Kleine Läden geben auf

Das Internet krempelt den Handel um

19.02.2014
Kleidung oder Bücher, Unterhaltungselektronik oder Schuhe – Kunden in Deutschland lassen gern nach Hause liefern. Das Internet stellt den Handel auf den Kopf. Verlierer sind die kleinen und mittleren Läden.

Das Internet krempelt die deutsche Einzelhandelsbranche um. Während Onlinehändler über steigende Umsätze jubeln, kämpfen viele kleine Läden um die Existenz. "Wir stehen mitten in einem Umbruch der gesamten Einzelhandelsbranche", sagte Christoph Wenk-Fischer, Hauptgeschäftsführer der Bundesverbandes des Deutschen Versandhandels (BVH), am Dienstag in Hamburg. Milliardenumsätze wandern Jahr für Jahr über das Internet in den Handel.

In Köln warnte der Bundesverband des Deutschen Textileinzelhandels (BTE) vor einem Ladensterben. Betroffen seien vor allem die Randlagen der Großstädte, aber auch kleine und mittlere Kommunen. Seit der Jahrtausendwende sei die Zahl der Bekleidungsfachhändler jährlich um rund 1000 Unternehmen gesunken. Während es im Jahr 2000 noch mehr als 35.000 Textilhändler in Deutschland gab, sei diese Zahl aktuell auf nur noch 20 000 gesunken, sagte BTE-Präsident Steffen Jost.

"Online boomt, während dem mittelständischen Einzelhandel ja schon fast das Sterbeglöckchen geläutet wird. Tatsächlich ist der Onlinehandel derzeit sicherlich der größte Gewinner im Wettbewerb", sagte Jost. Probleme bereite etwa den mittelständischen Modehändlern eine zurückgehende Zahl von Einkaufswilligen in den Städten. "Da die Menschen ihr Leben zunehmend vom heimischen Computer aus organisieren, verringern sich die Chancen für Impuls- und Lustkäufe", sagte er.

Im laufenden Jahr soll der Onlinehandel nach Angaben des BVH um knapp 25 Prozent auf 48,8 Milliarden Euro wachsen. Im vergangenen Jahr lag die Wachstumsrate bei knapp 42 Prozent auf 39,1 Milliarden Euro. Darin noch gar nicht enthalten sind digitale Güter wie e-Books, Musik oder Software und Dienstleistungen wie Fahrscheine, Flugtickets, Reisen und Konzertkarten. Damit wurden noch einmal 10,6 Milliarden Euro Umsatz gemacht.

Anders gesagt: In nur zwei Jahren gewann der Onlinehandel mehr als 20 Milliarden Euro Umsatz dazu. Der Anteil des Versandhandels am gesamten Einzelhandel (ohne Lebensmittel, steuerbereinigt) stieg allein im vergangenen Jahr von 9,4 Prozent auf 11,2 Prozent. Schon in wenigen Jahren könnten es nach Einschätzung von Experten 25 Prozent werden.

Längst ist das Internet zum dominierenden Bestellweg geworden. Brief, Postkarte, E-Mail oder Telefon verlieren rasant an Bedeutung. Immer mehr Kunden bestellen von unterwegs, mit dem Smartphone oder dem Tablet. Jeder zehnte Umsatzeuro kommt schon mobil zustande; mit 4,9 Milliarden Euro haben sich die Einnahmen hier vervierfacht.

"Vor allem das junge Zielpublikum ist längst bereit, technisch gerüstet und mit leistungsstarken Daten-Flatrates ausgestattet", sagte BVH-Verbandspräsident Thomas Lipke. Passende Apps des Handels und das schnelle Übertragungsprotokoll LTE sollen zusätzlichen Schub für das mobile Einkaufen bringen.

Für den stationären wie auch für den Versandhandel wächst die Vielfalt von Handelsformen und Anbietern. Es gibt Kunden, die sich im Internet informieren und dann im Laden kaufen. Oder umgekehrt. Oder einen Katalog lesen und dann im Internet bestellen. Der Händler muss überall präsent sein, auf allen Kanälen. "Wir müssen die sogenannte 'Customer Journey', den Weg des Kunden vom ersten Werbekontakt bis hin zur Betreuung nach dem Kauf, virtuos managen", sagte Lipke. (dpa/tc)

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