Comtech-Drama: Insolvenzverwalter will Geld von Mobilcom

05.06.2003
Im August 2002 kaufte Trend-e-Pak-Chef Michael Märtens die PC-Kette Comtech. Bereits im März 2003 musste er für die Comtech Computersysteme GmbH und die Comtech 2001 Insolvenz anmelden. Nun sind auch die jüngste Tochter und das Mutterhaus zahlungsunfähig. Die Insolvenzverwalter räumen der Gruppe keine großen Überlebenschancen mehr ein.

Als Michael Märtens, Inhaber und Gründer der Trend-e-Pak-Gruppe, die PC-Kette Comtech übernahm, kaufte er sich - angeblich zum Preis von zwei Euro - 325 Mitarbeiter, 52 Filialen und jede Menge Schwierigkeiten ein; die finanziellen begannen schon kurz nach der Übergabe: Mitarbeiter berichteten von ausbleibenden Löhnen, nicht bezahlten Sozialabgaben und davon, dass die Filialen wegen nicht bezahlter Rechnungen von den Lieferanten nicht mehr bedient würden (siehe ComputerPartner 12/03, Seite 20).

Kaum Überlebenschancen für die Gruppe

Schon im März 2003 musste Michael Märtens für die Comtech Computersysteme GmbH, die Comtech 2001 Computersysteme GmbH und die Trend-e-Pak Cash + Logistics GmbH Insolvenz anmelden. Vor kurzem gingen nun auch die jüngste Tochter, die Comtech 2002, und die Trend-e-Pak Versand-Service GmbH in die Zahlungsunfähigkeit. Und auch für den Rest sieht es nicht gut aus, sagen jedenfalls die bestellten Insolvenzverwalter. "Es ist zu befürchten, dass es der Firmengruppe schwer fallen wird, das zu überstehen", sagt der eine. Der andere, Henning Sämisch, hofft, für Teile der insolventen Firmen doch noch einen Käufer zu finden. Was nicht einfach ist: "Werthaltige Assets sind voraussichtlich nur der Online-Shop, eine Wortbild-Marke Comtech und die dazugehörige Domain." Hier sei eine "Übertragung" noch möglich, meint Sämisch. Ansonsten werde man die Kette vermutlich auf ihren Marktaustritt vorbereiten. Die Filialen wurden bereits geschlossen, einzig der Online-Shop ist noch aktiv.

Als Michael Märtens die PC-Kette kaufte, haben sich alle noch gefreut: Märtens, weil er mit einem Schlag zu einem der Großen im IT-Handel wurde, und Mobilcom, weil man die Kette, deren Schließung bereits ausgemachte Sache war, doch noch verkaufen konnte. Die Mitarbeiter glaubten an den angekündigten Erhalt ihrer Arbeitsplätze und sagen heute, der Verkauf an Trend-e-Pak sei ihnen von Anfang an seltsam vorgekommen: "Es ist verwunderlich und definitiv zu hinterfragen, wie die Firma Mobilcom, der es nicht gelungen ist, eine Handelskette wirtschaftlich zu betreiben, annehmen konnte, dass dieses einer Firma mit einem Jahresumsatz von 12,5 Millionen Euro und 25 Mitarbeitern gelingt", so Comtech-Betriebsrat Uwe Henning. "Wir sehen es als Versuch, sich der finanziellen Verantwortung zu entziehen."

Dass es mit der Expansion nicht klappen würde, war jedenfalls recht schnell klar. Da wollte Märtens zumindest die rentablen Geschäfte retten und gründete Ende des Jahres noch die Comtech 2002. "Eine von ihm selbst initiierte ,Auffanglösung‘", wie Insolvenzverwalter Sämisch sagt. In diese Gesellschaft wurden nur die rentablen Filialen eingebracht, der Rest sollte in die Insolvenz gehen. Weil die Lieferanten die neue Comtech aber genauso wenig beliefern wollten wie die beiden alten, ließ Märtens bei Comtech und Comtech 2001 die Warenbestände einsammeln. Die Aktion stieß nicht nur bei den ahnungslosen Filialleitern auf Empörung, sondern ist auch vor dem Hintergrund des Insolvenzrechts "anfechtbar", wie Sämisch sagt.

Märtens steht noch richtig Ärger ins Haus: Gegen ihn wird unter anderem wegen Insolvenzverschleppung ermittelt; eine Anzeige wegen Betruges, die wohl von einem Lieferanten erstattet wurde, liegt laut Auskunft der Staatsanwaltschaft Stade ebenfalls vor.

Comtech-Betriebsrat schreibt an Schröder

Allerdings ist der Comtech- und Trend-e-Pak-Chef nicht der einzige, der noch ein paar Dinge erklären muss: "Es gab bei Comtech einen erheblichen Warenschwund, weil verschiedene Personen aus dem Unternehmensumfeld Gegenstände über Ebay möglicherweise auf eigene Rechnung veräußert haben. Vor diesem Sachverhalt dürfte es zu einer strafrechtlichen Ermittlung kommen", sagt Sämisch in schönstem Juristendeutsch. Man könnte auch sagen: Eigentlich haben alle geklaut, und deswegen wird jetzt ermittelt. Die Comtech-Betriebsräte suchen indessen noch nach dem juristischen Dreh, wie man die Ex-Mutter Mobilcom doch noch zur Kasse bitten könnte. Denn als noch kein Käufer in Sicht und die Schließung der PC-Kette bereits entschieden war, wurde ein Sozialplan ausgearbeitet. Der würde heute bares Geld bedeuten: "Einige von uns würden die Abfindung gerne als Startkapital in die Selbstständigkeit nutzen und ihre alten Filialen übernehmen", so Betriebsrat Hennig. Sogar Gerhard Schröder und Heide Simonis haben die Comtech-Vertreter jetzt um Unterstützung bei der Durchsetzung ihrer Interessen gebeten. Eine Antwort auf ihren Brief haben sie aber noch nicht erhalten. Zumindest eine moralische Pflicht aller Beteiligten bestehe, finden die Betriebsräte, zumal Mobilcom selbst "in den Genuss der Sanierung mit Landesmitteln kam".

Insolvenzverwalter verhandeln mit Mobilcom-Tochter

Ihre Chancen, juristische Ansprüche durchzufechten, stehen schlecht, denn angeblich hat sich Michael Märtens mit dem Kauf der Comtech auch zur Erfüllung des Sozialplans verpflichtet. Dafür fehlt es nun aber an Substanz. Falls sich doch noch ausreichend Konkurrenzmasse findet, werde man - natürlich unter Berücksichtigung der Insolvenz - einen neuen Sozialplan ausarbeiten, sagt Sämisch. Tatsächlich besteht noch Hoffnung, dass ein wenig Geld in die Kasse fließen könnte: Die beiden Insolvenzverwalter verhandeln derzeit mit der Comtech Kommunikationssysteme Verwaltungs GmbH, einer nach wie vor 100-prozentigen Mobil-com-Tochter, um doch noch Mittel von ihrem Mutterkonzern zu erhalten. Ob sich der Konzern seinen Ex-Mitarbeitern gegenüber verpflichtet fühlt oder - wie unternehmensnahe Kreise munkeln - es rechtlich tatsächlich noch ist, wollen die Juristen allerdings nicht kommentieren.

www.trend-e-pak.de

ComputerPartner-Meinung

Die Insolvenzverwalter wollen Mobilcom offenbar nicht ohne weiteres aus der Verantwortung entlassen. Wie der Konzern selbst die Sache sieht, ist leider nicht zu erfahren, denn Mobilcom will sich offiziell nicht äußern. Das wird sich aber vielleicht noch ändern, denn die Geschichte ist sicher noch nicht zu Ende. (mf)

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