Das Windows-Imperium wackelt

13.06.2002
Was vor sechs Jahren als zwangloser Treff von Linux-Enthusias-ten aus dem studentischen Umfeld begann, entwickelte sich zu Europas größter Open-Source-Veranstaltung. Der Linux-Tag, dieses Jahr zum ersten Mal in Karlsruhe, rief mehr als 13.000 Teilnehmer auf den Plan.

Gleich vier Tage dauerte diesmal die Linux-Veranstaltung in Karlsruhe. Eröffnet wurde die Messe am vergangenen Donnerstag von Brigitte Zypries, der Staatssekretärin des Bundesinnenministers. In ihrer Ansprache betonte Zypries die Bedeutung, die Linux für die Bundesregierung hat. Erst Anfang letzter Woche wurde bekannt, dass das Bundesinnenministerium mit IBM einen Kooperationsvertrag abgeschlossen hat, der es Bundesbehörden erlauben soll, Open-Source-Software und damit einhergehenden Dienstleistungen günstiger einzukaufen .

Im Rahmen des Linux-Tages wurden nun Details dieses Vertrages bekannt. In einem Gespräch mit ComputerPartner erläuterte die Staatssekretärin die Zielsetzung der Zusammenarbeit mit IBM. "Wir brauchten einen Partner, der bundesweit tätig ist und über genügend Know-how im Linux-Umfeld verfügt."

Aber auch lokale Partner sind eingeladen: "Wir können nicht den ganzen Service abdecken", glaubt Tom Schwaller, IBMs Linux ITArchitect. In der Tat, laut Big Blue können weltweit bereits 4.700 Business-Partner Linux-Support anbieten.

Insgesamt mehr als 13.000 Menschen besuchten den Linux-Tag, etwa 300 von ihnen nahmen an dem kostenpflichtigen Business-Kongress teil. Zufrieden zeigten sich auch die Aussteller: Bereits am ersten Tag waren sie vom Ansturm des fachkundigen Publikums angenehm überrascht.

Auf große Resonanz stieß zum Beispiel der Vortrag von Uwe Köster, dem parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion. Köster schilderte nochmals ausführlich, wie es im März dieses Jahres zu der Entscheidung kam, im Deutschen Bundestag Linux einzusetzen. Es gab im Vorfeld mehrere Alternativen für die IT des Par-laments, sie reichten von einer reinen Windows-Welt bis hin zu Linux auf jedem Desktop. Wie bekannt, entschied sich der Ältestenrat für einen Kompromiss: Windows XP auf allen Clients, Linux auf den Servern.

"Doch dies muss nicht für alle Zeit so bleiben", betonte Köster. "Der aktuelle Lizenzvertrag mit Microsoft läuft noch knappe drei Jahre, dann werden wir uns neu entscheiden. Das ist auch unabhängig vom Ausgang der kommenden Wahl", beantwortete der SPD-Mann die Anfrage eines politisch interessierten Kongress-Teilnehmers.

Zufrieden mit dem Messeverlauf zeigten sich auch die Aussteller: "Wir sind bereits zum dritten Mal hintereinander auf dem LinuxTag, und die Fachkompetenz der Besucher lässt nicht zu wünschen übrig", so Winfried Schäfer, Geschäftsführer der Pentaprise GmbH. Und der COO der Skyrix AG, Jens Müns-ter, zieht die Open-Source-Veranstaltung sogar Cebit und Systems vor: "Hier gibt es weit weniger Streuverluste."

www.linuxtag.org

ComputerPartner-Meinung:

2002 könnte das Linux-Jahr werden. Nicht nur, dass Deutschlands größter Linux-Distributor Suse seine Probleme in den Griff zu bekommen scheint, auch die Anwender beschäftigen sich nun ernsthaft mit Open-Source-Software. Sicherlich wird Linux nicht Windows am Desktop ablösen, aber das Vorpreschen der Bundesregierung in Richtung Open-Source wird sicherlich viele potenzielle Anwender ermuntern, über Windows-Alternativen nachzudenken. Microsofts neues Lizenzmodell wird sie in diesem Vorhaben noch bestärken. (rw)

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