Multi-Channel-Tools für Ladengeschäfte

Das Smartphone als Brücke zum Kunden

Uwe Ritschel schreibt als Experte zu den Herausforderungen des  Einzelhandels. In seiner nunmehr fünfzigjährigen Tätigkeit hat er alle Facetten der Branche kennengelernt. Sein Weg führte vom Einkäufer und Abteilungsleiter bis ins Management eines großen Handelsunternehmens. Ritschel beschäftigt sich mit den Chancen und Risiken durch die Digitalisierung des Handels. Damit ist er heute ein gefragter Experte für Händlergemeinschaften und City-Marketing.
In Zeiten von Big Data und dem Siegeszug der Smartphones kann Werbung so gesteuert werden, dass sie zielgenau bei einem Interessenten ankommt. Händler können ihre Kunden damit nicht nur unmittelbar erreichen, sondern sie auch virtuell durch den Laden bis hin zur Kasse führen.

94 Prozent der 14-30-Jährigen besitzen ein Smartphone. Das ist so, als wäre der Handel über eine Standleitung mit seinen Kunden verbunden. Der Kunde ist endlich König.

Dabei geht es gar nicht in erster Linie um eine Bestellung, nein, zuerst gehr es um die Recherche. Wer hat das, was ich suche auch vorrätig? Wer bietet mir den besten Preis? In dieser Reihenfolge wird gesucht. Der Wunsch, etwas sofort zu besitzen ist bei vielen ausgeprägter, als die "Geiz ist geil"-Mentalität.Damit haben die Händler vor Ort immer noch einen Vorsprung - aber nur, wenn sie auch online präsent sind. Für die jüngere Generation gilt: Wer nicht im Netz zu finden ist, existiert auch nicht. Online-Shopping ist bereits der zweithäufigste Grund ins Internet zu gehen. Noch wichtiger ist das Netz nur als Informationsquelle, aber bei Google beginnt oft schon der Einkauf. Das Smartphone spielt dabei eine immer wichtigere Rolle.

Anhand der Beacon-Technologie kann der Händler seinen Kunden bereits an der Türschwelle interessante Angebote zur Verfügung stellen.
Anhand der Beacon-Technologie kann der Händler seinen Kunden bereits an der Türschwelle interessante Angebote zur Verfügung stellen.
Foto: Apple

In Deutschland sind die Einkäufe über mobile Endgeräte in diesem Jahr schon um 42% gewachsen. Das hat natürlich auch mit den aktuellen Entwicklungen wie Beacons oder Mobile Payment zu tun. Der Händler wartet nicht mehr, dass sich der Kunde bei ihm meldet, der Händler wird selbst aktiv. Über Beacons kann ich den Kunden schon 50 Meter vor meinem Laden auf der Straße ansprechen. Ich kann meine Angebote offerieren, ich kann Rabatte ankündigen oder Bonuspunkte vergeben. Das ist genau die Chance der stationären Händler, über das Handy den Kunden in ihre Läden zu holen.

Im Geschäft kann diese Technologie als Wegweiser dienen. Noch wichtiger werden Beacons als Produktberater. Technische Informationen, Angaben über Materialbeschaffenheit, Pflegeanleitungen oder Garantieversprechen können Sie dem Kunden genau dann auf sein Handy senden, wenn er vor dem Artikel steht. Hier stehen wir erst am Anfang einer Entwicklung.

Geofancing tendiert in die gleiche Richtung. Der Händler zieht sozusagen einen unsichtbaren Zaun um sein Geschäft. Über E-Mail wird der Nutzer angesprochen. Die Nachrichten können unterschiedlich sein, je nachdem wo der Nutzer seine E-Mail öffnet. Ist der Kunde noch weiter entfernt vom Geschäft, dann empfiehlt sich eine Wegbeschreibung, öffnet er die Mail erst zu Hause, kann ein Verweis auf den Online-Shop nützlich sein.

Nehmen Sie Ihren Handy-Kunden bei der Hand

In den USA hat sich eine App mit Namen Shopkick bereits zu einem Renner entwickelt. Die App führt den Kunden zielgenau zu den teilnehmenden Geschäften. Bereits wenn er durch den Eingang geht, erhält er die ersten Bonuspunkte, sogenannte Kicks. Weitere Kicks gibt es, wenn er bestimmte Artikel scannt, und die letzten Kicks gibt es an der Kasse. Auf diese Weise wird der Kunde zu Werbeartikeln und Sonderangeboten geführt und am Ende noch am Ausgang freundlich verabschiedet. Die Zeiten, in denen der Kaufmann brav auf seine Kunden gewartet, sind damit endgültig vorbei. Multi-Channel ist die Zukunft. Wer sich in den nächsten Jahren am Markt behaupten will, muss auf allen Kanälen präsent sein.

Die Basis ist und bleibt jedoch das lokale Ladengeschäft. Die Performance, welche dort entwickelt wird, bestimmt das Image auch auf allen anderen Kanälen. Erst wenn der Händler dort überzeugen kann, wird auch der Online-Auftritt erfolgreich. Dazu gehört eine aussagekräftige Web-Site und ein Online-Shop, der auch auf mobilen Geräten unterschiedlicher Größe überzeugt.

Nähe über die sozialen Medien schaffen

Multi-Channel ist aber nicht komplett, wenn der Händler mit seinen Kunden nicht auch über Facebook verbunden ist. Es heißt immer so schön: man soll die Kunden dort abholen, wo sie sich aufhalten. Und vor allem das junge Publikum verbringt nun mal einen Großteil seiner Zeit im Netz. Wo hat ein Textilverkäufer beispielsweise sonst Möglichkeit, über neue Mode öffentlich zu plaudern. Eine Einkäuferin, die direkt von der Messe über neue Trends berichtet oder eine Auszubildende die zum ersten Mal ein Schaufenster mit dekoriert hat und davon berichtet. Aus solchen Aktionen können sich unbezahlbare Sympathiepunkte ergeben.Facebook hat gerade die Nutzerzahlen für das dritte Quartal veröffentlicht. Ein Drittel aller Nutzer kommen ausschließlich über mobile Endgeräte auf das soziale Netzwerk, das ist ein deutliches Plus von 19%. Eine solche Entwicklung spiegelt sich auch in den Ausgaben für mobile Werbung wieder. Nielsen Media Research berichtet, dass in Deutschland, in den ersten neun Monaten über 120 Millionen Euro in die mobile Werbung investiert wurde. Das wäre ein Plus von 70,8%. Die Rallye geht weiter, der Kunde will mehr.

Händler, die die mobile Generation über das Handy ihren Laden holen möchten, müssen auch den Zugriff auf die entsprechenden Informationen gewährleisten. So erwarten die Kunden in erster Linie Auskunft über die Ladenöffnungszeiten, dann über die Verfügbarkeit der Ware und an dritter Stelle auch den Lieferservice. LBS heist die neue Art der Kundenansprache, Lokal Based Service.

Hier verbirgt sich die große Chance für den stationären Handel, den digitalen Kunden ins Geschäft zu lotsen. Prof. Dr. Heinemann von der Hochschule Niederrhein bringt es auf den Punkt. "Das Internet ist nicht das Ende sondern die Zukunft des Handels". Wer sich die Vorteile des Internets zu Nutze machen kann, wird am Ende zu den Gewinnern zählen.

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