Problem einiger DSH-Mitglieder erkannt zu haben. So hätten sie einen zentralen Einkäufer zunächst abgelehnt. Jetzt hätten sie doch einen, der sei aber bei Comteam angestellt: "Die wollten den nämlich nicht bezahlen." Natürlich gebe es auch berechtigte Kritik, über Lösungen werde doch auch diskutiert: "Wir können nicht, wenn heute eine Kritik angebracht wird, vorgestern reagieren", sagt Schönemeyer.

Ja doch, schlägt die Opposition zurück, es habe schon einige erfolgreiche Geschäftsabschlüsse gegeben. Dies sei allerdings darauf zurückzuführen, das man untereinander so gute Kontakte pflege. "Es ist nicht so, dass wir einen brauchen, der irgendwelche Streithähne versöhnen muss, sondern einen, der die Stärken der Unternehmen nach Außen trägt", meint ein Mitglied. Kühl habe versäumt, eine produktspezifische Diskussion zu führen, jeder biete weiterhin die eigenen Produkte an. Die Kritiker haben sich auf den Manager eingeschossen: "Es ist schon traurig, wenn man eine so leistungsstarke Gruppe nicht motivieren und moderieren kann." Viele der Systemhäuser seien international tätig, da müsse man schon ein anderes Verständnis von der Branche mitbringen als Herr Kühl.

Schönemeyer stärkt Geschäftsführer den Rücken

Karl Ulrich Schönemeyer glaubt indessen, ein einzelnes Mitglied als Krisenherd ausgemacht zu haben, von dem er sich gerne trennen würde. Den Rest verbucht er unter "Gruppendynamik". Ein Mitglied mache massiv Stimmung gegen die Kooperation, und die anderen solidarisierten sich eben mit ihm. Kühl meint ebenfalls, der ganze Schlamassel gehe auf die Rechnung "eines Querulanten", will aber keinen Namen nennen. Sonst hält sich der Manager lieber bedeckt und verzichtet darauf, sich näher zu den Vorwürfen zu äußern.

Manchen gehe der Aufbau der komplexen Struktur vielleicht nicht schnell genug, meint Schönemeyer: "Roland Kühl hat aber nur zwei Hände und der Tag nur 24 Stunden." Den Gerüchten, man werde den Vertrag von Kühl, der angeblich zum Jahresende ausläuft, nicht verlängern, widerspricht Schönemeyer: "Das ist bisher überhaupt noch kein Thema." Aus dem Dunstkreis von Comteam ist allerdings Gegenteiliges zu hören: Angeblich steht noch diese Woche in einer Sitzung des Aufsichtsrates zur Debatte, ob man die Dienste des Geschäftsführers auch weiterhin in Anspruch nehmen will. (mf)

www.comteam.de

www.deutsche-system-haus.de

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