Informationen gut nutzen

Daten kosten – und Kundenvertrauen ebenso



Tjeerd Brenninkmeijer ist Executive Vice President EMEA bei BloomReach, einem Anbieter im Bereich personalisierter Digital Experience. Er überwacht neben der Wachstumsstrategie auch die strategischen Allianzen sowie das operative Geschäft in der EMEA-Region. Bereits vor der Übernahme durch BloomReach war er Mitgründer von Hippo und verantwortete dort 17 Jahre die Marketingstrategie. Sein Schwerpunkt lag dabei auf dem Lead-to-Revenue-Prozess, wobei er den Umsatz des Unternehmens jährlich verdoppeln konnte. Als 'Thought Leader' im Digital Experience-Bereich ist Tjeerd Brenninkmeijer häufig in Branchenpublikationen und auf Branchenevents vertreten. Seinen Master erwarb er im Fach Betriebswirtschaftslehre an der Universität von Amsterdam.
Unternehmen müssen Daten sinnvoll nutzen, um den Aufwendungen Rechnung zu tragen und das Vertrauen der Kunden zu erhalten.

Viele Unternehmen sind der Meinung: Je mehr Daten, desto besser. Das liegt daran, dass Giganten wie Google, Apple oder Amazon vor einiger Zeit das Zeitalter der uneingeschränkten Datenerfassung eingeleitet haben. Kein Wunder, denn Daten waren günstig, einfach zu bekommen und ebenso leicht zu speichern: der Beginn von Big Data.

Unternehmen müssen Daten sinnvoll nutzen, um den Aufwendungen Rechnung zu tragen und das Vertrauen der Kunden zu erhalten.
Unternehmen müssen Daten sinnvoll nutzen, um den Aufwendungen Rechnung zu tragen und das Vertrauen der Kunden zu erhalten.
Foto: everything possible - shutterstock.com

Die Realität indes sieht jedoch anders aus. Jedes von Daten abhängige Unternehmen weiß, dass es überhaupt nichts zu bedeuten hat, Daten lediglich zu horten. Es gilt, sie gewinnbringend zu nutzen. So zeigte eine Bitkom-Studie Ende 2017, dass etwa ein Drittel der Unternehmen die ihnen zur Verfügung stehenden Daten nicht nutzen. Aufgrund der hohen Datenlast gaben in einer anderen Studie 80 Prozent der Befragten an, eine strategische Entscheidung auf Grundlage von Daten getroffen zu haben, die sich im Nachhinein als fehlerhaft herausgestellt hat. Das bedeutet: Viele Daten nutzen nicht unbedingt viel.

Im Grunde genommen waren Daten nie wirklich kostenlos. Denn die Beschbitffung von Daten birgt immer ein gewisses Risiko, Sicherheitsaspekte zu verletzen. Und tatsächlich werden Daten zukünftig teurer. Neue Vorschriften wie die EU-Datenschutz-Grundverordnung, die PSD II-Richtlinie oder die drohende ePrivacy-Verordnung zeigen, dass die Zeit des mühelosen Datensammelns vorbei ist. Kunden haben es schlicht und ergreifend satt, kein Mitbestimmungsrecht darüber zu haben, was mit ihren Daten geschieht.

Einer Untersuchung von Bitkom zufolge glaubt nur jeder fünfte Internetznutzer, dass seine Daten sicher sind. Für einen glaubhaften Datenschutz benennen Teilnehmer als eines der wesentlichen Aspekte das Vertrauen in das Unternehmen. Selbst wenn Unternehmen viele Daten sammeln, heißt das noch lange nicht, dass sie diese nutzen, um den Kunden etwas zurückzugeben. Das führt dazu, dass sich die Kunden erst recht benutzt fühlen. Dieses Vertrauen müssen Unternehmen zurückgewinnen. Und das funktioniert nur über einen Weg: nämlich den, den Verbrauchen zumindest den gleichen, wenn nicht gar einen höheren Wert für ihre Daten, zurückzugeben.

Wenn sich Unternehmen dazu entscheiden, dateneffizient zu agieren, äußert sich das nicht nur positiv für die Kunden und die eigenen Teams, sondern sorgt gleichzeitig für eine Reduzierung der Datenüberlastung. Unternehmen profitieren von einer höheren Datenqualität, wodurch sie wiederum ihren Kunden digitale Erlebnisse zur Verfügung stellen können. Folgende Schritte helfen Unternehmen dabei, ihre Daten schlanker und leistungsfähiger zu machen:

1. Nur Daten sammeln, die man benötigt

Anstatt sich zu fragen "Welche Daten kann ich von Kunden sammeln?" und alle zu horten, ist es zielführender, rückwärts zu arbeiten. Unternehmen sollten zunächst bestimmen, welche Daten sie wofür benötigen. Wenn der Fokus darauf liegt, einen größeren Share-of-wallet von Top-Kunden zu erhalten, dann ist es sehr viel wertvoller, zu wissen, wie sich diese Kunden nach der Authentifizierung verhalten. Anonyme User zu tracken, ist vergleichsweise uninteressant. Und wird noch dazu im Zuge der ePrivacy-Verordnung so gut wie unmöglich, sollte der Nutzer nicht seine Zustimmung zur Datennutzung geben.

Tipp: DSGVO und Vertrieb - Achtung: Digitale Daten im Vertrieb

Derzeit ist jedoch noch nicht absehbar, wann diese Verordnung in Kraft tritt. Wird der Umsatz jedoch hauptsächlich durch anonyme User erzielt, wird der Versuch, die Daten für die Identifikation des mehrfachen Website-Besuchs eines Nutzers zu nutzen, scheitern. Hilfreicher sind an dieser Stelle allgemeine, nicht identifizierende Suchmuster, die für jeden Besucher relevant sind. Eine klare Definition dessen, welche Daten man wirklich braucht, ist deshalb unerlässlich. Eine Beschränkung auf das Wesentliche wird zum Ziel führen.

2. Die "Should Do's" fördern

Unternehmen investieren in Daten, um Kunden auf die Website zu locken. Und um diejenigen, die die Website verlassen, zu reaktivieren - vor allem jene 69 Prozent, die einen vollen Einkaufswagen hinterlassen. Wäre es jedoch nicht sinnvoller, Daten darüber zu sammeln, was Konsumenten dazu motiviert, sich erstmals auf der Website umzuschauen, anstatt sie zu verfolgen, nachdem sie die Website wieder verlassen haben? Die Erwartungen der Kunden steigen, das Einkaufsverhalten verändert sich und auch Standard-Methoden, wie man Daten gewinnt und nutzt, ändern sich. Eine kritische Überprüfung der eigenen Vorgehensweise ist also notwendig, um diese Veränderungen aufzugreifen und sich frühzeitig anzupassen.

3. Schlank werden

Effizienter zu werden, bedeutet auch, loslassen zu können. Das wird mit Sicherheit nicht einfach. Denn das Sammeln wertvoller Daten hat in der Regel einen kleineren Datenbestand zur Folge. Eine ungeschriebene Regel des E-Mail-Marketings besteht darin, so viele Kontakte wie nur möglich zu erfassen, indem man die Formulare mit möglichst geringen Barrieren ausstattet. Eine Überbelastung mit Adressdaten kann jedoch selbst ein Hindernis sein, da es Marketeer ungleich schwerer haben, sich im Datendschungel zurechtzufinden. Es kann deshalb von Vorteil sein, bereits im Voraus nach wertvollen Informationen zu fragen, sodass Unternehmen anschließend deutlich weniger Kontakte sortieren müssen. Die passenden Interessenten zu segmentieren ist die wesentliche Voraussetzung, um gute Conversions zu erzielen.

4. Datensilos vermeiden

Viele Unternehmen speichern ihre Daten in unterschiedlichen Systemen wie ERP-, CRM-, oder PIM-Lösungen. Diese Systeme sind in der Regel nicht miteinander verknüpft - mit der Folge heterogener Datensilos. Kunden interagieren mit Unternehmen an einer Vielzahl von Touchpoints. Informationen, die an jedem einzelnen Kontaktpunkt erhalten, sollten Unternehmen nutzen, um die gesamte Customer Journey zu verbessern. Hilfreich kann es deshalb sein, die gesamte Digital Experience für Kunden über eine zentrale Plattform abzuwickeln, die - mit entsprechenden APIs ausgestattet - für einen konsistenten Datenfluss sorgt.

Damit wirken sich alle Daten positiv auf jeden einzelnen Kanal aus, was den Kunden sofort einen Mehrwert bietet: Sie profitieren von einer konsistenten, persönlichen Customer Experience. Daten zu zentralisieren, ist der Schlüssel, um das Beste aus ihnen herauszuholen. Auch im Hinblick auf neue Vorschriften wie die DSGVO ist ein transparenter Überblick über den Datenfluss essentiell.

Lesetipp: Datensilos und Prozesse - Noch viel Arbeit bei digitalen Kundenbeziehungen

Es ist definitiv an der Zeit, Daten wie das wertvolle Gut zu behandeln, das sie sind. Unternehmen müssen erkennen, dass sie Daten auf einem Prinzip der Gegenseitigkeit nutzen - während Nutzer wertvolle Daten über sich preisgeben, muss das Unternehmen den Kunden etwas zurückgeben. Sie müssen einzigartige, auf den jeweiligen Kunden abgestimmte Kundenerlebnisse kreieren und noch bessere Produkte und Dienstleistungen bieten. Dabei ist immer die goldene Regel zu beachten: Wer Daten sammelt, muss sie auch nutzen. (oe)

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