Wie Sie damit richtig umgehen sollten

Das Scheitern als eine Chance sehen

Michael Sudahl lebt in Stuttgart und arbeitet in Schorndorf. Der gelernte Banker und Journalist beschäftigt sich seit 20 Jahren mit den Themen Personal, Karriere und IT. Daneben berät er Firmen in internen und externen Kommunikationsfragen, erstellt Kundenmagazine, schreibt Fachartikel und moderiert Prozesse rund um die Felder Unternehmensstrategie, öffentliche Wahrnehmung und Unternehmenskultur. Darüber hinaus hat er eine mehrjährige Ausbildung zum Körpertherapeuten (Cranio) abgeschlossen und ist inzwischen ebenfalls als Coach und Trainer tätig. 
Scheitern ist ein subjektiver Vorgang. Jeder empfindet ihn anders. Doch die Sackgasse ist eine Chance auf eine Richtungsänderung. Auf einen Neuanfang. Sie bildet die Grenze, die man nicht überschreiten kann. Man sollte es eigentlich zu schätzen wissen, wenn etwas einmal nicht funktioniert.

"Try and error" heißt es im Umgang mit den Dingen, die man nicht vorhersehen kann. Ausprobieren, planen und wagen – in jedem Versuch steckt immer die Möglichkeit des Scheiterns.

Wirtschaftliches Wachstum ist endlich: Wer immer nur höher, besser, weiter und schneller sein muss, wird scheitern.
Wirtschaftliches Wachstum ist endlich: Wer immer nur höher, besser, weiter und schneller sein muss, wird scheitern.
Foto: kreativloft GmbH - Fotolia.com

"Diese Tatsache muss man sich bewusst machen und akzeptieren", sagt Cornelia Spangler von der Coachingakademie roots & wings academy + friends. Die Trainerin arbeitet mit Menschen in Krisensituationen und unterstützt sie dabei, zunächst einen Schritt zurückzutreten. Dadurch kann die Situation, etwa eine drohende Insolvenz oder ein Jobverlust, aus einer sachlichen Perspektive betrachtet werden.

"Mit dem Scheitern sind sehr viele Emotionen verbunden, wie Zukunftsangst oder die Scham vor der Reaktion anderer", sagt die 52-Jährige. Diese Emotionen gilt es zur Seite zu nehmen, um eine realistische Analyse des Ist-Zustands zu erstellen. Denn ob Geschäftsführer oder Arbeitsloser, man unterliegt äußeren Zwängen, finanzieller oder bürokratischer Art. "Bis zu einem gewissen Grad muss man weiter funktionieren", weiß Spangler.

Dass wir in schweren Zeiten funktionieren können, davon ist Krisenpsychologe Georg Pieper überzeugt. "Der Mensch ist in der Lage, in Ausnahmesituationen ungeahnte Kräfte zu entwickeln und Ressourcen zu nutzen, von deren Existenz er bis dahin keine Vorstellung hatte", sagt der promovierte Psychologe. Er spricht von der heutigen Zeit als "Krisen- und Überforderungsgesellschaft". Cornelia Spangler stimmt dem zu und führt aus: "Weil wir in unserer Unternehmerkultur immer höher, besser, weiter und schneller sein müssen, ist Scheitern quasi vorprogrammiert", sagt die Trainerin. Denn wirtschaftliches Wachstum ist endlich.

Trainerin Cornelia Spangler von der Coachingakademie roots&wings rät, in Krisensituationen erst einmal einen Schritt zurückzutreten. Und sich anschließend die nächsten Maßnahmen zu überlegen.
Trainerin Cornelia Spangler von der Coachingakademie roots&wings rät, in Krisensituationen erst einmal einen Schritt zurückzutreten. Und sich anschließend die nächsten Maßnahmen zu überlegen.
Foto: roots & wings

Die richtige Reaktion

Aber was tun wir, wenn wir mal richtig auf die Nase gefallen sind? "Nach der sachlichen Reflexion der Situation, analysiert man am besten, woran man gescheitert ist", sagt Trainerin Spangler. Denn beispielsweise mit der gleichen betriebswirtschaftlichen Aufstellung neu zu beginnen, sei schlichtweg dumm.

Wichtig sei, betont Krisenpsychologe Pieper, das Geschehene nicht zu verleugnen und zu verschweigen. "Gesteht man sich das Scheitern eines Zieles oder einer Idee nicht ein, sondern versucht durch Aktivismus das Ende zu vermeiden, macht man es meist schlimmer", stimmt Spangler zu. Vielmehr solle man sich klarmachen, dass mit einer missglückten Geschäftsidee nicht der Mensch in seiner Gänze gescheitert ist. Klar sei, dass aus etwas Gescheitertem etwas Neues mit mehr Kraft hervorgehen kann.

"Scheitern reguliert", erläutert Spangler. Leider kann der Betroffene die positiven Aspekte erst mit einer gewissen zeitlichen und emotionalen Distanz sehen. "Wenn es gelingt, offen darüber zu sprechen, ist die Situation des Scheiterns entschärft. Dadurch setzten sich Ressourcen frei, um neu zu beginnen", sagt die Trainerin.

Die eigene Situation überdenken

Um in einer Krisensituation nicht gleich den Kopf zu verlieren, empfiehlt es sich, sich auf ein mögliches Scheitern innerlich vorzubereiten. Dazu gehöre, immer wieder aus dem Hamsterrad des Tagesgeschäfts auszusteigen und die eigene Situation zu überdenken: Wie wahrscheinlich ist es, dass meine Ideen fruchten? Was tue ich, wenn mir das Geld ausgeht? Wie kann ich aus meinen bisherigen Fehlern lernen und neue vermeiden? Das sind Fragen, die man sich in einer kleinen Auszeit stellen kann.

Buchtipp: Pieper, Georg. Überleben oder Scheitern. München, 2012. Knaus-Verlag.
Buchtipp: Pieper, Georg. Überleben oder Scheitern. München, 2012. Knaus-Verlag.

Georg Pieper empfiehlt, im Vorfeld eine gewisse Krisenkompetenz und -resistenz aufzubauen. "Wir sollten versuchen, von Menschen zu lernen, die eine ähnliche Situation überstanden haben", sagt der Psychologe mit eigener Praxis. Man solle üben, nicht völlig überrascht und panisch zu reagieren. "Überlegen Sie sich im Voraus ein mögliches Ausstiegsszenario, einen Plan B", ergänzt Spangler. Die Expertin empfiehlt, sich zwar von Ängsten nicht lähmen zu lassen, sie jedoch ernst zu nehmen. "Bedenken sind ein Regulat, meistens gibt es einen Grund, warum uns bei manchen Dingen nicht ganz wohl ist", sagt die Trainerin vom Starnberger See. (tö)

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