Wie Elektronik die Radbranche einholt

Das smarte Schloss am E-Bike

23.03.2020
Was beim Auto längst üblich ist, hat sich beim Fahrrad noch nicht durchgesetzt: Elektronische Schlösser, die sich per Handy öffnen lassen. Sorgt der Boom bei E-Bikes für den Durchbruch?

Sicherheit kann mühsam sein. Das weiß jeder, der täglich sein Rad mit vor Kälte zitternden Händen an den letzten freien Laternenmast vor dem Büro kettet. Oder sich ächzend zwischen die anderen Fahrräder zwängt, um das Schloss noch durch die Speichen zu fummeln. Wie bequem wäre es hingegen, das Gefährt mit einem einfachen Knopfdruck auf- und abzuschließen?

Was beim Auto längst üblich ist, hat sich beim Fahrrad noch nicht durchgesetzt: Elektronische Schlösser, die sich per Handy öffnen lassen. Sorgt der Boom bei E-Bikes für den Durchbruch?
Was beim Auto längst üblich ist, hat sich beim Fahrrad noch nicht durchgesetzt: Elektronische Schlösser, die sich per Handy öffnen lassen. Sorgt der Boom bei E-Bikes für den Durchbruch?
Foto: moreimages - shutterstock.com

Was beim Auto längst üblich ist, hat sich beim Fahrrad bislang nicht durchgesetzt: Elektronische Sicherheitsschlösser. Egal ob Bügel-, Falt-, oder Spiralschloss - stets haben Radfahrer stattdessen den Schlüssel in der Tasche oder die Zahlenkombination im Kopf. Doch ganz allmählich macht die Branche neue Angebote, um das eigene Fahrrad elektronisch abzusichern.

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Tracker helfen beim Wiederfinden

"Ich würde da zwei Kategorien unterscheiden", sagt Arne Bischoff vom Branchen-Pressedienst Fahrrad (PDF). Schon für wenige Euro gebe es im Internet sogenannte Tracker, die sich am Fahrrad montieren lassen. Sollte es geklaut werden, können die Besitzer per App den Standort verfolgen. Der Nachteil: Diese Geräte verhindern nicht den Diebstahl. Sie helfen nur beim Wiederfinden. "Trotzdem boomt dieser Markt", sagt Bischoff. "Viele Hersteller bieten inzwischen Fahrräder mit bereits integrierten Trackern an."

Um Diebe von der Tat ganz abzuhalten, helfe aber nur ein Schloss. Und auch hier bietet der Markt inzwischen elektronische Lösungen: Schlösser, die sich per App öffnen und verschließen lassen - ohne Kombination, ohne Schlüssel. "Das Smartphone als digitale Schaltzentrale des Lebens hat man einfach immer dabei", sagt Bischoff.

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Bekannte Hersteller wie Abus haben inzwischen entsprechende Produktserien auf den Markt gebracht. Wie groß die Nachfrage ist, lasse sich aufgrund der noch jungen Daten bislang nicht ablesen. "Aber die Branche scheint sich sicher zu sein. Viele Hersteller arbeiten an solchen Schlössern", sagt Marktkenner Bischoff.

Durchbruch durch E-Bikes?

Zum Durchbruch könnte ihnen dabei der aktuelle Trend bei E-Bikes verhelfen. Um 39 Prozent stieg die Zahl der verkauften Pedelecs im Jahr 2019 auf rund 1,36 Millionen Einheiten, wie der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) vor wenigen Tagen mitteilte. "Erstmals wurden im vergangenen Jahr in Deutschland mehr E-Bikes produziert als klassische Fahrräder", sagte ZIV-Geschäftsführer Siegfried Neuberger. E-Bikes hätten bei den Verkaufszahlen inzwischen einen Anteil von mehr als einem Drittel.

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Weil diese Räder schnell mehrere tausend Euro kosten, wächst auch das Bedürfnis nach Sicherheit. "Das ist ein Trend, der diesen Wunsch nach dem Smartschloss befördert", sagt Branchenexperte Bischoff. "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir E-Bikes sehen, die sich komplett mit dem Smartphone entsperren lassen."

ADFC bleibt skeptisch

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) ist allerdings skeptisch, ob sich dadurch die Sicherheit für Fahrräder deutlich erhöhen lässt. "Elektronisches Abschließen ist in meinen Augen eher ein Komfort- als ein Sicherheitsfeature", meint ADFC-Sicherheitsexperte Roland Huhn. "Ich kenne auch noch keine App, die ein Fahrrad an ein festes Objekt anschließt." Für definitiv mehr Sicherheit haben die Experten einige Weisheiten parat. Anschließen statt abschließen lautet eine davon. Braucht ein Dieb auf den ersten Blick länger als drei Minuten, um ein Schloss zu knacken, lässt er es im Zweifel.

Selbst das eigene Rad mit einem GPS-Sender auszustatten, bietet keinen hundertprozentigen nachträglichen Schutz, meint auch ADFC-Experte Huhn. "Die Datenschutz-Risiken beim Tracking zum Diebstahlschutz würde ich deutlich geringer einschätzen als bei öffentlichen Leihrädern, von denen ständig Bewegungsdaten erhoben und gespeichert werden." Sein Rad per GPS zu verfolgen sei aber spätestens dann begrenzt, wenn das gestohlene Rad beispielsweise in einem Mehrfamilienhaus geortet wird. "Die Polizei wird keinen Durchsuchungsbeschluss für alle Wohnungen samt Nebenräumen erwirken."

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Hoffnung machen allerdings Zahlen aus der Kriminalitätsstatistik: Seit einigen Jahren geht die Zahl der gestohlenen Fahrräder zurück - von fast 340 000 im Jahr 2014 auf rund 292 000 im Jahr 2018. Allerdings zeigt der Blick auf die Jahrzehnte starke Schwankungen, aus denen sich kein richtiger Trend ablesen lässt. Die Branche muss also weiter tüfteln. (dpa/rw)

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