Prof. Dr. Dr. Radermacher

"Das offene Internet ist in Gefahr"

Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Wird die Welt "in Balance bleiben", einen Rückfall ins Mittelalter erleben oder gar kollabieren? Das Internet könnte dabei eine entscheidende Rolle spielen - wenn es nicht kontrolliert würde. Franz-Josef Radermacher, Informatiker, weltweit geachteter Globalisierungsexperte und Mitglied des Club of Rome, erklärt im Gesräch mit ChannelPartner, welches der drei Szenarien das wahrscheinlichste ist.

Wird die Welt "in Balance bleiben", einen Rückfall ins Mittelalter erleben oder gar kollabieren? Das Internet könnte dabei eine entscheidende Rolle spielen - wenn es nicht kontrolliert würde. Franz-Josef Radermacher, Informatiker, weltweit geachteter Globalisierungsexperte und Mitglied des Club of Rome, erklärt im Gesräch mit ChannelPartner, welches der drei Szenarien das wahrscheinlichste ist.

Beginnen wir mit der ITK-Branche: Sie scheint die gegenwärtige Wirtschaftskrise besser zu verdauen als beispielsweise der Maschinenbau. Woran liegt das?

Radermacher: Was Sie sagen, gilt insbesondere für den Teil der IT, mit dem sich Prozesse optimieren lassen. Die IT ist einer der Hebel, um in der Krise die Zahl der Mitarbeiter verringern zu können. Gleichzeitig wird die Produktion tendenziell billiger, je mehr Technik eingesetzt wird. Die IT-Branche ist Teil der Lösung und nicht des Problems.

Die IT-Branche hat immer bestritten, Arbeitsplätze zu vernichten…

Radermacher: Der gesamte technische Fortschritt besteht im Grunde genommen darin, dass wir die bisherigen Arbeiten mit weniger Personal leistungsfähiger erbringen. Am Anfang haben fast alle in der Landwirtschaft gearbeitet. Heute sind es nur noch drei Prozent, aber die produzieren viel mehr Nahrung als zuvor. Früher hat fast die Hälfte in der maschinellen Produktion gearbeitet, heute sind es nur noch 15 bis 20 Prozent. Und wir produzieren viel mehr Maschinen und Autos als je zuvor. Richtig ist, dass immer wieder auch neue Arbeitsplätze entstanden sind. Das wird nach der Krise auch wieder so sein.

Prof. Radermacher: "Die Demokratie könnte uns um die Ohren fliegen"
Prof. Radermacher: "Die Demokratie könnte uns um die Ohren fliegen"

Wenn also durch Innovation in einem Sektor Personal abgebaut wird, dann geht es darum, an anderen Stellen ähnlich werthaltige neue Jobs zu schaffen. Gelingt das nicht, ließen sich auch staatlich alimentierte Möglichkeiten der Partizipation schaffen - etwa über ein Grundeinkommen, das an keine Bedingungen geknüpft ist. Schwierig wird’s, wenn weder das eine noch das andere geschieht. Dann erhöht das Ökonomische seine Effizienz, und immer mehr Menschen profitieren nicht davon.

Und das passiert gerade?

Radermacher: Ja, das ist der Prozess der beginnenden Prekarisierung. Wenn man ihn laufen lässt, endet er in der Brasilianisierung. Die Demokratie könnte uns dabei um die Ohren fliegen.

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