New Analytics und KI

Data Analytics - gestern und morgen

Kommentar  08.03.2019
Daniel Eiduzzis ist Manager Alliance & Business Development bei der initions AG. In dieser Position verantwortet er die strategischen Partnerschaften zu ausgewählten Kooperationen sowie die Weiterentwicklung des Beratungsportfolios und des initions Markenkerns.
In Zeiten von Predictive und Prescriptive Analytics und KI vergisst man schnell das Früher. Wie war es, als der Mensch im Mittelpunkt von Analytics stand? Wie finden Analysen mithilfe von KI heute statt? Und wie sollten sich Unternehmen jetzt vorbereiten?

Vor gar nicht allzu langer Zeit setzte sich der Mitarbeiter eines Unternehmens jeden Morgen an seinen Computer, fuhr diesen hoch und schaute sich Daten des Vortages in Form von deskriptiven Statistiken in Histogrammen, Bar- oder Pie Charts an. Üblicherweise arbeitete er mit Excel oder einem Dashboard. Er erstellte Listen, wie viel sein Unternehmen gestern, in diesem Monat oder aber auch im letzten Jahr verkauft hat. Idealerweise war er schon länger Teil der Firma und wusste, wann wie viel Umsatz generiert werden musste; er verließ sich auf sein Bauchgefühl, auf das, was er kannte.

Analysen geschäftlicher Abläufe sind nicht neu. Aber das Wie hat sich in den vergangenen Jahren rasant verändert.
Analysen geschäftlicher Abläufe sind nicht neu. Aber das Wie hat sich in den vergangenen Jahren rasant verändert.
Foto: Arthimedes - shutterstock.com


Für den Mitarbeiter bedeutete dies einen sehr großen Aufwand für die Aufbereitung, Validierung und Analyse seiner Daten. Das war weder effizient noch effektiv. Und dennoch trug er große Verantwortung. Schließlich war er derjenige, der valide Kennzahlen präsentieren musste, an denen sich die Unternehmensstrategie orientierte und ausrichtete.

Schlechte Voraussetzungen für Planungen und Prognosen

Aber was passierte, wenn Abweichungen auftraten? Der mit den Unternehmensprozessen vertraute Mitarbeiter evaluierte alle ihm bekannten Möglichkeiten, die auf seiner Erfahrung und seiner Vorstellungsmöglichkeit beruhten. Er überprüfte, ob die Zahlen wirklich schlechter waren oder ob Daten nicht richtig eingepflegt wurden. Er involvierte andere Abteilungen, um eine Lösung zu finden. Die daraus resultierenden Aktivitäten waren jedoch nicht immer wertschöpfend.

Auf die so erstellten Prognosen war schwerlich Verlass. Mittel- und langfristige Planungen waren wenig valide. Seit Mitte der 70er Jahre standen zwar schon weitergehende Modelle zur Verfügung, die IT-Systeme waren jedoch nicht leistungsfähig genug, um diese Daten zu berechnen, sie zu visualisieren, geschweige denn sie zu implementieren. Von Benutzerfreundlichkeit konnte hier keine Rede sein.

Hier stehen wir heute

Im Jahr 2019 mutet dieser Rückblick an, wie eine Zeitreise in eine weit zurückliegende Vergangenheit. Datenanalyse-Systeme haben sich massiv gewandelt und diese Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen. Heute werden Prognosen vollautomatisch erstellt, die wesentlich valider und belastbarer sind, als es vom Menschen erstellte Vorhersagen jemals sein könnten. Autonom agierende Künstliche Intelligenz (KI) hat längst Einzug in die Unternehmensrealität gehalten. Doch wie ist es tatsächlich darum bestellt?


Große Bandbreite bei Analytics in Unternehmen

Schauen wir uns zunächst den aktuellen Stand der Unternehmen an. In der Studie "Traditional approaches dominate data and analytics initiatives" kommt die US-Marktforschung Gartner zu dem Ergebnis, das die Unternehmen insgesamt einen "moderaten" Reifegrad erreicht hätten. In einem fünfstufigen Reifegradmodell von eins (laienhaft) bis fünf (transformativ) ordnet Gartner knapp zwei Drittel der rund 200 befragten Unternehmen weltweit auf den Stufen drei bis vier ein

Neun Prozent arbeiten bereits transformativ, während die übrigen 26 Prozent noch in den ersten beiden Stufen stecken. Demnach nutzen Unternehmen Analytics-Anwendungen bisher vor allem für Transaktionsdaten (65 Prozent) und Log-Daten (64 Prozent). 46 Prozent verwenden sie auch für Open Data oder Daten, die sie von Brokern gekauft haben. Daten aus Sensoren, das heißt maschinen-generierte Daten verarbeiten nur 32 Prozent in Analytics-Lösungen.

Die Studie zeigt auch, dass Analytics-Projekte häufiger an internen politischen Widerständen als an Problemen mit Datenqualität und Integration scheitern. Die Firmen befinden sich im Spannungsfeld und es gibt noch viel Entwicklungspotenzial. Open-Source-Kollaborationen unterstützen hierbei sehr. Da keine Lizenzen erforderlich sind, kann leichter experimentiert werden und auch der Anwendungswille ist größer.

DSGVO als erster Schritt zur Akzeptanz

Die Datenschutzgrundverordnung ist für die Evolution von Analytics Fluch und Segen zugleich. Auf der einen Seite erschwert sie die Arbeit mit Big Data und externen Daten, weil ein freies Jonglieren mit personenbezogenen Daten im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit nun nicht mehr möglich ist.

Genau diese durch das Gesetz entstandene Sensibilität kann aber auf der anderen Seite eine Chance für Unternehmen darstellen, für die Analytics - und somit auch Cloud Computing - bisher aus Sicherheitsbedenken nicht akzeptabel waren. Die Reglementierungen der DSGVO dürften dazu beitragen, solchen Unternehmen die Angst zu nehmen. Da Missbräuche nun entsprechend sanktioniert werden können, bietet die Verordnung ihnen eine Art Schutzmechanismus, auf dessen Grundlage sie sich nun sicher genug fühlen, um am Markt mit bereits fortschrittlicher aufgestellten Unternehmen mithalten zu können - auch beim Thema Künstliche Intelligenz.

Technische Unterstützung für den Anwender

Viele Prozesse laufen im Hintergrund ab, der Anwender muss nur noch abschließend prüfen. Auch die Menge der zur Verfügung stehenden Daten ist weitaus größer als sie es noch vor einigen Jahren war. Heute werden externe Daten hinzugezogen, die beispielsweise Auskunft über die Performance der Wettbewerber oder Konkurrenzprodukte geben können. Der Mensch mit seiner Erfahrung und seinem Knowhow bleibt zwar letzte Instanz in der Entscheidungsfindung, aufwendige Analyse-Prozesse bleiben ihm jedoch durch die Automatisierung von Analytics erspart.

Blick in die Zukunft

Wohin führt uns die stetige Weiterentwicklung von KI und was bedeutet das für den Menschen? Auf diese Fragen gibt es keine eindeutigen Antworten. Viele Menschen befürchten den Verlust ihres Arbeitsplatzes im Zuge der Einführung von KI. Es ist sicherlich richtig, dass einige Tätigkeitsfelder durch Maschinen obsolet werden. Doch es werden auch neue Jobs entstehen. Automation sollte auch als Chance für den Endanwender gesehen werden. Neben der Minimierung von menschlichen Fehlern kann der User von lästigen Routineaufgaben befreit werden und so beispielsweise mehr Zeit für geschäftskritische Aufgaben verwenden.

Lesetipp: Die gängigsten Mythen zu Künstlicher Intelligenz

Diese Fokussierung auf wichtige Tätigkeiten ist auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels wünschenswert. Grundsätzlich gilt: Die Entwicklung von KI ist nicht mehr aufhaltbar. Es stellt sich allerdings die Frage, wie KI einen dauerhaft positiven Nutzen für die Gesellschaft entwickeln kann. Nicht alles, was möglich ist, ist auch erstrebenswert. Es braucht an dieser Stelle einen gesellschaftlichen Diskurs über den Einsatz und die Weiterentwicklung von KI, aber auch darüber, wo definierte Eckpfeiler und Grenzen gesetzt werden sollten.

Wie sollten sich Unternehmen vorbereiten?

Die wichtigsten Vorrausetzungen für eine bestmögliche Nutzung von Analytics und KI sind Daten. Es gilt der Grundsatz: Eine KI ist nur so intelligent, wie die eingespeisten Trainingsdaten es zulassen.
Bereits heute ist es daher aus unternehmerischer Sicht wichtig, die verfügbaren Daten zu erfassen und zu speichern - auch wenn sie noch nicht sofort für Trainingszwecke eingebracht werden können. Hilfreich kann dabei ein sogenannter Data Lake sein, in den zunächst Rohdaten eingespeist werden können. Denn sobald die Infrastruktur entsprechend gereift ist und Machine Learning Vergangenheitsdaten für das "Anlernen" benötigt, sollten sie greifbar sein.

Auch das Thema Change Management sollte nicht vernachlässigt werden, denn dieser Wandel ist nicht nur technologischer Natur. Es gilt, Vorbehalte und Skepsis abzubauen, die Menschen mit auf diese Reise zu nehmen. Nur dann kann das volle technische Potential ausgeschöpft werden.

Zur Startseite