Wer wofür verantwortlich ist

Das Wichtigste zur Räum- und Streupflicht



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Was die sogenannte Verkehrssicherungspflicht beinhaltet und wer welche Pflichten hat, erläutern die Arag-Experten.

Die wirklich unangenehmen Seiten von Schnee und Eis zeigen sich, sobald es um die Räum- und Streupflicht geht. Inhalt und Umfang dieser sogenannten Verkehrssicherungspflicht erläutern Arag-Experten.

Ob Mieter, Hauseigentümer oder öffentliche Hand für die Verkehrssicherung zuständig ist – es muss ein rutschfester Durchgang von mindestens einen Meter Breite entstehen.
Ob Mieter, Hauseigentümer oder öffentliche Hand für die Verkehrssicherung zuständig ist – es muss ein rutschfester Durchgang von mindestens einen Meter Breite entstehen.
Foto: Rike / pixelio.de

Grundstückseigentümer in der Pflicht

Zwar haben zunächst die Kommunen die Pflicht öffentliche Gehwege von Schnee und Eis zu befreien. Üblicherweise ist diese Pflicht aber durch kommunale Satzungen auf die Eigentümer der anliegenden Grundstücke übertragen. Hauseigentümer und Vermieter können ihrerseits die Pflicht, vor dem Haus Schnee zu räumen und gegebenenfalls die Gehsteige zu streuen auf ihre Mieter abwälzen. Ob man schippen und streuen muss, steht im Mietvertrag oder in der Hausordnung. Der Vermieter muss nur noch die Einhaltung des Räum- und Streudienstes überwachen. Entsteht dann ein Schaden, weil zum Beispiel jemand auf dem glatten Boden ausrutscht, haftet der Mieter. Eine formlose Benachrichtigung, wie zum Beispiel ein Aushang im Hausflur reicht aber nach Ansicht der ARAG Experten nicht aus, um die Räumpflicht auf den Mieter zu übertragen (LG Karlsruhe, Az.: 2 O 324/06).

Durchgang reicht aus

Ob Mieter, Hauseigentümer oder öffentliche Hand für die Verkehrssicherung zuständig ist - es muss ein rutschfester Durchgang von mindestens einen Meter Breite entstehen. Das bedeutet, dass nicht der gesamte unter Umständen breite Fußweg geräumt und gestreut werden muss. Es genügt laut höchstrichterlicher Entscheidung, wenn zwei Personen gefahrlos aneinander vorbeigehen können (BGH, Az.: III ZR 8/03).

Umfang wird durch Verkehrsanschauung bestimmt

Der Pflichtige – egal ob Mieter oder Hausbesitzer – muss dafür sorgen, dass die Gehwege in den allgemeinen Verkehrszeiten gefahrlos zu benutzen sind. Hierunter wird in der Regel die Zeit zwischen 7:00 Uhr und 20:00 Uhr verstanden. Wenn außerhalb dieser Zeit Gäste oder Kunden erwartet werden, erweitert sich die Verkehrssicherungspflicht entsprechend. Am Wochenende setzt die Verkehrssicherungspflicht in der Regel nicht vor 9:00 Uhr ein, besteht aber auf jeden Fall weiter. Bei starkem und wiederkehrendem Schneefall muss auch mehrmals am Tag geräumt werden.

Die Räum- und Streupflicht gilt haftungsrechtlich auch auf Privatwegen. Ein Schild, dass darauf hinweist, man betrete das Grundstück auf eigene Gefahr, befreit den Eigentümer nicht von seiner Verkehrssicherungspflicht. Verbietet eine örtliche Verordnung allerdings den Einsatz von Tausalz, so darf ein Gebäudebesitzer bis zum Ende eines Schneefalls warten, bis er seine Räumpflicht erfüllt. Rutscht vorher jemand auf seinem Grundstück aus, kann er nicht zum Schadenersatz verpflichtet werden. Das geht laut den Arag-Experten aus einem ganz aktuellen Urteil hervor (OLG Bamberg, Az.: 5 U 22/12).

Schadensersatz, Schmerzensgeld

Kommt es zu einem Sturz, weil nicht gestreut wurde, kann der Geschädigte Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend machen. Anspruchsgegner ist derjenige, der seiner Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen ist Eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung kommt ebenfalls in Betracht.

Salz oder Granulat?

Auf dem Markt sind unterschiedliche Streumittel erhältlich - Granulat und Salz sind die gebräuchlichsten. Fraglich ist, welches Mittel zu benutzen ist. Viele Kommunen verbieten nämlich durch Satzungen den privaten Gebrauch von Salz oder schränken ihn ein. Hintergrund ist, dass der übermäßige Gebrauch von Salz das Grundwasser verschmutzt und Tieren und Pflanzen schadet. An dieser Stelle tut sich ein Spannungsfeld zwischen der Verkehrssicherungspflicht und den kommunalen Satzungen auf, die Salz verbieten. Denn kommt es zu einem Schaden, der durch Streuen mit Salz verhindert worden wäre, kann eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorliegen.

Dies kann wie dargestellt zu einem Schadensersatzanspruch führen. So entschied es das Amtsgericht München (Az.: 261 C 11411/98). In einem solchen Fall wäre unter Umständen die Kommune in Regress zu nehmen. Viele Kommunen gestalten die Satzung daher differenziert und erlauben den Einsatz von Salz bei extremer Eisglätte. Die ARAG Experten raten, Informationen bei der Stadt über entsprechende Vorschriften einzuholen und sich dementsprechend zu verhalten.

Quelle: www.arag.de

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