Damit die elektronische Rechnung gleich im System landet

30.05.2002
EDI (Electronic Data Interchange) ist bereits seit mehr als 15 Jahren ein anerkannter Standard, um vertrauliche Daten auf elektronischem Wege zwischen Geschäftspartnern auszutauschen. Dabei ist dessen Automatisierungspotenzial bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Wie man EDI-Dokumente quasi "on the road" in ein Mainframe-basiertes Warenwirtschaftssystem einfließen lassen kann, demonstriert das Projekt der Exagon GmbH bei dem Badausstatter Schulte.

Als Großhändler für Artikel aus den Bereichen Sanitär, Heizung und Tiefbau erhält die Schulte GmbH täglich etwa 5.000 Rechnungen von ihren Lieferanten. Bisher mussten etwa 40 Mitarbeiter des Großhändlers diese Rechnungen manuell erfassen und in das eigene Warenwirtschaftssystem "Odis" am IBM MVS-Host eingeben.

Der Großteil der bei Schulte eingehenden Rechnungen stammt von Lieferanten, die bereits über Möglichkeiten verfügen, ihre Forderungen in elektronischer Form - als EDI-Dokumente (Electronic Data Interchange) - zu verschicken. Es fehlte aber bis dato die Möglichkeit, diese Rechnungen quasi automatisch in das Odis-Warenwirtschaftssystem einfließen zu las- sen.

Derartige Technologie existiert aber bereits. So kann etwa der "WRQ Verastream Host Integrator" mit dem Warenwirtschaftssystem Odis auf dem IBM-Mainframe kommunizieren. Letzterer arbeitet nämlich zeichenorientiert und ist daher nicht so ohne weiteres zu einer API-basierten (Application Programming Interface) Serveranwendung kompatibel. Dies besorgt die EAI-Software (Enterprise Application Integration) von WRQ: Sie nimmt Kontakt mit dem Host auf und übermittelt diesem die am Server ankommenden Rechnungen im EDI-Format weiter (siehe Grafik).

Die hierzu notwendige Verarbeitung der Rechnungsdaten am Server besorgt eine Java-Anwendung, die von den Exagon- und WRQ-Entwicklern speziell für Schulte erstellt wurde. Sowohl dieses Programm als auch der WRQ Verastream Host Integrator werkeln auf dem physikalisch gleichen Windows-Server vor sich hin und kommunizieren permanent miteinander aber auch mit dem SQL-Server auf einer anderen Windows-Maschine.

Manuelle Feinkorrekturen immer noch nötig

Alle Rechnungen, die nur in Papierform bei Schulte ankommen, müssen die dortigen Mitarbeiter manuell ins Odis einpflegen. Dies tun sie von ihren Windows-PCs aus - über eine 3270-Terminal-Emulation. Sie kommunizieren also direkt mit dem Host, ohne den Umweg über den Server.

Denn wie bereits erwähnt, übernimmt dieser nur die quasi automatische Bearbeitung der EDI-Daten. Ab und zu wird aber auch hier ein manueller Eingriff nötig, falls es einmal beim Datenabgleich mit dem Mainframe-Rechner über den Host-Integrator zu Problemen kommt. Dann ist der Systemadministrator gefragt: entweder kann er dann den Fehler über die Java-Anwendung beheben, oder er muss die Daten an den Sachbearbeiter abgeben - zur manuellen Weiterverarbeitung.

Und genau an diesem Punkt kam es im Laufe des Projekts zu unerwarteten Problemen. Denn anfangs war noch gar nicht absehbar, welche verschiedenen Fehler der Host nach Eingang der Rechnungsdaten melden würde. Ursprünglich waren nur zwei bis drei unterschiedliche Fälle vorgesehen, mit denen der Systemadministrator fertig werden sollte. Bereits erste Tests ergaben aber, dass die Antworten des Mainframe so komplex und umfangreich waren, dass sie weitere Programmierarbeiten seitens des Dienstleisters unabdingbar machten.

Diese Funktionserweiterungen führten natürlich zur Verlängerung der Projektlaufzeit, die dann auch vom Kunden akzeptiert wurde. Dadurch verschob sich die Inbetriebnahme des Systems um zirka einen Monat.

Eine weiteres Ziel des Projekts war es, die in das System integrierte SQL-Datenbank zur Koordination der eingehenden Rechnungen heranzuziehen und sie auch für die Auswertung der Daten zu nutzen.

Neue Erfahrungen gesammelt

Mit dem System von Exagon erhielt der Kunde zum ersten Mal die grundsätzliche Möglichkeit, Schnittstellen zum eigenen Warenwirtschaftssystem "Odis" am IBM-Host relativ einfach zu bauen. Damit können Konzepte zur Prozessoptimierung in alle denkbare Richtungen realisiert werden. Der gesamte Aufwand zur manuellen Bearbeitung der Lieferantenrechnungen wurde erheblich reduziert - und das sowohl was Zeit als auch Kosten betrifft. Schulte beispielsweise kann sich nach dem Ablauf der Abschreibungsfrist für die in diesem Projekt getätigten Investitionen künftig 230.000 Euro pro Jahr einsparen.

Zwar hat im vorliegenden Fall der Kunde noch keinen Wartungs- und Servicevertrag mit dem VAR abgeschlossen. Doch liegt dieser Schritt nahe, denn nach erfolgreicher Implementierung derartiger oder ähnlicher Lösungen meldet der Kunde schon bald den Bedarf an speziellem Support - schon alleine aufgrund der spezifischen Ausprägung jeder Individuallösung. In der Regel ist es das Bestreben beider Parteien, derartige Verträge relativ langfristig anzulegen, um die Kontinuität und Verfügbarkeit dieser Systeme zu gewährleisten. An der Erfüllung dieser Verträge sind sowohl der VAR als direkter Service-Erbringer sowie der Hersteller durch Softwarewartung und Produktsupport beteiligt.

Bestehende Infrastrukturen erweitern

Abgesehen von Software-Wartungserlösen ist generell nicht unbedingt von Folgegeschäften auszugehen. Doch wenn Integrationslösungen erst einmal implementiert sind, zeigen Erfahrungen aus ähnlich gelagerten Projekten, dass der Kunde oftmals selbstständig Ideen entwickelt, wie man zusätzliche Funktionalitäten auf Basis der bestehenden Infrastruktur realisieren kann. Dadurch erhöht sich für den Kunden der Mehrwert aus der einmaligen Investition in die Softwareanschaffung. Gleichzeitig ergeben sich daraus oftmals neue Möglichkeiten für den VAR, Folgeprojekte zu generieren. Durch den letztendlich individuellen Charakter eines jeden Integrationsprojektes baut der VAR seinen Erfahrungsschatz kontinuierlich aus, wovon natürlich auch bestehende und neu dazugewonnene Kunden profitieren können.

www.wrq.com

www.exagon.com

www.schulte-gruppe.de

ComputerPartner-Meinung:

Dass auch ein relativ kleiner Systemintegrator wie die Exagon GmbH ein anspruchsvolles IT-Integrationsprojekt in Angriff nehmen kann, beweist das vorliegende Beispiel. Ebenso ist es ein guter Beleg dafür, dass der Einsatz einer Enterprise-Application-Integration-Lösung nicht unbedingt die Millionen-Euro-Grenze sprengen muss und nur etwas für weltweit agierende Konzerne ist. Auch mittelständische Unternehmen weisen durchaus einen hohen Integrationsbedarf auf, und sie können sich derartige Lösungen auch tatsächlich leisten. (rw)

Solution Snapshot

Kunde: Schulte GmbH, Ruhrallee 175, 45136 Essen, www.schulte-gruppe.de;

Ansprechpartner: Jürgen Rödl, Projektleiter, Tel.: 02 01/89 57-5, Fax: 02 01/89 57-717,

E-Mail: roedl@schulte-gruppe.de

Problemstellung: Etwa 5.000 Rechnungen mussten bisher von bis zu 40 Mitarbeitern ins Warenwirtschaftssystem "Odis" eingepflegt werden. Dabei können bereits die meisten Lieferanten ihre Rechnungen per EDI verschicken. Es fehlte aber an der IT-Infrastruktur, um diese Daten maschinell zu verarbeiten. Der Kunde wollte die eingehenden Rechnungen über eine SQL-Datenbank in das Mainframe-gebundene Warenwirtschaftssystem einfließen lassen.

Lösung: EAI-Software "WRQ Verastream Host Integrator": eine objektorientierte Application-Mining-Lösung für Host-Anwendungen

Lieferant: WRQ Software GmbH, Halskestr. 1, 40880 Ratingen, www.wrq.com/de; Ansprechpartner: Dr. Ronald Hoffmann, Territory General Manager, Tel.: 021 02/49 65-0, Fax: 021 02/49 65-65, E-Mail: ronaldh@wrq.com

VAR: Exagon Consulting & Solutions GmbH, Heinrich-Hertz-Str. 13, 50170 Kerpen-Sindorf,

www.exagon.com; Ansprechpartner: Werner Stangner, Geschäftsführer,

Tel.: 022 73/98 33-0, Fax: 022 73/98 33-11, E-Mail: info@exagon.com

Kontaktaufnahme: Marketingaktion

Verhandlungsdauer: zirka zwei Monate

größte Herausforderung: Die Lösung kombiniert eine spezielle Server-Software mit zahlreichen Entwicklungs-Tools, um Daten von IBM Mainframes, AS/400-, Unix- und Open-VMS-Systemen in neuen Web- und Client/Server-Anwendungen bereitzustellen.

unerwartete Schwierigkeiten: mehr Fehlerantworten vom Host als erwartet

Länger in Anspruch genommen als vorausgesehen hat: Die vielfältigen Antworten des Hosts mussten erst abgesichtert werden. Anschließend wurden weitere Tests gefahren. Im Laufe des Projekts wünschte sich der Kunde einige Funktionserweiterungen. Diese hat Exagon in Zusammenarbeit mit WRQ Consulting realisiert. Die daraus resultierenden Programmierarbeiten führten dann zu der vom Kunden akzeptierten Verschiebung des Fertigstellungstermins.

Implementierungsdauer: 3 Monate

aufgewendete Mannstunden (VAR): zirka 200 Stunden

Kostenumfang des Projekts: Lizenz- und Schulungskosten: zirka 40.000 Euro, Hardware-Anschaffungen: rund 3.000 Euro, Projektkosten rund 37.000 Euro zuzüglich interner Mitarbeiterkosten

Service- und Wartungsverträge: Bisher wurde noch kein Wartungs- oder Service-Vertrag abgeschlossen.

Schulung: Im Vorfeld des Projektes erhielten drei Schulte-Mitarbeiter eine Verastream-Host-Integrator-Schulung, die beim Kunden vor Ort abgehalten wurde.

Benefit für Kunden: Schnittstellen zum Warenwirtschaftssystem "Odis"; Möglichkeit, Prozessoptimierung zur realisieren; Aufwand zur Bearbeitung von Rechnungen reduziert; jährliche Einsparung: 230.000 Euro

Benefit für VAR: Software-Wartungserlöse erst nach Abschluss eines Wartungs- oder Service-Vertrages. Aus Erfahrungen in ähnlich gelagerten Projekten kann der VAR jedoch berichten, dass der Kunde oftmals selbstständig Ideen entwickelt, die zu Folgegeschäften führen. Daraus wiederum baut der VAR wiederum seinen Erfahrungsschatz weiter aus.

Zur Startseite