Comteam-Studie: schlechte Noten für Systemhäuser beim Umgang mit Kunden

11.09.2003
Auf der diesjährigen I&C-Zentralveranstaltung gab es nicht nur Gutes zu berichten: Zwar hat sich die Marke Comteam hervorragend etabliert, wie EP-Chef Oliver Haubrich berichtet, doch der Auftritt der Systemhäuser lässt noch zu wünschen übrig: Laut einer Studie schaffen es nur die wenigsten, einen professionellen Eindruck beim Kunden zu hinterlassen.

Knapp 500 Gäste - Comteam-Sys-temhäuser, I&C-Mitglieder, Hersteller und Interessenten - waren der Einladung zur diesjährigen I&C-Zentralveranstaltung nach Hannover gefolgt. Geboten wurden ein I&C-Forum, Workshops und Referate, ein ErfahrungsRoundtable zur Vermarktung von integrierten Kommunikationslösungen sowie individuelle Gespräche mit den Herstellern.

Electronic-Partner-Geschäftsführer Oliver Haubrich hatte über die Entwicklung der jungen Tochter Comteam nur Erfreuliches zu berichten: Das Ziel, bis 2004 etwa 200 Systemhäuser unter der Marke Comteam zu bündeln, habe man längst erreicht, auch die Umsätze hätten sich entgegen dem allgemeinen Markttrend positiv entwickelt. Man sei dem Anspruch, die "führende Systemhausmarke für den Mittelstand" zu werden, ein Stück näher gekommen, so Haubrich.

Finanzen und Marketing sind die größten Probleme

Drei Herausforderungen habe man allerdings noch zu meistern, so der Manager. Erstens die Projektfinanzierung: "Die Banken und Kreditversicherungen spielen verrückt, weil sie selber in einer Strukturkrise stecken". Zweitens die stärkere Annahme des EP-Leistungsportfolios durch die I&C-Systemhäuser: "Wir sind nicht deswegen so erfolgreich, weil wir nur drei Standards anbieten." Drittens die Fortbildung der Mitglieder bei Marketing und Vertrieb: "Das Defizit schlechthin."

Untermauert wurde seine Aussage durch eine empirische Studie, die ein erschreckendes Bild von den vertrieblichen Qualitäten der deutschen I&C-Partner zeichnet. Basis der Untersuchung, die von der Komdat Gesellschaft für externes Vertriebs-Management GmbH durchgeführt wurde, waren 180 repräsentativ ausgewählte Systemhäuser. Sie wurden mit einer konkreten Ausschreibung eines Konvergenzprojektes konfrontiert und zur Angebotsabgabe aufgefordert.

In Jeans, zu spät oder gar nicht

Ergebnis: Nur 96 reagierten überhaupt auf das potenzielle Geschäftsangebot. Und auch diese Interessenten haben sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert: Nur jedes siebte Unternehmen schaffte es, beim Kunden einen professionellen Eindruck zu hinterlassen. Jedes vierte legte in puncto kompetente Beratung, Lösungsfindung und sachlich-inhaltlich richtiges sowie preislich akzeptables Angebot noch einen halbwegs annehmbaren Auftritt hin. Als "vertrieblich defizitär" - und damit als chancenlos bei einer Auftragsvergabe - erwies sich die Hälfte der erprobten Systemhäuser. Jedes zehnte Unternehmen fiel sogar bei allen Anforderungen durch.

Günter Hirschmann, Geschäftsführer der Comteam Systemhaus GmbH, zeigte sich entsetzt über die Ergebnisse: "Die meisten scheiterten ja bereits am korrekten Anschreiben. Mehr als die Hälfte müsste erst mal lernen, ein Angebot zu verfassen." Wer trotzdem beim Kunden vorsprechen durfte, "kam zu spät, in Jeans oder gar nicht". Kein einziger Sys-temhausvertreter habe eine Powerpoint-Präsentation vorbereitet, keiner habe erklären können, was sein Unternehmen von der Konkurrenz unterscheide. "Dafür wurden irrelevante Referenzen vorgelegt, Fragen nach dem Leistungsportfolio mit einem lapidaren Hinweis auf die FirmenHomepage beantwortet", so Hirschmann. Vom "aktiven Zuhören" keine Spur, auch hätten die meisten die Problemstellung des Auftrags gar nicht erfasst: "So mancher der diskutierten Lösungsansätze hätte in der Praxis sicher nicht funktioniert." Überraschend positiv war hingegen die Reaktion der Anwesenden auf den Vortrag des Comteam-Managers: Hirschmann erntete für seine Kritik den meisten Applaus der gesamten Veranstaltung.

Am lautesten haben vermutlich die Hersteller geklatscht, denn die beklagen laut Hirschmann schon lange, dass die kleinen und mittleren I&C-Systemhäuser zwar als Absatzkanal für den Mittelstand wegen der Kundennähe unverzichtbar seien, es aber gerade hier oft an vertrieblicher Professionalität fehle. "Die Systemhäuser ihrerseits rufen im Konvergenzumfeld nach verstärktem Pre-Sales-Support durch die Hersteller. Dem könne und wolle die Industrie bei der eigenen tendenziell eher ausgedünnten Personaldecke aber nicht nachkommen. Hirschmann: "Die Diskussion darüber erinnert denn auch bisweilen an ein Schwarze-Peter-Spiel."

Hersteller und Systemhäuser geben sich die Schuld

Die "teilweise massiven vertrieblichen Defizite" wollen Hirschmann und Haubrich nun jedenfalls in Angriff nehmen. Erste Konsequenz: Im ersten Quartal 2004 wird den Mitgliedern ein Seminar zum Thema "aktives Zuhören" angeboten, auch ein "Fitnesstraining für strategische Auftragsgenerierung" ist geplant. Hirschmann:"Wir bleiben dran und werden in Zukunft weniger Wert auf die technische, sondern mehr auf die vertriebliche Qualifizierung der Partner legen."

www.comteam.de

ComputerPartner-Meinung

Gewusst haben es alle, wahr haben wollte es niemand: Nicht nur die schlechte Wirtschaftslage, sondern auch ein mickriger Auftritt verhageln einem das Geschäft. Deshalb gab es auch keine negativen Reaktionen auf die Fakten, die Hirschmann den Partnern entgegenhielt. Bleibt nur zu hoffen, dass es nach diesen aufrüttelnden Worten des Managers nicht nur bei den mündlichen Zusicherungen bleibt, künftig mehr an sich arbeiten zu wollen. (mf)

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