Consulting

Das perfekte Beraterteam braucht mehr als Strategen

ist geschäftsführender Gesellschafter der Severn Consultancy GmbH in Frankfurt am Main
Wer Berater auswählt, muss darauf achten, dass sein Team ausgewogen mit verschiedenen Persönlichkeitstypen besetzt ist - von Neuerern und Wegbereitern über Macher und Koordinatoren bis hin zu Umsetzern und Perfektionisten.
Foto: pico - Fotolia.com

Es passiert täglich: Veränderungsprozesse müssen gestaltet und implementiert werden. Nicht selten fehlt es dem eigenen Personal aber an den dazu nötigen Fähigkeiten, oder die internen Ressourcen sind schlicht nicht vorhanden. Dann schlägt die Stunde der Berater. Angesichts von mehr als 15.000 Beratungsunternehmen in Deutschland fällt die Auswahl des richtigen Dienstleisters meist recht schwer. Doch selbst wenn man den Kreis der Beratungshäuser so weit reduziert hat, dass nur diejenigen übrig bleiben, bei denen man hoffen darf, dass sie über die Kenntnisse und Ressourcen verfügen, die nötig sind, um das Projekt erfolgreich umzusetzen - so bleibt noch der Kostenaspekt.

Consulting kostet

Bei den Kosten für Consulting-Dienstleistungen ist die Bandbreite groß. Die genaue Höhe hängt von einer Reihe verschiedener Faktoren ab. Für Partner aus großen, renommierten Beratungen werden schnell 5000 bis 6000 Euro pro Tag fällig. Und selbst für Juniorberater dieser Häuser sind Tagessätze von 1500 bis 2000 Euro keine Seltenheit, und Spesen sind dabei oft noch gar nicht eingeschlossen. Ein Team aus zehn Beratern schlägt also schnell mit 400.000 Euro im Monat zu Buche. Die Masse der 15.000 Beratungsfirmen besteht allerdings aus Kleinstunternehmen bis hin zu Freiberuflern ganz ohne eigene Mitarbeiter. Hier sind die Tagessätze in der Regel deutlich niedriger, und diese ausgewiesenen Fachspezialisten sind oft schon für Tagessätze um die 800 bis 1000 Euro verfügbar - Spesen inklusive. Wer Berater aber rein nach Kriterien der fachlichen Eignung und nach Budget beziehungsweise Kosten auswählt, springt in aller Regel zu kurz. Die Erfahrung zeigt: Ein Team hoch qualifizierter Strategen kann genauso scheitern wie eine Ansammlung von Fachexperten.

Bereits in den 70er Jahren hat der Brite Meredith Belbin untersucht, welchen Einfluss verschiedene Persönlichkeitstypen in Teams auf den Erfolg haben. Sein Rollenmodell mit zunächst acht Persönlichkeitstypen (später ergänzt um die neunte Rolle des Spezialisten) mag in einzelnen Aspekten umstritten sein - unstrittig ist jedoch, dass es den Teamerfolg signifikant verbessert, wenn sich Teams heterogen aus verschiedenen Typen zusammensetzen. Da Projektarbeit Teamarbeit ist, ist es unerlässlich, den Aspekt der Persönlichkeitstypen näher zu betrachten. Es mag signifikante Unterschiede zwischen IT- und Strategieprojekten geben. Aber für beide gilt: Zum Erfolg des Projekts sind unterschiedlichste Arbeitsbeiträge erforderlich, die weitgehend mit den von Belbin identifizierten Teamrollen und deren Charakteristika korrespondieren.

Neun Persönlichkeitstypen

Diese Reihenfolge der Persönlichkeitstypen, aus denen sich ein gutes Projektteam zusammensetzt, impliziert keine Wertung - alle Rollen können für den Projekterfolg wichtig sein. Auch die jeweils am Ende genannten Schwächen stellen kein Hindernis dar. Angesichts der wertvollen Stärken, die jeder Persönlichkeitstyp mitbringt, sind die damit verbundenen Schwächen immer nachranging und tolerierbar. Fest steht: Wird das Team gemäß den Projektanforderungen mit unterschiedlichen Persönlichkeitstypen besetzt, sollte dies die Chancen für den Projekterfolg signifikant erhöhen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass automatisch jedes Projektteam aus mindestens neun Mitgliedern bestehen müsste. Etliche Menschen sind in der Lage, verschiedene Rollenbeiträge zu leisten - wenn auch vielleicht nicht in jeweils gleich hoher Qualität.

Zwei Chairmen sind einer zu viel

Defizite in der Teamzusammensetzung werden deutlich, wenn man die Schwachpunkte der einzelnen Rollen betrachtet. Ein Team rein aus Spezialisten wird ebenso scheitern wie eine Gruppe, die nur aus Neuerern besteht. Deshalb ist es empfehlenswert, sich zunächst Klarheit zu verschaffen, welche internen Ressourcen mit welchen jeweiligen Charakteristika dem Projekt beigestellt werden können. Oft sind Umsetzer und Spezialisten vorhanden, die das eigene Unternehmen gut kennen und über exzellentes Fachwissen verfügen.

In solch einem Fall wäre es nicht sinnvoll, weitere Consultants mit ähnlichen Charakteristika einzukaufen. Vielmehr sind dann Persönlichkeitstypen gefragt, die die Umsetzer und Spezialisten unterstützen, indem sie das Projekt planen und strukturieren und für eine vernünftige Kommunikation mit den Steuerungsgremien und Stakeholdern sorgen. Ein anderes Beispiel: Ist intern bereits ein starker Projektleiter verfügbar, der steuern, planen und kommunizieren kann, würde ein weiterer, externer "Chairman" nur für Konfliktpotenzial sorgen. Es kommt immer darauf an, durch externe Kräfte jene Rollen in der Projektmannschaft zu ergänzen, die die Mitglieder des bereits bestehenden Teams nicht ausfüllen können.

Erfolg = Zusammenspiel im Team

Eingespielte Teams funktionieren besser als neu zusammengestellte Teams. In einem dynamischen Projektumfeld muss sichergestellt sein, dass sich die einzelnen Teammitglieder aufeinander verlassen können. Eine Gruppe, die überwiegend aus einzeln agierenden Freiberuflern besteht, benötigt recht lange Zeit, um als Team zusammenzufinden. Experten unterteilen die Phasen, die zu einem effektiven Team führen, in Orientierungsphase (Forming), Konfrontationsphase (Storming), Kooperationsphase (Norming) sowie Wachstumsphase (Performing).

Nicht eingespielte Teams brauchen Zeit für das Forming und Storming - Zeit, die in Projekten oft nicht zur Verfügung steht. In vielen Fällen erreichen solche Teams erst gar nicht die Norming-Phase und bleiben unproduktiv. Das Projekt scheitert.

Wer billig kauft ...

Rein monetäre Aspekte beim Einkauf von Beratern in den Vordergrund zu stellen, ist nicht empfehlenswert. Hier behält die alte Weisheit recht: "Wer billig kauft, kauft zweimal." Nur dass es in Projekten häufig keine zweite Chance gibt. Auch die Auswahl nach rein fachlicher Kompetenz wird, unter gegebenen Rahmenbedingungen für Zeit, Budget etc., nicht zum gewünschten Erfolg führen.

Oft scheint es aus Sicht der Auftraggeber die beste Lösung zu sein, einen Generalunternehmer einzukaufen, der ausschließlich mit eigenen Ressourcen arbeitet. Alles aus einer Hand durch ein eingespieltes Team - das, so glaubt man, muss doch zwangsläufig zum Erfolg führen. Was aber, wenn ein Lieferant nicht alle Anforderungen abdecken kann? Zudem müssen auch eigene Mitarbeiter in das Team integriert werden.

Als Königsweg, der am zuverlässigsten zur erfolgreichen Lösung führt, erweist sich in der Regel folgendes Vorgehen: Man kauft bestehende, eingespielte Teams innerhalb des Projekts ein. Beispielsweise gibt es dann ein Team für die Steuerung des Projekts (Projektleiter, Projekt-Office, Teilprojektleiter), ein Team für die Definition von Prozessen und Anforderungen (Business-Analysten, Experten) sowie ein Team für die Umsetzung (IT-Strategen, Programmierer, Tester).

Was Preise angeht, gilt es zu bedenken, dass auch bei der Besetzung von Projektrollen gute Führungskräfte immer höher vergütet werden als reine Spezialisten - auch in der Linienorganisation ist dies nicht anders. So oder so: Es lohnt sich immer, darüber nachzudenken, ob im Projektteam schon alle erforderlichen Rollen besetzt sind oder ob es dazu externe Unterstützung braucht, falls nötig aus verschiedenen Quellen. (hk)

Zur Startseite