Comtech: "Wir wollen kein Kistenschieber werden"

13.01.2000
Knapp vier Monate sind vergangen, seit der Telekommunikations-Anbieter Mobilcom Deutschlands zweitgrößte Computerfilial-Kette Comtech gekauft hat. Von zahlreichen Neueröffnungen und Umstrukturierungen war zum Zeitpunkt der Übernahme im September 1999 die Rede. ComputerPartnerRedakteur Andreas Klett sprach mit Christian Burlein, Leiter des Einkaufs bei Comtech in Waiblingen, über den Status Quo.

Herr Burlein, wie geht es Ihnen vier Monate nach der Übernahme durch Mobilcom?

Burlein: Ausgezeichnet! Der Kauf durch Mobilcom hat sich auf Comtech positiv ausgewirkt. Das Wichtigste: Die finanzielle Liquidität und Bonität hat sich dadurch dramatisch verbessert.

Gab es denn vorher Probleme damit?

Burlein: Sie können sich gar nicht vorstellen, wie schwierig teilweise die Verhandlungen mit den Banken und Lieferanten waren. Spätestens seit der Pleite mit Schadt wurde das Geschäft für uns äußerst problematisch. Allein wenn nur der Begriff "PC" fiel, war es meistens schon aus mit der Bonität.

Bereits einen halben Tag nach Bekanntwerden des Mobilcom-Deals war die Bonität bei den Zulieferern und Banken plötzlich überhaupt kein Thema mehr.

Hat sich der neue "Hausherr" schon nach außen in Form von neuen Ladenkonzepten ausgewirkt?

Burlein: Wir haben in unseren Filialen in Heidelberg, Karlsruhe und Stuttgart ein neues Ladenbaukonzept umgesetzt. Die Geschäfte wurden mit bequemen Sitzmöbeln ausgestattet und erlauben dem Kunden auch vor Ort, Produkttests und -vergleiche durchzuführen. Dazu gibt es ein neues Kundenleitsystem sowie ein Internet-Café, in dem man auch die Möglichkeit hat, Spiele gegeneinander im Netz zu spielen.

Soll dieses Konzept auf alle 117 Comtech-Filialen in Deutschland ausgeweitet werden?

Burlein: Nach Abschluss des Weihnachtsgeschäftes werden wir vergleichen, um zu sehen, ob sich das neue Konzept bewährt hat. Danach werden wir entscheiden, ob das Konzept erweitert wird.

Ihr Chef, Manfred Schmid, sprach von 40 bis 50 neuen Shops pro Jahr. Wie sieht es denn damit aus?

Burlein: Der Zeitpunkt der Übernahme durch Mobilcom war insofern etwas unglücklich, als wir im September natürlich schon voll in den Vorbereitungen für das Weihnachtsgeschäft gesteckt haben. Und als ob das nicht schon Arbeit genug gewesen wäre, mussten wir uns dann auch noch mit der neuen Situation auseinander setzen. Da bleibt natürlich nicht viel Zeit, sich auch noch mit neuen Filialen zu befassen. Die Tendenz ist aber auf jeden Fall, mehr Standorte zu haben als bisher.

Wie läuft denn die Zusammenarbeit mit den Mobilcom-Shops? Kann man da auch bald PCs kaufen?

Burlein: Das haben wir auf jeden Fall vor. Allerdings wollen wir kein Kistenschieber werden, sondern auch in den Mobilcom-Shops die Kunden beraten und ihnen auch Service-Leistungen rund um den PC anbieten. Das lässt sich nicht so schnell umsetzten, denn allein der Schulungsbedarf der Mitarbeiter ist hier enorm.

Was ist eigentlich aus dem angekündigten Free-PC geworden?

Burlein: Der Free-PC wurde von Herrn Schmid im September für die nächsten zwölf Monate angekündigt. Zudem geht es Comtech nicht darum, der Erste zu sein, sondern der Beste.

Der "Aptiva"-PC (siehe Kasten) war bisher ja nicht gerade ein Kassenschlager. Wie verkauft sich der IBM-Rechner in der Zwischenzeit?

Burlein: Die Aptivas laufen besser, als wir uns es jemals erträumt haben. Besonders die D21-Initiative hat die Geschichte richtig angeschoben. Unser Plan für den PC-Verkauf, auch neben den Aptivas, waren insgesamt 200.000 Stück im Jahr 1999. Aktuelle Zahlen liegen allerdings noch nicht vor.

Wie schätzen Sie Ihren größten Mitbewerber Vobis momentan ein?

Burlein: Vobis sehe ich sehr problematisch. Durch die lange Ungewissheit, was mit dem Unternehmen passiert, ist das Marken-Image inzwischen fast komplett verschwunden. Auch Commodore und Atari hatten mal ein tolles Image - und was ist aus ihnen geworden? Vobis fehlt einfach die Zukunftsperspektive.

Um Media-Markt-Chef Voigt zu zitieren: "In Zukunft werden im Retail-Geschäft nur Kingfisher und Media-Markt überleben." Was halten Sie davon?

Burlein: Daran glaube ich nicht. Es gibt kein Markt-Segment, in dem sich nur zwei Unternehmen behaupten. Auch in den nächsten fünf Jahren wird es Kunden geben, die sich beim Kauf beraten lassen wollen oder die ihren PC aufrüsten. Das kann Media gar nicht leisten. Und auch die Hersteller werden sich gut überlegen, ob sie alles einigen wenigen Anbietern in den Rachen werfen.

D21-Initiative hilft

<b>Der Aptiva kommt doch noch in die Gänge</b>

In den USA sind die "Aptivas" bereits raus aus den Läden, denn dort verkauft Hersteller IBM den Rechner inzwischen nur noch direkt über das Internet. Auch in Deutschland lief der von Comtech gefertigte und angebotene PC bislang mehr schlecht als recht. Aufwind bekommt der Einsteigerrechner nun durch die "Initiative D21 eV". Sie ist ein Zusammenschluss führender Unternehmen und Unternehmer-Persönlichkeiten aller Branchen. Ziel der Ende November gestarteten Aktion ist es, dass Deutschland im globalen Informations-Zeitalter eine führende Stellung einnimmt. So haben Schulen und Schüler die Möglichkeit, die IBM-Rechner bei Comtech gegen Nachweis günstiger einzukaufen. Gesponsert werden die Geräte durch die zuliefernde Industrie, welche die Bauteile günstiger an die Waiblinger abgibt. Nach Angaben von Christian Burlein handelt es sich dabei um einen Einkaufsvorteil von "mehr als 100 Mark". Damit ist der Rechner erstens konkurrenzfähiger und zweitens bevorzugtes Kaufobjekt von Schulen und deren "Insassen". (akl)

www.initiatived21.de

www.comtech.de

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