Das Ende des Consumer-Marktes - nun sind IT-Lösungen und Service gefragt

02.08.2001

Dem strahlenden Sonnenschein zum Hohn ziehen düstere Wolken über die IT-Landschaft. Laut Marktforscher IDC sackte im zweiten Quartal der deutsche PC-Markt um vier Prozent ab. Analysten und Industrie fanden sofort den Sündenbock: Schuld an der Misere sind die Consumer - sie verweigerten den Kauf der Kisten, selbst wenn sie zu Billigpreisen feilgeboten wurden. Massenmärkte wie Media-Markt, Aldi und Lidl guckten in die Röhre, respektive in die vollen Regale. (Mehr dazu auf Seite 24.)

Bevor nun aber der Fachhandel in hämisches Lachen verfällt, aufgepasst: Auch anderen Kundengruppen wie etwa dem innig umworbenen Mittelstand sitzt das Geld nicht mehr locker in der Tasche sondern vielmehr die angespannte Wirtschaftslage im Genick. Und das ist die Klientel, die dem Fachhandel zu Reichtum oder zumindest zum Überleben verhelfen soll.

Die Hersteller geben sich alle Mühe, den Turbulenzen im Markt Herr zu werden. Ein probates Mittel ist oft die Kostensenkung. Einige Unternehmen sparen in den eigenen Reihen. Bei Hewlett-Packard verzichtet ein Teil der Belegschaft für einige Monate auf zehn Prozent seines Gehalts. Compaq reduzierte im ersten Halbjahr die internen Kosten um einen zweistelligen Millionenbetrag, indem weniger gereist wurde, weniger Events veranstaltet oder besucht wurden und indem verschiedene Services kostensparend zentralisiert wurden. Unpopulär aber kurzfristig erfolgreich sind auch Massenentlassungen. Die TK-Branche hat es schon vorexerziert: Weniger Mitarbeiter - geringere Kosten - höherer Gewinn - zufriedenere Anleger - steigende Aktienkurse - alles in Butter.

Wirklich? Nein, das ist keine Problembewältigung sondern eine Verzögerungstaktik, denn das Problem bleibt, und das heißt: Der Kunde, egal ob Consumer oder Business, will etwas anderes kaufen als angeboten wird. Statt der simplen Kiste will er eine IT-basierte Lösung mit kompetentem Service. Prima! Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Das ist doch die angestammte Spielwiese des Fachhandels. Endlich kann er sich von den verhassten, billigen Kistenschiebern distanzieren, seine ureigene Stärke ausspielen. Aber Vorsicht: Auch die Hersteller haben dieses margenträchtige Geschäftsfeld für sich entdeckt. Deshalb bauen sie ihre Service-Abteilungen auf, schreiben sich Dienstleistung auf die Fahne und umwerben attraktive Käuferschichten (Großkunden und gehobenen Mittelstand) direkt, ohne Umweg über den Handelspartner.

Ja, ich habe das böse Wort "direkt" benutzt. Bis auf Dell nutzen die meisten anderen "Global Player" in Deutschland diesen Weg der Vermarktung eher verschämt. Sie beteuern, das Gros ihrer Geschäfte über die Partner machen zu wollen. Ich glaube es ihnen sogar. Gleichzeitig glaube ich aber auch, dass sie möglichst profitabel arbeiten wollen. Und das geht heutzutage nur über den Mehrwert von Service. Hier darf sich der Händler nicht das Zepter, also den direkten Kundenkontakt, aus der Hand nehmen lassen. Um bei den großen Jungs weiterhin erfolgreich mitzuspielen, darf sich der Fachhändler keinesfalls zum reinen Fullfillment-Partner degradieren lassen; er muss Value Add bieten, sonst bleibt er bei den interessantesten Geschäften außen vor. Die Industrie macht es ihm eigentlich leicht, diesen Mehrwert anzubieten. Immer häufiger reduzieren Hersteller die Modellvielfalt auf wenige Varianten und der Supply Chain wird auf ein Minimum reduziert. Die Personalkürzungen lassen auch kein Heer an Technikern vor Ort beim Kunden erwarten. Margenträchtige Dienstleistungen wie Kaufberatung, Lösungsvorschläge sowie Langzeit-Betreuung, also Installation, Vor-Ort-Service, Systemadministration können so trotz Erweiterung des Service-Anteils der Industrie weiterhin in der Hand des Fachhändlers liegen. Dafür muss er sich aber gegenüber der Konkurrenz der Unternehmen profilieren und seine Service-Kompetenz weiter ausbauen. Nutzen Sie die Partnerprogramme der Hersteller, dann kann sich die PC-Krise noch zu Ihrem Vorteil wandeln. Ulrike Goreßen

ugoressen@computerpartner.de

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